Kalte Waffen


Lange bevor die Feuerwaffen erfunden wurden, haben Menschen mit Speeren, Pfeil und Bogen, Armbrust und blanken Waffen gejagt. Saufeder, Hirschfänger, Waidblatt und Jagdnicker, die heute noch eingesetzt werden, nennt man „kalte” oder „blanke“ Waffen“.

Von Hans Joachim Steinbach

Zum Versorgen des erlegten Wildes gehört ein gebrauchstüchtiges Jagdmesser als wichtigstes Werkzeug.

Auch im heutigen Jagdbetrieb sind kalte oder blanke Waffen unentbehrlich und gehören zur Jagdausrüstung. Dabei dienen blanke Waffen dem Abfangen, Aufbrechen (Versorgen) und Zerwirken des Wildes sowie anderen jagdlichen Zwecken, wie Freischneiden, Freihauen von Drückjagdständen, Laubheu-Gewinnung und dem Schneiden oder Schnitzen von jagdlichen Hilfmitteln (Berg- oder Zielstock).

Die Jäger kennen im Jagdbetrieb als blanke Waffen: Saufeder, Hirschfänger, Waidblatt oder Standhauer, Jagdmesser.

Wurfspeere und Pfeil und Bogen waren die ersten jagdlichen Schusswaffen, die im frühen Mittelalter durch die Armbrust ersetzt wurden. Mit diesen Schusswaffen konnte eine größere Distanz als mit dem Wurfspieß überwunden werden; auch war die Präzision wesentlich genauer und die Durchschlagskraft größer.

Nach deutschem Jagdrecht dürfen diese Waffen nicht mehr zur Jagd auf Schalenwild eingesetzt werden. Das Bundesjagdgesetz bestimmt im §18 (sachliche Verbote): „Verboten ist, mit Schrot, Posten, gehacktem Blei, Bolzen oder Pfeilen, auch als Fangschuss, auf Schalenwild und Seehunde zu schießen…“.

Gedeckte Sauen abfangen

Die Saufeder, auch Sauspieß genannt, besteht aus einem zirka zwei Meter langen Holzschaft (meist aus Esche) mit einer großen, blattartigen, zweischneidigen Klinge. Hinter der Klinge ist eine Parierstange befestigt. Der Schaft ist zur besseren Rutschfestigkeit mit einer Leder-Beriemung versehen.

Früher wurden Saufedern häufiger zum Abfangen von gesunden Sauen, die von der Hundemeute gedeckt waren, sowie von krank geschossenem oder von angefahrenem Wild benutzt, wenn sich kein Fangschuss anbringen ließ. Die Saufeder wird heute kaum noch verwendet. Sie dient fast ausschließlich Dekorationszwecken. Im Jagdbetrieb wird sie, wenn möglich, durch die Schusswaffe ersetzt.

Ehren- und Parade-Hirschfänger

Der Hirschfänger hatte seine Blütezeit im 18. Jahrhundert. Er wurde zum Abfangen des Hochwildes (vorwiegend des Rotwildes) verwendet. Der Gebrauchshirschfänger hat eine 30 bis 40 Zentimeter lange, zirka drei Zentimeter breite Klinge mit einer Schweißrinne und einer Parierstange. Der Griff des Hirschfängers ist meist aus Hirschhorn gefertigt.

Der Hirschfänger gehörte früher als Paradehirschfänger zur Uniform der Förster und Berufsjäger. In einigen Bundesländern ist er bis heute Bestandteil der Forstuniform. Der DJV, die Landesverbände und Vereine verleihen auch zu bestimmten Anlässen Ehrenhirschfänger.

Waidblatt für den Jagdbetrieb

Das aus dem Hirschfänger hervorgegangene Waidblatt wird auch Standhauer genannt. Es wird auch heute noch zum Abfangen von Wild (etwa Unfallwild), zum Öffnen des Schlosses und beim Zerwirken des Wildes verwendet. Auch bei der Gewinnung von Laubheu, beim Freischlagen von Pirschsteigen, Sichtschneisen oder Drückjagd-Ständen kommt es zum Einsatz. Die Klinge läuft nach vorn breit aus, der Klingenrücken verbreitert sich im vorderen Drittel. Durch die Vorverlegung des Schwerpunktes wird eine gute Schlagwirkung erreicht. Die schwere Klinge muss mindestens 22 Zentimeter lang sein und eine beidseitig scharfe Spitze aufweisen.

Somit ist das Waidblatt das größte Jagdmesser, das heute noch universell eingesetzt wird. Waidblätter gibt es auch in Kombination mit einem Jagdnicker oder einem oder mehreren anderen Jagdmessern: Dann spricht man vom „Waidbesteck“. Es wird in einer Bestecktasche getragen. Historisch gehören zum Waidbesteck auch Wetzstahl und Gabel.

Kleine und große scharfe Messer

Die Jagdmesser werden auch als Waidmesser und Jagdnicker bezeichnet. Sie haben entweder eine feststehende Klinge oder können zusammengeklappt werden (Taschenmesser). Bei jagdlich genutzten Klappmessern ist die Klinge feststellbar.

Verschiedene Zusatzeinrichtungen erweitern den Einsatzbereich. Beliebte Zusatzgeräte sind Aufbruchklinge und Knochensäge. Mit dieser universellen Ausstattung ist der Jagdnicker das Gebrauchsmesser für den Jäger.

Jagdmesser haben eine Klingenlänge von acht bis zwölf Zentimetern. Die Aufbruchklinge ist eine leicht gebogene, hohl geschliffene Klinge mit stumpfer, abgerundeter und verdickter Spitze zum Aufschärfen der Bauchdecke beim Aufbrechen. Die abgerundete Spitze verhindert ein unbeabsichtigtes Aufschneiden der Därme, des Pansens oder des Weidsackes.

Die Knochensäge dient dem Öffnen der Schlossnaht. Dazu müssen zwei Beckenknochen durchgesägt werden. Bei jüngeren und schwächeren Stücken lässt sich das auch mit dem Jagdmesser durchführen. Für stärkere und ältere Stücke ist eine Säge nützlich.

Entscheidend für den jagdlichen Einsatz der kalten Waffen ist die Gebrauchstüchtigkeit, die Güte der verwendeten Stähle und damit die Schärfe und das Vermögen, die Schärfe auch über längere Zeit zu bewahren (Schnitthaltigkeit). Aber auch gute Messer müssen regelmäßig fachmännisch nachgeschärft werden. Entscheidend sind aber auch Griffigkeit und Führigkeit.

Neben sogenannten Universalmessern gibt es solche für Spezialzwecke wie zum aus der Decke Schlagen und Zerwirken.

Seit Jahren gibt es viele begeisterte Messerfreunde und -sammler und sogar eigene Messen, auf denen die Meister der Gilde ihre Messer, die kleine Kunstwerke sind, dem Publikum präsentieren. Das Jagdmesser ist somit viel mehr als ein Gebrauchsgegenstand.Foto: Hinrich Eggers, Hans Joachim Steinbach

F

A
Kleine und große Jagdmesser einfache Jagdnicker verschiedener Ausführung. Hier sieht man Nicker mit feststehender Klinge.
F

Bilder

Die mobile Version verlassen