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Editorial DJZ 9/2015 Brudermord


Editorial DJZ 9/2015
 
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Brudermord?

Man kann zwischen Mensch und Tier biologisch nicht trennen. Denn der Mensch wird zoologisch zu den Affen, genauer Menschenaffen (Hominidae) gerechnet. Sollte es zutreffen, dass Menschen einfach nur Tiere sind, wäre es für uns Jäger vorbei mit dem fröhlichen Weidwerk, dem Schuss auf Feldhase oder Überläufer. Denn dann stünden Mensch und Tier auf einer Stufe. Es bestünde keine Trennlinie zwischen den beiden. Das Erlegen von Rehbock oder Stockerpel wäre dann nichts anderes als Brudermord.

Ist das so? Entscheidend ist die Antwort auf die Frage: Wer sind wir? Wir haben Schädel und Rückgrat wie andere Wirbeltiere. Vieles weist zunächst darauf hin, dass wir tatsächlich Tiere sind. Dennoch tun wir alles Mögliche, was Tiere nicht können: Wir schreiben Bücher, manipulieren DNS-Moleküle, bauen Kernkraftwerke, rauchen Tabak, fahren Auto und fliegen bis zum Mond …
Kurzum: Der Mensch ist in der Natur verwurzelt und vermag zugleich über sie nachzudenken. Sprache oder der Gebrauch von Symbolen ist das, was die menschliche Spezies auszeichnet. Nur der Mensch benutzt Begriffe für Dinge oder Phänomene, die momentan oder gar nicht in Sichtweite liegen. Gott ist so ein Terminus.
 
Zudem handelt nur der Mensch gerecht oder ungerecht, gut oder schlecht. Von keinem Tier lässt sich sagen, es sei ungerecht gewesen. Und nur der Mensch verfügt über ein Todesbewusstsein (vgl. dazu auch Seiten 24–28). Es gibt deswegen nach meiner felsenfesten Überzeugung einen fundamentalen Unterschied zwischen Mensch und Tier. Und dieser rechtfertigt den Beginn einer komplexen Definition des Weidwerks, die der Jagdwissenschaftler Kurt Lindner schuf: „Jagd ist etwas spezifisch Menschliches“.
Wir Jäger wissen, dass Tod und Leben untrennbar zusammen gehören. Wir wissen, dass es ein ganz natürlicher Vorgang ist, Wildkanin oder Rotspießer, Fuchs oder Schnepfe zu erlegen, also zu töten. Entscheidend ist für uns das Wie: Schnell und möglichst schmerzfrei versuchen wir, Wild zu erbeuten. Das gelingt nicht immer. Aber: Ob geflügelter Fasan oder weidwunder Frischling, der Jäger setzt alles daran, das von ihm verursachte Leiden des Wildtiers so rasch wie möglich zu beenden. Das kennzeichnet den Weidmann.
Mit Weidmannsheil
Ihr
Dr. Rolf Roosen
Chefredakteur
 


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