Jagdpraxis Prominente Jäger: Clemens Tönnies

Prominente Jäger: Clemens Tönnies

Schlachthof – Stadion – Strecke: Er ist Europas größter Fleischhändler. Er ist Aufsichtsrats-vorsitzender des Fußball-Bundesligisten Schalke 04. Er ist ein begeisterter Jäger. Clemens Tönnies interessiert sich nicht nur für Torschüsse.

Von Hans Jörg Nagel

 

Unternehmer Clemens Tönnies (Foto: Hans Jörg Nagel)
Unternehmer Clemens Tönnies (Foto: Hans Jörg Nagel)
Kaum ein Tag, an dem  man nichts von ihm hört oder liest. Sei es die Entlassung von Trainer Felix Magath (März), die Abwicklung des teuersten Torwart-Transfers der Fußball-Bundesliga (Juni) oder die Übernahme der Wurstmarke Böklunder (Juli). Clemens Tönnies selbst und seine Produkte sind in aller Munde.
Laut dem Managermagazin liegt der Fleischhändler aus Rheda-Wiedenbrück (Landkreis Gütersloh/ NRW) auf Platz 101 der reichsten Deutschen. Auf 850 Millionen Euro wird sein Vermögen geschätzt. Sein Konzern liegt in der europäischen Spitze. Die Bild-Zeitung nennt ihn deshalb schon einmal den „Kotelett-Kaiser“ – aber auch den „König von Schalke“. Denn das ist die zweite Berufung von Tönnies. Seit 2001 ist der 54-Jährige Vorsitzender des Aufsichtsrats beim Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04.
Aber Clemens Tönnies hat eine dritte – weniger bekannte – Leidenschaft: Er ist passionierter Jäger. „Ich bin seit den 1960er Jahren mit der Jagd verbandelt“, verrät Tönnies, der seinem Patenonkel Willi „die Schuld an seiner Passion“ gibt: „Der hat mich im Münsterland häufig mit in sein Revier genommen. So bin ich auf den Geschmack gekommen. Habe Wild, Natur und die Beschaulichkeit im Wald lieben gelernt.“
Aber es folgte erst einmal eine Pause auf dem Weg zum Jagdschein. Mit gerade einmal 15 Jahren entschied sich Clemens Tönnies, mit seinem damals 19-jährigen Bruder Bernd zusammen ein Unternehmen zu gründen. Gesagt, getan. Der Unternehmergedanke war einfach und erfolgreich: Fleisch wird nicht mehr selbst verarbeitet, sondern als Rohstoff an Fleischwarenproduzenten geliefert. Die beiden „Metzger-Buben“ schauten ihrem Vater früher zu, wie der 7 Schweine die Woche schlachtete, heute lässt Clemens Tönnies 24 000 Schweine am Tag verarbeiten.
„So bin ich erst 1986 zum Jagdschein gekommen“, erinnert sich der Unternehmer. Heimlich hatte er „das Grüne Abitur“ abgelegt. Er wollte damit seinen Bruder überraschen, der schon lange mit dem gleichen Gedanken gespielt hatte. „Er hat sich darüber riesig gefreut und sich sofort im nächsten Jungjägerlehrgang eingeschrieben.“ Zusammen hatten beide kurz ein Revier im Sauerland, später jagten sie gemeinsam im Westerwald. Nach der Wende pachtete Bruder Bernd ein Spitzenrevier in Mecklenburg-Vorpommern. Dort wollten beide nach Herzenslust weidwerken.

 


Doch dann kam plötzlich alles anders

 

Eine beeindruckende Trophäensammlung (Foto: Hans Jörg Nagel)
Völlig unerwartet starb Bernd Tönnies 1994 nach einer Nieren-Transplantation. Er war nur 42 Jahre alt geworden. Für Clemens Tönnies ein Schock. Stets war er in den Fußstapfen des großen Bruders gelaufen, und beide konnten sich blind aufeinander verlassen. Gemeinsam hatte sie schon früh der „Schalke-Virus“ befallen. Nur kurz vor seinem Tod war Bernd Tönnies Präsident des Traditionsvereins geworden. Noch auf dem Sterbebett gab Clemens Tönnies seinem Bruder das Versprechen, sich um Schalke zu kümmern.
„Nun war ich alleine im Revier. Aber es musste ja weitergehen“, sagt Tönnies. Nach und nach gewann auch wieder die Freude am Revier in Mecklenburg-Vorpommern die Oberhand. Gut 1 000 Hektar ist es groß. Unter anderem Rot-, Dam-, Reh- und Schwarzwild tummeln sich hier, und Unmengen von Marderhunden sorgen für jagdlichen Ansporn. „Ich fahre mindestens 10 Mal im Jahr ins Revier. Mein Berufsjäger bereitet meine Besuche jedes Mal beispielhaft vor“, schwärmt der Jäger.

 


Auf Bock und Fasan

 

Vor allem die Bockjagd hat es dem Schalke-Chef angetan. Er sagt: „Ganz besonders liebe ich die Morgenpirsch. Wenn ich da mit meinem Berufsjäger durchs Revier schleiche, bin ich ganz in meinem Element.“
Aber nicht nur Wild und Strecke sind es, die ihn ins Revier treiben, auch die Beschaulichkeit und Ruhe hat für den gestressten Unternehmer einen hohen Stellenwert: „Abends in der Jagdhütte bei einem guten Glas Wein zu sitzen. Was kann es Schöneres geben?“ Was er allerdings im Revier verlangt, ist Disziplin. „Ich jage nur bis 23 Uhr. Dann hat das Wild Ruhe. Es wird nur Wild geschossen, was ganz klar angesprochen wurde, Nachtsichtgeräte sind bei mir selbstverständlich tabu. Weidgerechtigkeit Pflicht.“ So freut sich Clemens Tönnies über größtenteils tagaktives Wild in seinem Refugium.
Neben der Bockjagd sind es Hirschbrunft und die Niederwildjagden im Münsterland, die Tönnies in die grüne Kluft treiben. Nie kommt es ihm dabei auf die Strecke an, vielmehr locken ihn „Geselligkeit und Erbsensuppe“.

 


Ein Hirsch für Raul

 

Jagd in heimatlichen Gefilden: Den Hirsch streckte der Unternehmer Clemens Tönnies im Sauerland. (Foto: privat)
Das „Runterfahren“ ist ihm wichtig. Er sagt: „Nach 2 oder 3 Stunden Morgenpirsch bin ich ein anderer Mensch.“ Er könne mit allen Fasern seines Körpers die Atmosphäre in der Natur aufsaugen, legt Tönnies nach. Und gerne teilt er dieses Gefühl mit seinen Jagdfreunden. „Ich habe häufig Gäste im Revier und freue mich, wenn die eine gute Zeit bei mir haben. Im Herbst möchte ich zum Beispiel unseren spanischen Stürmer Raul auf einen Hirsch führen“, hat sich der Schalke-Aufsichtsratsvorsitzende vorgenommen.
Nervenstark ist Clemens Tönnies im Berufsleben und auf der Jagd. „Jagdfieber kenne ich nicht – selbst bei starkem Wild. Das ist eben so“, sagt er. Und er betont eine weitere mentale Eigenschaft: „Wir schlachten 15 Millionen Schweine im Jahr. Und ich habe doch vor jedem einzelnen Tier Achtung.“
Jagdkultur ist dem Jäger wichtig. Aber wichtiger ist für den Fachmann der korrekte Umgang mit dem Wildbret. Ihm sei zeitnahes, sauberes Aufbrechen wichtiger, als überholte Rituale: „Wir sprechen hier von hochwertigen  Lebensmitteln. Das Aufbrechen muss immer so geschehen, dass Wildbret nicht kontaminiert werden kann.“ Zudem sei er nicht der Typ für übertriebene Gesten: „Ich schlafe nicht in grüner Unterwäsche und melde auch nicht das Nasenbluten meines Gegenübers mit ,Herr Oberförster schweißen aus dem Windfang’. Ohne mich!“
Die Interessen der Jagd vertritt Clemens Tönnies offensiv, ohne jagdpolitisch aktiv zu sein. Er fordert eine stärkere Öffnung der jagdlichen Gremien gegenüber den Naturschutzverbänden und eine Bündelung der Interessen von Fischern, Reitern, Jägern und anderen Naturnutzern.
Hunde führt Clemens Tönnies selbst keine mehr. Allerdings stehen ihm in seinem Revier die beiden Drahthaar-Rüden seines Berufsjägers zur Verfügung. In heimischen Revieren nutzt er eine Blaser R8 im Kaliber .300 Win. Mag., im Ausland bevorzugt er eine Hartmann & Weiß: ein Repetierer mit Mausersystem im Kaliber 8×68. „Ich jage auch im Ausland. Meist innerhalb Europas. Besonders die Fasanenjagd in Schottland und Rothuhnjagd in Spanien haben es mir angetan. Aber auch in Afrika habe ich so ziemlich die gesamte Palette bejagt“, verrät Tönnies.
Schon seit Kindesbeinen mit dabei: sein Sohn Maximilian. Der heute 20-jährige Max ist seit 5 Jahren begeisterter Jäger. Da kam er wohl auch nicht dran vorbei, denn Clemens Tönnies berichtet: „Den hab ich schon in Windeln mit auf den Hochsitz geschleppt!“ Und Maximilian hat seinen Papa offenbar mittlerweile überholt. Clemens Tönnies: „Der weiß mehr über die Jagd als ich. Und: Er führt mich auf die besten Böcke – in meinem eigenen Revier.“
Auch seine Frau Margit hat eine absolut positive Einstellung zur Jagd. Sie hat allerdings keinen Jagdschein. Aber das ist nicht schlimm. Zwei Jäger in der Familie reichen auch“, meint Clemens Tönnies.

 


 

Clemens Tönnies ist jagdlich auch im Ausland aktiv. Diesen Steinbock erlegte er im Pitztal/Österreich. (Foto: privat)

 

 


 

 

 

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