ANZEIGE

Lammfromme Wolfsgeschichten

4065


DJZ 11/2015

Viele Meldungen über gefährliche Wolfsbegegnungen entpuppen sich im Nachhinein als Luftblasen. Zumindest was die offiziellen Stellungnahmen angeht. Und das fällt auf. Alles kalter Rauch? Hans Jörg Nagel

 

Plettenberg_D1115_002.jpg
Bild: Wolfgang Radenbach, Blickwinkel/P. Frischknecht
Ich kann mir nicht helfen, irgendetwas ist faul. Es stinkt zwar nicht, aber es müffelt in deutschen Feldern, Wäldern und sogar in Ortsrandlage. Es sind die Wolfsgeschichten, die mir im Windfang bizzeln.
Ich meine nicht die Sichtungen der Grauhunde per se, die Beobachtungen von Weidmännern, Bauern und Freizeitlern. Diese nehmen zwar stetig zu, aber das ist es noch nicht. Ich meine auch nicht die Tatsache, dass Isegrim vornehmlich in bundesdeutschen Truppenübungsplätze einmarschiert ist. Bei Dauerfeuer, Raketenlärm und Soldatenliedern mag das zwar überraschen, aber auch das ist nur eine Duftwolke, die ich zur Kenntnis nehme.
Nein, was mir „stinkt“, sind die „Dramaturgien“ vieler Wolfsgeschichten. Nachzulesen vorrangig in Tageszeitungen aus dem Osten und Norden der Republik. Häufig ergänzt in deutschen Jagdzeitungen. Es fällt auf: Erst wird über eine „gefährliche Begegnung“ mit Isegrim berichtet, Tage später wird zurückgerudert. Ganz harmlos! Steckt System dahinter?
Beispiele:
 

„Alles nicht so schlimm!“

Im Februar dieses Jahres führt eine 46-jährige Frau im Landkreis Lüneburg ihre Hunde aus. Dabei stößt sie auf ein Rudel Wölfe. 7 Grauhunde verfolgen die verängstigte Frau bis zu ihrem Auto (DJZ 4/2015, Seite 14). Anmerkung: Es ist bekannt, dass die Hundebesitzerin einen Schock hatte. Sie wurde im Anschluss notärztlich behandelt. Aber: In einem weiteren Bericht wird sie sinngemäß so zitiert: Das sei alles nicht so schlimm gewesen. Ihr ginge es gut, und sie wolle nichts mehr dazu sagen.

Aus Wolf wird Fuchs

Anfang April gegen Mitternacht baumt ein Jäger von einem Hoch sitz in der Lüneburger Heide ab. Es ist eine helle Vollmondnacht. Unten angekommen hört er erst ein Hecheln und sieht dann deutlich einen Wolf. Dieser setzt zum Angriff an. Der Grünrock gibt einen Warnschuss ab. Darauf verschwindet der „Grauhund“. So schildert der Betroffene sein nächtliches Erlebnis gegenüber der DJZ (5/2015, Seite 8).
Kurz darauf folgen „offizielle Untersuchungsergebnisse“. Die besagen: „Es hat mit Sicherheit keinen Wolfsangriff gegeben. Am Tatort wurden nur Fuchsspuren gefunden.“
Anmerkung: Bis heute bleibt der Weidmann bei seiner Behauptung. Ihm wird zuzutrauen sein, zwischen Fuchs und Wolf unterscheiden zu können. Und: Tage später kommt „behördliches Fachpersonal“ zum Tatort und stellt keine Wolfsspuren fest. Also war es kein Wolf!

Nachfragen unerwünscht

4. August, Hornbostel (Landkreis Celle). Ein Spaziergänger kommt ohne seinen Hund „Krümel“ vom Gassigehen zurück. „3 große Tiere“ haben sich den Chihuahua geschnappt. Er wird tot im Busch gefunden. Der Hundemann berichtet über einen Wolfsangriff (DJZ 9/2015, Seite 12). Tage später schließt auch Wolfsexpertin Dr. Britta Habbe nicht aus, dass Isegrim zugeschlagen hat.
Zeit vergeht. Dann wird alles offiziell korrigiert. „Nein, die Totbeißer waren Wolfshunde eines benachbarten Züchters.“
Anmerkung: Warum haben weder Polizei noch Dr. Habbe – sofort nach Kenntnisnahme des Vorfalls – den ortsbekannten Hundezüchter befragt, ob ihm Vierläufer entlaufen seien? Dann wäre das Wort „Wolf“ in diesem Zusammenhang nie zur Sprache gekommen. Die Zeitspanne zwischen Vorfall und Erklärung ist verdächtig. Und: Auch der Hundebesitzer hat umgehend weitere Interviewanfragen abgelehnt.

Ein „blödes Missverständnis?“

„Hundearbeit im Wolfsgebiet“ war die Dachzeile eines Artikels in der DJZ 1/2015 (Seite 62). Darin behauptet Forstamtsleiter Franz Graf v. Plettenberg (Sachsen) im schriftlichen Interview, ihm sei kein Todesfall (eines Hundes) durch einen Wolf bekannt. Ein Informant brachte die Deutsche Jagdzeitung Mitte September auf die Fährte. Auf Nachfrage bestätigt der Graf: Im Februar 2005 ist meine DJT-Hündin in der Lausitz von einem Wolf getötet worden.
Anmerkung: Franz Graf v. Plettenberg begründet „das Missverständnis“ damit, dass nicht ein Wolf seinen Hund angegriffen habe (Wolfsangriff auf einen Hund), sondern, dass seine heiße Hündin Sara damals zu einer Wölfin gegangen sei und dort Standlaut gegeben habe (also der „Angriff“ von seiner Hündin ausging, Anmerk. d. Red.). Graf v. Plettenberg: „Insoweit war der Fall von der Frage nicht betroffen!“
Schließlich betont der Forstamtsleiter, dass er seinerzeit eine 2. Stellungnahme abgegeben hätte, „um den Vorwurf des Verschweigens auszuschließen“, die im DJZ-Artikel aber keine Berücksichtigung gefunden habe. Und er betont: „In Deutschland ist bisher keine weitere Begegnung von Hund und Wolf mit tödlichem Ausgang dokumentiert.“
Es bleibt dabei: Irgendwie müffelt es in Sachen Wolf. Was haben Sie im Windfang? Schreiben Sie uns: djz-leserbriefe@paulparey.de. Hans Jörg Nagel
 
 
 
 
 


ANZEIGE
Aboangebot