Der Corona-Virus hat unser Land im Würgegriff. Video-Telefonie statt Jägerstammtisch. Die Pandemie bringt alles durcheinander. Der DJZ-Jurist Dr. Heiko Granzin beantwortet die häufigsten Fragen:
(Foto: Svenja Wölfinger)
Ist die Jagdausübung jetzt noch erlaubt?
Eine immer wiederkehrende Frage ist die, ob während eines erlassenen Ausgangsverbots die Ausübung der Jagd überhaupt erlaubt ist.
Noch während dieser Text entsteht, kursieren verschiedene Gerüchte im Internet. Die Mehrzahl der Bundesländer erachtet die Jagd als „systemrelevant“. Heißt: Weil Wildschäden verhütet und Verkehrsunfallwild nachgesucht werden müssen, soll die Jagd trotz Ausgangssperre weitergehen. Dabei wird es bleiben.
Wie sieht es mit Versammlungen aus?
Ferner erreichen mich viele Fragen verunsicherter Jagdvorstände und potentieller Jagdpächter, im Zusammenhang mit anstehenden Neuverpachtungen. Beachten Sie hierbei, dass die Ausgeh- und Versammlungsverbote nicht nur für die Jagdgenossenschaftsversammlung, sondern auch für die Sitzung des Jagdvorstandes oder Zusammenkünfte mit den Pächtern gelten. Weichen Sie auf Telefonkonferenzen und E-Mail aus.
Pachtverlängerung: einsame Entscheidung?
Bei uns steht eine Jagdpachtverlängerung an, doch die Genossenschaftsversammlung kann nicht tagen. Wir haben dem Vorstand angeboten, den Vertrag erst einmal für ein Jahr zu verlängern. Kann der Vorstand das alleine machen?
An sich nein! Soll er aber trotzdem! Die Frage der Verpachtung ist zwar eine Frage, die alleinig in die Kompetenz der Genossenschaftsversammlung gehört. Die vom Vorstand ohne dessen Zustimmung geschlossenen Verträge sind aber unter Vertrauensschutzgesichtspunkten gleichwohl erst einmal bindend.
Sobald die Versammlung irgendwann wieder stattfindet, können die Jaggenossen die „einsame Entscheidung“ des Vorstandes entweder genehmigen und zugleich auf mehrere Jahre verlängern, oder aber kippen. Bei dem ausgemachten Verlängerungsjahr aber bleibt es in jedem Fall.
Jagdvorstand am Ende: Wer führt den Laden?
Ich bin Pächter und Mitglied des Jagdvorstandes. Unsere Wahlperiode läuft jetzt aus, aber wir dürfen keine Versammlung einberufen. Auch der Ortsvorsteher hat seine Amtsgeschäfte bis auf weiteres eingestellt und steht als Notvorstand also nicht zur Verfügung. Wer führt denn jetzt die Amtsgeschäfte?
Schauen Sie bitte genau in Ihre Satzung. Viele enthalten die Regelung, dass der Vorstand „spätestens soundsoviel Monate nach Ablauf der Wahlperiode neu zu wählen“, oder sogar „bis zur Wahl eines neuen Vorstandes im Amt“ ist.
Wenn Ihre Satzung so etwas vorsieht, dann sitzen Sie und Ihre Mitstreiter weiter am Ruder. Wenn nicht: Niemand! So etwas ist nicht geregelt. Denn die Corona-Krise und die von Ihnen geschilderte Situation waren für den Gesetzgeber seinerzeit unvorstellbar.
Informieren Sie die Untere Jagdbehörde über die Beendigung Ihrer Amtsgeschäfte, sichern Sie die Dokumente sowie die Kassenbestände und warten Sie darauf, dass der Gemeindevorsteher wieder auftaucht. Der muss dann unmittelbar Neuwahlen initiieren.
Wie sieht es mit dem Fleischhandel aus?
Kann Wildbret weiterhin vermarktet werden?
Auf jeden Fall! Heimisches Wild könnte nicht nur helfen, Versorgungsengpässe zu mildern. Bei der Vermarktung vom Jäger direkt zum Verbraucher sind auch keine weiteren Personen beteiligt. Es gibt also keine langen Infektionsketten.
Trotzdem sind die gültigen Sicherheitsregeln einzuhalten: Das heißt penibelste Handhygiene beim Umgang mit dem Fleisch, der Umverpackung und Bargeld. Ebenso sind der Sicherheitsabstand von zwei Metern einzuhalten sowie Ansammlungen von mehr als zwei Personen zu vermeiden.
1. Mai: Mit Freunden jagen, aber getrennt!
Ich habe für den 1. Mai Gäste eingeladen. Wenn die Beschränkungen dann noch gelten: Dürfen wir zusammen jagen?
Wenn Sie es nicht lassen können, sich in diesen Tagen zusammenzurotten, dann heißt die Antwort „Jein!“. Zusammen jagen ja, sofern Sie sich nicht versammeln und getrennt voneinander sitzen. Gemeinsames Bockfrühstück? Keinesfalls!
Waffeneinsatz bei Plünderungen?
Falls die Situation eskaliert und die Menschen sich um Klopapier oder Nahrungsmittel prügeln, wäre es ausnahmsweise erlaubt, zuhause das Gewehr geladen und zugriffbereit gegen Plünderer bereitzuhalten?
Uns steht weder die Landung von Außerirdischen bevor, noch werden morgen Horden hungernder Zombies Ihr Haus angreifen. Also: Ihre waffenrechtlichen Erlaubnisse (Besitz und Führen bei der Jagd) sind Ihnen nur der Jagdausübung wegen erteilt worden.
Zwar dürfen Sie Ihre Waffen ausnahmsweise auch im Rahmen der Notwehr nutzen. Wer sich etwa im Revier einen Verbrecher gegenüber sieht, hat die Waffen „am Mann“ und kann unmittelbar darauf zugreifen. Das ist realistisch. Bei einem häuslichen Überfall müsste die Waffe aber erst dem Waffenschrank (vorgeschrieben) entnommen und geladen werden. Das klappt im Fall der Fälle wohl kaum.
Die Waffe darf wegen einer tatsächlich oder auch nur subjektiv empfundenen Verschlechterung der Sicherheitslage nicht waffenrechtswidrig zu Hause geladen und verwahrt (Nachtischschublade) oder gar in der Öffentlichkeit mitgeführt werden. Etwas anderes gilt erst dann, wenn die öffentliche Ordnung „offiziell zusammengebrochen“ ist. Wenn Regierungsvertreter in den Nachrichten mitteilen, dass die staatlichen Ordnungskräfte (zumindest regional) nicht mehr handlungsfähig sind, ist es erlaubt, die Familie, sich selber und sein Hab und Gut „in der Wagenburg“ zu schützen.
Bin pleite. Sonderkündigung fürs Revier?
Ich bin Freiberufler. Mir brechen gerade alle Aufträge weg. Ich fürchte, dass ich die Kosten meines exklusiven Hochwildreviers im hessischen Taunus dieses Jahr nicht stemmen kann. Die jetzt fällige Pacht zehrt meine letzten Reserven auf. Steht mir ein Sonderkündigungsrecht zu?
Abgesehen von den Ausnahmen, die die Bundesregierung gegenwärtig etwa für Mieter beschlossen hat, wird das Vertragsrecht von einem eisernen Grundsatz beherrscht: „Geld hat man zu haben!“
Auch die Jagdgenossen müssen ihre Rechnungen bezahlen, und die in der Vergangenheit eingegangenen Verpflichtungen gelten auch in der Krise unbarmherzig weiter. Das gilt übrigens gleichermaßen für den Wildschaden. Versuchen Sie beim Verpächter eine Stundung zu erreichen, bis die Krise vorüber ist.
Waffe wird aktuell nicht eingetragen!
Ich habe eine Waffe gekauft, kann sie aber nicht eintragen lassen, weil das Landratsamt nur Notdienst macht. Riskiere ich jetzt Ärger?
Ach was! Zwar haben Sie nach § 13 Abs. 3 WaffG binnen zwei Wochen nach Erwerb der Waffe bei der zuständigen Behörde die Eintragung in die WBK zu beantragen. Aber Sie können die Frist doch problemlos einhalten. Stellen Sie den Antrag einfach fristgerecht postalisch oder per E-Mail. Aus der verzögerten Bearbeitung der Behörde kann Ihnen niemand einen Strick drehen.
Wenn Sie mit der Waffe zur Jagd gehen, so nehmen Sie den Überlassungsvertrag und eine Kopie der Anzeige gegenüber der Behörde mit. Das ist ebenso gut wie ein „Leihschein“.