Blattjagd

Die Blattjagd auf den roten Bock ist für viele Niederwildjäger der Höhepunkt im Jagdjahr. Der Jäger braucht zur Blattjagd Erfahrung, spezielle Kenntnisse und das berühmte Quentchen Glück.

Von Hans Joachim Steinbach

A

Bei der Blattjagd nutzt der Jäger das Brunftverhalten des Rehwildes aus, um den Rehbock zu bejagen.In dieser Zeit ist das Rehwild tagaktiver, besonders rege, unaufmerksamer und bedient sich besonderer Lautäußerungen (Brunftlaute).

Blattzeit

Die Hauptbrunft des Rehwildes dauert von Mitte Juli bis Anfang August. Je nach geographischer Lage (Höhenlage) ergeben sich terminliche Verschiebungen.

Als eigentliche Blattzeit bezeichnet man die zweite Hälfte der Brunft, wenn die Rehböcke noch brunftige Stücke suchen und so auf den Brunftlaut (Blatten) zustehen.

Einzelne Schmalrehe oder Ricken (Geißen) können auch in der sogenannten Nachbrunft (November/Dezember) beschlagen werden. Für die Blattjagd spielt aber nur die Hauptbrunft eine Rolle.

Die Brunft des weiblichen Rehwildes wird durch „Zeitgeber“ ausgelöst: Der wichtigste ist eine Tageslänge von 15,5 Stunden. Danach werden annähernd alle weiblichen Rehe brunftig. Nach milden Wintern mit einem frühen Setztermin kann mit einer frühen Brunft gerechnet werden.

Der Bock findet die Ricke durch Geruchssinn und akustische Signale, die von brunftigen Ricken ausgestoßen werden. Dieses „Fiepen“ wird vom Jäger bei der Blattjagd nachgeahmt.

Brunftritual

Das Brunftspiel von Bock und weiblichem Stück folgt immer einem bestimmten Ritual. Nach dem Finden der Ricke oder des Schmalrehes beginnt der Bock mit dem Treiben, das oft mehrere Stunden bis zu einem Tag anhalten kann. Diese sogenannte Vorbrunft, in der die Ricke sich nicht beschlagen läßt, wird durch häufiges Äsen unterbrochen. Das Treiben fördert bei der Ricke den Follikelsprung.

Der Bock findet und folgt der Ricke auf der Duftspur; durch die Flucht der Ricke wird das Treiben ausgelöst; es wird von der Ricke abgebrochen, indem sie stoppt und nach hinten äugt (Aufforderung zum Folgen). Der Bock schließt auf, kontrolliert das Stück naso-anal, imponiert, schleckt seinen Spiegel und flehmt. Oft harnen daraufhin beide Partner. Danach zeigt die Ricke die Sprungaufforderung an und flieht erneut, aber deutlich langsamer und gibt dabei Fieplaute von sich. Das zweite Treiben dauert zwei bis zehn Minuten und erfolgt in einer Kreisbahn oder Achterschlinge, in der Distanz wesentlich geringer. Dabei folgt der Bock in kurzer Distanz mit naso-analem Kontakt und streckt dabei Träger und Haupt nach vorn.

Bei diesem Treiben entstehen oft die sogenannten „Hexenringe“. Dem Beschlag geht ein erneuter naso-analer Kontakt voraus. Nach dem Beschlag tun sich beide Stücke oft nieder. Nach einem wiederholten Imponieren beschlägt der Bock erneut, wobei ein Treiben nur noch angedeutet wird. Der Bock kann eine Ricke bis zu 20 mal oder bis zur völligen Erschöpfung beschlagen. Die Böcke treiben sowohl morgens als auch mittags und abends, und der Beschlag kann zu allen Tageszeiten erfolgen.

In der Regel werden die Schmalrehe zuerst und führende Ricken später brunftig. Die Brunft der Ricke dauert drei bis vier Tage (bei führenden Ricken kürzer als bei Schmalrehen); erst danach verläßt sie der Bock und sucht ein anderes brunftiges Stück. In der Brunft kommt es zwischen den suchenden Böcken, die dabei ihren Einstand verlassen, zu Territorialkämpfen. Meist bekämpfen sich gleichaltrige oder gleichstarke Böcke. Es kann dabei zu Forkelverletzungen kommen.

Blattjagd

Bei der Blattjagd ahmt der Jäger, bei Beachtung des Windes in guter Deckung, die Brunftlaute des weiblichen Rehwildes nach und versucht so, suchende Böcke anzulocken. Günstige Voraussetzungen für die Blattjagd sind warme und schwüle Witterung, Abkühlung in der Nacht mit Taubildung, nach Gewitterregen; ungünstig sind kühle Witterung, Sturm und starker Regen.

Von ebener Erde (aus dem Schirm oder vom Sitzstock) blattet es sich besser als vom Hochsitz. In günstigem Gelände macht man am besten eine Stehpirsch. Der Jäger muß sich gut tarnen.

Zum Blatten verwendet der Jäger verschiedene natürliche Hilfsmittel oder künstliche Instrumente. Früher hat man dünnrippige Blätter von Buchen oder breitblättrige Gräser benutzt; auch die Handhabung des Mundfieptones eignet sich für den Kitz- oder Schmalrehfiepton. Heute gibt es im Jagdfachhandel eine breite Palette verschiedener Blattinstrumente, die wesentlich einfacher zu handhaben sind als natürliche Hilfsmittel und auch sicherer funktionieren, wie hölzerne Pfeifchen mit nach Tonhöhe verstellbarer Lamelle oder Membran sowie Gummibälle zum Drücken.

Die Dauer der Rufzeit je Blattstand sollte etwa 20 bis 30 Minuten betragen. Ist dann kein Bock in Anblick gekommen, wird der Stand gewechselt. Der Jäger ahmt verschiedene Fieptöne nach, wie Kitz-, Schmalreh-, Rickenfiepton, die sich in der Höhe der Tonlage unterscheiden. Für die Blattjagd empfiehlt sich folgendes Rufschema: Die Fieplaute werden in Rufserien abgegeben. Eine Serie besteht aus fünf bis sechs Fieplauten, entweder Kitz-, oder Schmalrehfiepton. Zwischen jedem Fieplaut ist ein Abstand von drei bis vier Sekunden einzuhalten. Zwischen jeder Rufserie liegen Beobachtungspausen von zwei bis drei Minuten. Ähnlich verwendet man den Sprengruf, wobei man daran eine Rufserie von Fiep-lauten anhängt. Der Sprengruf ist ein wesentlich verstärkter Fiepton, der ein bedrängtes herangetriebenes Stück vortäuscht. Das Geschrei täuscht höchste Bedrängnis vor und soll so den Territorialbock auf die Bildfläche bringen. Bleibt aber selbst das Geschrei ohne Reaktion, wird der Blattstand gewechselt.

Die akustischen Reize auf den Bock kann man verstärken, indem man gleichzeitig mit dem Fiepen auch das Plätzen und Fegen nachahmt. Für die Ausübung der Blattjagd bedarf es einiger Erfahrung, Geduld und Glück. Es gibt im Fachhandel auch Tonträger, mit deren Hilfe man das richtige Blatten erlernen kann. Übt man die Blattjagd zur falschen Zeit aus oder macht man dabei grobe Fehler, kann man ein Revier auch schnell verblatten.Foto: Jürgen Gauß

F

A

F

Weiteres zum Thema Blattjagd

 

 

 

Die mobile Version verlassen