In eigener Sache Ein Seminar für schwierige Fälle

Ein Seminar für schwierige Fälle


Der Hauptverband für landwirtschaftliche Buchstellen und Sachverständige (HLBS) führte am 22. Juni des Jahres ein Seminar mit den Themen „Wildschadensschätzung, Jagdwert und Jagdwertminderung“ durch.

Peter Brade
Die Teilnehmer kamen aus dem gesamten Bundesgebiet. Unter ihnen waren
Jäger, Wildschadensschätzer und Kommunalvertreter, was eine lebhafte
und ausgewogene Diskussion förderte. Der Seminarleiter, Dr. Volker
Wolfram, ist ein gefragter Sachverständiger in Gerichtsverfahren und
kennt gerade die Streitfragen der Materie. Er verstand es, die oft
komplizierten Zusammenhänge allgemeinverständlich darzustellen. Das
Seminar war in zwei Teile gegliedert, die auch einzeln gebucht werden
können. Zu beiden Teilen wurden gute Seminarunterlagen verteilt. Am Vormittag wurden Rechtsgrundlagen und Bewertungsfragen für das
Verfahren und die Ermittlung von Wildschäden in landwirtschaftlichen
Kulturen behandelt, die hier nicht dargestellt werden können. Einige
allgemeine Hinweise sollen jedoch helfen, häufig vorkommende Fehler zu
vermeiden:
  • Formfehler bei der Schadensanmeldung treten regelmäßig auf; deshalb
    sollte man sich mit den je nach Bundesland unterschiedlichen
    Vorschriften befassen.
 
  • In der Vegetationszeit sollten Landwirte ihre Flächen wöchentlich
    kontrollieren. Wird eine Fläche erneut geschädigt, gilt wieder die
    einwöchige Anmeldefrist nach Kenntnisnahme des Schadens.
 
  • Von nennenswerten Schadflächen sollten für den Fall einer Beweissicherung Fotos und /oder Skizzen angefertigt werden.
 
  • Prämien für landwirtschaftliche Erzeugnisse spielen beim Wildschadensersatz regelmäßig keine Rolle mehr.
 
  • Die Mehrwertsteuer ist bei pauschalierten Landwirten ( § 24 des
    Umsatzsteuergesetzes) immer Bestandteil des Wildschadens und somit sind bei der Ermittlung des Schadens neun Prozent Mehrwertsteuer
    hinzuzurechnen. Bei optierenden Landwirten entfällt die Umsatzsteuer. — Schadensersatz in Geld hat den Vorteil, dass Streitigkeiten über
    Qualitätsmängel beim Naturalersatz vermieden werden
 
  • Strohverluste sind nur bei Nachweis von Eigenbedarf oder Verkauf zu
    erstatten.
 
  • Landwirte müssen angesichts der Schadensminderungspflicht notfalls
    Platz für einen Zaun machen; dabei entstehende Verluste sind
    ersatzpflichtig.
 
  • Die Beseitigung von durch Schwarzwild verursachten Bodenvertiefungen ist ersatzpflichtig. Die Beschädigung einer landwirtschaftlichen Maschine infolge einer solchen Bodenvertiefung ist kein Fall von Wildschaden.
 
  • Nach Ernte und Neueinsaat verbleibende Rapsreste sind auch bei
    ordnungsgemäßer Bearbeitung nicht zu vermeiden. Infolge solcher Reste entstehende Wildschäden sind ersatzpflichtig.
 
Im zweiten Teil des Seminars wurden Rechtsgrundlagen für und Bewertung
von der im Entschädigungsrecht angesiedelten Jagdwertminderung
behandelt. Auch hierzu können im Rahmen dieses Berichtes nur einige
allgemeine Hinweise gegeben werden.
 
Wesentlich für Verpächter wie Pächter von Jagdbezirken ist, dass es
anders als bisher inzwischen Urteile über Jagdwertminderung in Eigen-
wie in gemeinschaftlichen Jagdbezirken gibt. Den Verfahren liegen meist
Eingriffe der öffentlichen Hand durch Bau von Autobahn- oder
Eisenbahnstrecken zu Grunde. Aber auch andere Gründe, wie das
Herausnehmen einer Fläche aus einem Rotwildgebiet können einen
Entschädigungsanspruch auslösen. Von einander abweichende Urteile gibt
es zur Frage, ob ein starker Rückgang oder das völlige Verschwinden von
Rotwild in einem Jagdbezirk den Jagdwert mindern.
 
Es gibt inzwischen „gerichtsfeste“ Methoden, den Jagdwert eines Jagdbezirks und ebenso die Auswirkungen von Eingriffen gutachtlich zu ermitteln. Beide dürften in Zukunft häufiger zur Anwendung kommen. Man kann den Inhabern des Jagdrechts (Eigenjagdbesitzer und Jagdgenossenschaften) nur empfehlen, Ansprüche auf Jagdwertminderung geltend zu machen. Das geschah wegen der Kosten und der Dauer gerichtlicher Verfahren bisher nur ausnahmsweise. Eine Jagdwertminderung ist in den meisten Fällen „auf Ewigkeit“ angelegt. Die für ein Jahr berechnete Entschädigung wird deshalb kapitalisiert d. h. ausgehend von einem Zinssatz von vier Prozent mit dem Faktor 25 multipliziert. Dadurch werden hohe Entschädigungssummen fällig. Von der Jagdwertminderung ist die Jagdpachtminderung zu unterscheiden. Die Ermittlungsverfahren sind in beiden Fällen die gleichen; eine Pachtminderung kann nur für die Restlaufzeit des Jagdpachtvertrages geltend gemacht werden. Sie dürfte leichter durchzusetzen sein, wenn dem Verpächter bereits eine Jagdwertminderung zuerkannt wurde, zumal dadurch die Höhe der jährlichen Entschädigung fest liegt. Insoweit sind diese Fragen für Jagdpächter von Interesse. 
 
pco
Peter Brade

Die mobile Version verlassen