Es gibt Jagdhunde mit JGHV-Papieren, Jagdhunde mit Papieren von Vereinen, die nicht dem JGHV angeschlossen sind und Jagdhunde ohne Papiere. Führer Letzterer sehen sich in jüngster Zeit immer häufiger Anfeindungen von JGHV-Funktionären ausgesetzt. Zu Unrecht, findet Walter Behrens.
Seit einiger Zeit kommt es immer wieder zu Diskriminierungen und Anfeindungen durch Funktionäre des Jagdgebrauchshundverbandes (JGHV), die sich gegen Führer und Züchter von Jagdgebrauchshunden richten, die diesem Verein nicht angehören. Der JGHV vertritt als Dachorganisation viele in Deutschland etablierte Zucht- und Jagdgebrauchshundevereine, daher ist es bedingt nachvollziehbar, dass er deren Interessen durchsetzen will. Schließlich will jeder Mitgliedsverein sein „Produkt“, sprich seine Hunde, bestmöglich an den Mann bringen.
Walter Behrens ist Heideterrierzüchter und ehemaliger JGHV-Richter. Im Februar 2019 legte er sein Amt nieder (Foto: Walter Behrens)
Nicht nachvollziehbar hingegen ist, dass eben diese Funktionäre des JGHV in den für die Jagdgesetzgebung zuständigen Ministerien der einzelnen Bundesländer und in den Landesjagdverbänden versuchen, eine Richtung vorzugeben, die ausschließlich den Interessen des JGHV, beziehungsweise dessen Mitgliedern zugutekommt. So wird es zum Beispiel Jägern, die eben keinen Hund einer vom JGHV anerkannten Rasse führen, in bestimmten Bundesländern erschwert, bzw. verwehrt, eine Brauchbarkeitsprüfung mit ihren Vierläufern abzulegen. So sollen anders Denkende umgedreht und ins eigene Lager geholt werden. Welche Jäger/innen möchten sich als mündige Bürger von einem Verein vorschreiben lassen, welchen Hund sie führen sollen? Wofür würden Sie sich entscheiden bei der Hundeauswahl? Für eine Rasse die vom JGHV anerkannt ist, dafür aber nicht zu ihren Jagd-/Revierverhältnissen passt? Oder für einen Hund der Ihnen gut gefällt und die an gestellten Anforderungen im Alltag und bei der Jagd erfüllt? Der JGHV missbraucht seine Position, und in den Ministerien geht dies durch. Möge der JGHV mit den ihm angeschlossenen Vereinen sein Ding machen, in den Jagdgesetzen und Prüfungsordnungen hat das aber nichts verloren. Schließlich schreiben wir das Jahr 2019 und nicht 1939. Er favorisiert die bundesweit einheitliche Brauchbarkeitsprüfung, eine gute Sache könnte man meinen. Sein Ansinnen dabei wird aber wohl darin liegen, Hunden, die nicht seinem Verband angehören eben bundesweit die Möglichkeit zur Prüfung zu nehmen. Ich befürchte auch, dass er bei zukünftigen Änderungen von Jagdgesetzen dafür sorgen wird, dass die Jagd mit diesen Hunden verboten wird.
JGHV-Richtern wird mit Verlust ihres Richteramtes gedroht, wenn sie bei Brauchbarkeitsprüfungen richten, an denen solche Hunde teilnehmen. Im Mitteilungsblatt des JGHV, „ Der Jagdgebrauchshund“, vom Juli 2018 auf Seite 29 hieß es unterschrieben vom JGHV-Präsidium dazu unverhohlen: „… Wir erwarten, dass alle Verbandsrichter des JGHV die Brauchbarkeitsprüfungsordnung 1:1 umsetzen. Das betrifft selbstverständlich sowohl die genaue Einhaltung der PO, wie auch die strikte Umsetzung der Zulassungsbedingungen in den einzelnen Bundesländern. Das neue Präsidium des JGHV wird erkannte Missstände im Zusammenhang mit dem Einsatz von Verbandsrichtern auf den Brauchbarkeitsprüfungen nicht tatenlos „durchwinken“. Warum so deutlich? Weil’s helfen soll!“ Diese Drohung wurde auch in den Mitteilungsblättern der Landesjagdverbände verbreitet. Noch deutlicher wurde der JGHV dann auf der Verbandstagung in Fulda im Frühjahr 2019. Dort wurde beschlossen, dass JGHV-Leistungsrichter ihr Amt verlieren, wenn sie Hunde züchten oder führen die keine Leistungsprüfung beim JGHV ablegen können. Gleiches gilt, wenn Dritte an der Zuchtstätte des JGHV-Richters solche Hunde züchten. Ich frage mich, wie verbittert und verzweifelt man sein muss, um so zu entscheiden? Das sind weitreichende Konsequenzen, mit denen der JGHV sein Monopol stärkt.
Persönlich habe ich auch Deutsch Drahthaar mit JGHV-Papieren geführt und gezüchtet, einige Hunde ins Deutsche Gebrauchshunde-Stammbuch gebracht und wurde dann auf Drängen meines Vereins Richteranwärter. Im Jahr 2005 wurde ich zum Verbandsrichter ernannt. Auch damals führte und züchtete ich schon Heideterrier, und dies war bekannt. Meine Tätigkeit als Verbandsrichter konnte ich gut von meinen Interessen als Heideterrierzüchter trennen. Ich wurde aber bei offiziellen Veranstaltungen des JGHV, wie z.B. Richterschulungen, immer wieder vom gleichen ehemaligen Mitglied der Stammbuchkommision des JGHV angefeindet. Traf ich denselben, ehemaligen Revierleiter, auf Drückjagden war eitel Sonnenschein. Als ich vom Antrag des JGHV-Präsidiums erfuhr, Verbandsrichter, die wie ich Heideterrier züchten, vom Richteramt auszuschließen, legte ich im Februar 2019 dieses Amt nieder. Der Hexenjagd durch derartige Kleingeister wollte ich mich nicht aussetzen. Mein über Jahre erworbenes Fachwissen bleibt, der JGHV bzw. die ihm angeschlossenen Vereine können davon jedoch nicht mehr profitieren. Meine DD-Zucht ruht quasi zur Zeit, denn ich habe mit dem Heideterrier einen sich den geänderten Jagdbedingungen super angepassten Hund gefunden. Im JGHV gibt es übrigens keine wirkliche Alternative zum Heideterrier.
Man muss wissen, dass die gesetzlich geforderte Brauchbarkeit Sache der Länder ist und ganz unterschiedlich geregelt wird. In Baden-Württemberg wurde die neue Brauchbarkeitsprüfungs-Ordnung 2017 gemeinsam von LJV und JGHV ausgearbeitet und dahingehend ausgestaltet, dass Hunde ohne JGHV-Papiere nur unter bestimmten Bedingungen an der Prüfung teilnehmen können oder per se gar nicht mehr. Interessant ist, dass in Baden-Württemberg als lokale Besonderheit Schwarzwälder Schweißhunde und Wälderdackel an der Prüfung teilnehmen dürfen. Beides Rassen ohne JGHV-Papiere mit geringen Welpenzahlen, deren Verbreitung etablierten Rassen nicht wehtut. Nicht zur Brauchbarkeitsprüfung zugelassen (auch nicht über die Ausnahmeregelung!) sind unter anderem Airedales und eben Heideterrier. Eine zahlenmäßig mittlerweile im Jagdbetrieb häufig vorkommende sogenannte Gebrauchskreuzung, im Ursprung aus DJT und Airedales oder Irish Terriern. Ihnen wurde über ein abstruses Konstrukt aus Zulassungsbedingungen die Teilnahme an der Brauchbarkeitsprüfung versagt. Sie gelten als nicht anerkannte Hunde ohne jagdliche Arbeitsprüfungen, wie in einer Stellungnahme von Dr. Christina Jehle, beim LJV Baden-Württemberg für das Jagdgebrauchshundewesen zuständig, zu lesen ist.
Im Falle der Airedaleterrier stimmt dies zwar für Deutschland, aber in den USA beispielsweise veranstaltet der American Kennel Club, eine Dachorganisation der Rassehundeverbände, jagdliche Prüfungen für Airedales, die wie Anlageprüfungen oder Gebrauchsprüfungen hierzulande durchgeführt werden. Der Irishterrier kann sehr wohl an Leistungsprüfungen beim JGHV teilnehmen, denn er steht auf der Liste des Klub für Terrier (KfT) beim JGHV.
In Deutschland gibt es außerdem Airedales und Irishterrier, die Jagdeignungsprüfungen bestanden haben. Zudem gibt es mittlerweile viele Heideterrier, die in verschiedenen Bundesländern Brauchbarkeitsprüfungen bestanden haben. Man fragt sich weiter, wie es sein kann, dass je nach Bundesland in den Zulassungsbedingungen zur Brauchbarkeit gefordert wird, dass nur Hunde mit JGHV-Papieren beziehungsweise nur Hunde, die solchen im Phänotyp gleichen, zu den Prüfungen zugelassen werden? Ebenso verhält es sich übrigens mit der Bestätigung für Schweißhunde beziehungsweise Schweißhundführer, je nach Bundesland. Aber es gibt noch mehr Ungereimtheiten: In Niedersachsen zum Beispiel kann ein Borderterrier keine Brauchbarkeitsprüfung ablegen, eine Leistungsprüfung im JGHV aber sehr wohl. Das gilt auch für weitere bestimmte Terrierrassen aus dem KfT, zum Beispiel den Scotish Terrier! Ferner können Vorstehhunde dort weder zur Brauchbarkeit auf Schweiß, noch im Stöbern geprüft werden. Terrier werden zur Schweißprüfung nicht zugelassen. Im JGHV können Terrier wie Vorstehhunde eine Schweißprüfung ablegen, ebenso können Vorstehhunde eine JGHV-Stöberprüfung ablegen.
Wie bitte erklärt sich dies und wer, wenn nicht der JGHV denkt sich so etwas aus? Und warum bitte müssen die Prüfer bei einer Brauchbarkeitsprüfung in Niedersachsen vom JGHV anerkannte Verbandsrichter sein (nur im Ausnahmefall kann auch ein erfahrener Jagdgebrauchshundführer als Prüfer eingesetzt werden)? Mitglieder einer Jägerprüfungskommission hingegen müssen lediglich jagdpachtfähig sein, d.h. mindestens die 3-jährige Lösung des Jagdscheins nachweisen.
Neben den im JGHV gezüchteten Rassen gibt es in Deutschland seit Jahren und Jahrzehnten gezüchtete Rassen und Gebrauchskreuzungen, die sich im Jagdbetrieb sehr gut bewährt haben, sich wachsender Beliebtheit erfreuen und eben aus dem Jagdbetrieb einfach nicht mehr wegzudenken sind. Dazu gehören Schwarzwälder Schweißhunde, Plott Hounds, Ardennenbracken, die Hunde aus dem Deutschen Schweißhundeverband oder dem Schweißhundeverein Deutschland, Westfalenterrier, Heideterrier oder Wälderdackel, um nur einige zu nennen. Diese sind mittlerweile bundesweit in mehr oder minder großer Stückzahl verbreitet.
Neben den im JGHV gezüchteten Rassen gibt es in Deutschland seit Jahren und Jahrzehnten gezüchtete Rassen und Gebrauchskreuzungen, die sich im Jagdbetrieb sehr gut bewährt haben. Dazu gehört auch der Westfalenterrier (Foto: Anrdt Bünting)
Besonders eingeschossen hat sich der JGHV, beziehungsweise dessen Mitgliedsvereine, momentan wohl auf die sogenannten Heideterrier. Diese Hunde werden nun schon seit etwa 5 Jahrzehnten in ihrem Ursprung als Gebrauchskreuzung speziell für die Jagd gezüchtet. Offenbar gibt es in der Jägerschaft einen Bedarf an einem wildscharfen, relativ kurzjagenden Hund, kleiner als ein Vorstehhund und größer als eine der herkömmlichen Terrier Rassen. Und dieser Bedarf richtet sich eben nach dem, was die Jäger vor Ort im Revier brauchen und nicht nach dem, was der JGHV versucht vorzuschreiben. Was der Jäger braucht kann natürlich durchaus ein JGHV-Hund sein, muss es aber nicht zwangsweise. Keineswegs soll die Leistungsfähigkeit der im JGHV vertretenen Rassen generell in Frage gestellt werden. Das immer wieder zu hörende Argument lautet: Nur bei Jagdhunden aus einem JGHV-Mitgliedsverein sei ein Leistungsstandard vorhanden, der eine tierschutzgerechte Jagd sicherstellt. Das wird allein durch die Tatsache widerlegt, dass es immer wieder Hunde aus JGHV-Rassen gibt, die sich im Jagdbetrieb als unbrauchbar erweisen, bzw. die keine Chance haben würden, die Anforderungen an die gesetzlich geforderte Brauchbarkeit für bestimmte Fächer oder JGHV-Leistungsprüfungen zu erfüllen. Sei es zum Beispiel wegen fehlendem Laut beim Stöbern, fehlender Wildschärfe oder aus gesundheitlichen Mängeln heraus. Interessant ist, dass selbst Züchter aus JGHV-Reihen dies bei den eigenen Rassen bemängeln und Änderungen bei Zucht- oder anderen Vorschriften in ihrem Verein fordern. So empfiehlt zum Beispiel einer der bekanntesten ehemaligen Wachtelhund-Züchter aus Niedersachsen sogar offen den Austritt aus dem JGHV!
Die meisten Heideterrier werden mittlerweile schon über Jahre in bewährten Blutlinien speziell für die Jagd gezüchtet und inzwischen mit Abstammungsnachweisen versehen. Sie erfreuen sich zunehmens großer Beliebtheit und stehen offensichtlich direkt in Konkurrenz mit den im JGHV organisierten Terrierrassen. Vielleicht erklärt dies das Vorgehen des JGHV! Heideterrier sind in der Regel angenehme Begleiter im Alltag und in der Familie.
Bei Heideterrierhündin Susi schlägt der Airedale durch (Foto: Walter Behrens)
Dabei verfügen sie über ein enormes Leistungspotential auf der Jagd und durch eben etwas mehr Größe und Substanz geraten sie bei schwierigen Geländeverhältnissen nicht so schnell an die Grenze des Zumutbaren und schliefen nicht in jeden Bau. Das für „größere“ Terrier offenbar aufgrund geänderter jagdlicher Rahmenbedingungen ein Bedarf besteht, haben wohl auch DJT-Züchter erkannt und forderten jüngst auf der Hauptversammlung des Clubs für DJT eine Änderung in der Zuchtzulassung: Aber ein Antrag auf Erhöhung des Stockmaßes und eine Stöberprüfung statt der obligatorischen Bauprüfung zur Zuchtzulassung wurden dort abgelehnt. Heideterrier werden inzwischen auch von Diensthunde haltenden Behörden, Rettungshundestaffeln und im Hundesport geführt, was wohl Bände über das sichere Wesen dieser Hunde spricht. Im Jagdbetrieb finden sie Verwendung in allen Bereichen, verrichten ihren Dienst als Loshund etablierter Schweißhundeführer, ebenso wie bei der Nachsuche an sich oder dem Apportieren von Niederwild. Ihr Haupteinsatzgebiet ist aber sicher die Stöberarbeit an den ständig steigenden Schwarzwildbeständen. Als relativ kurzjagender Stöberer mit ausgeprägter Wildschärfe jagt er führerbezogen und bogenrein. Der Heideterrier stellt die perfekte Symbiose aus Größe, Mut, Härte und Wildschärfe, mit stets offenem, freundlichem, unerschrockenem Wesen dar und ist von jedem Hundeführer zu handhaben. Seitens des JGHV wird dem Heideterrier viel Schlechtes und Böses nachgesagt, wie immer wieder die Mär vom Kampfhund. In Wirklichkeit geht es doch wohl nur um die Anzahl verkaufter, beziehungsweise nicht verkaufter, Welpen. Dass es unter JGHV-Hunden gute und weniger gute Vertreter in ihren jeweiligen Rassen gibt, und dass es sicher gute und auch weniger gute Heideterrier gibt, dürfte wohl jedem erfahrenen Hundeführer klar sein. Ob der einzelne Heideterrier letztlich brauchbar ist, sollte er aber gerade bei einer Brauchbarkeitsprüfung unter Beweis stellen können! Ich meine, dass sich hunderte von Heideterrierführern nicht irren können!