Amerika das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und der Wildcats! Nun hält auch bei uns der Trend zum selbst ausgetüftelten Kaliber verstärkt Einzug.
Von Norbert Klups
Durch das weit verbreitete .243er Kaliber stehen jede Menge Geschosse zur Auswahl. |
Norbert Klups
Die Jagd auf Rehwild erfordert eine Patrone, die diese kleine Schalenwildart mit möglichst geringer Wildbretzerstörung und ohne große Fluchtweiten zur Strecke bringt. Präzision ist natürlich auch eine Grundvoraussetzung. Der Ingolstädter Ballistik-Experte Bernd Bretschneider hat bereits vor drei Jahren eine Patrone entwickelt, die in Insiderkreisen schnell als ideale Rehwildpatrone die Runde machte. Jetzt hat die 6 x 52R Bretschneider auch CIP-Zulassung, und einer weiteren Verbreitung steht nichts mehr im Wege.
Bei der Entwicklung hat Bernd Bretschneider darauf geachtet, daß vorhandene Waffen in Rehwildkalibern möglichst problemlos auf die neue Patrone umgeändert werden können. Wer eine Büchse in den Kalibern .22 Hornet, .222 Remington oder 5,6x52R hat, kann relativ einfach und preisgünstig wechseln. Für das Aufziehen des Laufes und die Änderung des Patronenlagers mit an-schließendem Neubeschuß fallen etwa 500 Mark an. Auch Einsteckläufe lassen sich für die 6x52R einrichten.
Mit einem Gasdruck von 3300 bar belastet die 6x52R eine Kipplaufwaffe nicht mehr als eine 5,6x52R oder die moderne 5,6x50R Magnum. Als Mutterhülse wählte Bernd Bretschneider die 5,6x52R, die selbst schon einen hervorragenden Ruf als Rehwildpatrone genießt. Durch die Vergrößerung des Kalibers auf .243 Zoll steht eine breite Geschoßpalette von 60 bis 105 Grains zur Verfügung. Damit läßt sich die Patrone auf den jeweiligen Anwendungsbereich und die Revierverhältnisse maßschneidern (Ballistische Daten).
Der Waldjäger wird eher die langsamen, schweren Geschosse bevorzugen, um die Wildbretzerstörung auch auf kurze Distanz möglichst gering zu halten, während der Feldjäger zur leichteren, schnellen Laborierung mit außenballistisch günstiger Geschoßform greift, um eine möglichst flache Flugbahn zu erzielen und auch auf größere Distanzen noch genügend Energie ins Ziel zu bringen. Wie die meisten anderen Rehwildpatronen, eignet sich natürlich auch die 6x52R Bretschneider gut zur Raubwildbejagung.
Rückstoßarm und präzise
Rehwildjäger bevorzugen leichte Büchsen, und hier ist die 6x52R zu Hause. Die schlanke Patrone ermöglicht den Bau von eleganten Waffen und verursacht kaum Rückstoß. Auch eine superleichte Kipplaufbüchse in diesem Kaliber läßt sich noch angenehm schießen. Die Eigenpräzision ist hervorragend und alle bisher gebauten oder umgebauten Büchsen, einschließlich der Einsteckläufe, zeigten eine gute Präzision.
Munition wird von Bernd Bretschneider selbst hergestellt und vertrieben. Die meisten Liebhaber dieser neuen Patrone laden ihre Munition jedoch selbst, und an Komponenten herrscht kein Mangel. Das Geschoßangebot ist durch die populäre .243 Winchester und einigen anderen Patronen, wie etwa .240 Weatherby Magnum, 6 mm Remington Magnum, 6 mm PPC oder 6 mm Norma Bench Rest, riesig, und Hülsen können leicht aus der 5,6x52R umgeformt werden.
Hier sind Hülsen in hervorragender Qualität von RWS oder Norma zu bekommen. Als Pulver eignen sich alle offensiven Sorten und auch viele der mittelschnell abbrennenden Treibladungsmittel.
Und die Praxistauglichkeit?
In den letzten Jahren waren ein gutes Dutzend Waffen im Kaliber 6x52R Bretschneider im Einsatz. Viele der Benutzer haben auf Wunsch von Bernd Bretschneider genau Buch geführt, so daß heute eine passable Anzahl von Abschußberichten zur Verfügung steht.
Hauptsächlich wurde natürlich Rehwild erlegt, aber auch eine ganze Anzahl von Füchsen kam zur Strecke. Es wurden zwar viele verschiedene Geschoß-Konstruktionen benutzt, aber bei einer Rehwildpatrone ist der Geschoßaufbau nicht von so großer Bedeutung.
Aufwendige Spezialgeschosse sind eigentlich rausgeworfenes Geld, denn der Zielwiderstand eines Rehs ist viel zu gering, um hier ein intelligentes Ansprechen des Geschosses zu erzielen, wie es in der Werbung der Munitionshersteller immer so schön heißt.
Alles, was sich nicht schon auf der Decke zerlegt, wird ein Reh sicher zur Strecke bringen. Maßgeblich für die Hämatombildung ist die Auftreffgeschwindigkeit, und hier scheint Bernd Bretschneider goldrichtig zu liegen, denn in den Abschußberichten wird die wildbretschonende Wirkung durchweg bestätigt.
Bei einer V0 von 820 bis 840 Meter in der Sekunde mit dem rasanten 85-Grains-Geschoß wird der Weitschußbereich, der bei Rehwild aber nicht über 200 Meter liegen sollte, abgedeckt. Der Waldjäger sollte lieber ein Geschoß im 100-Grains-Bereich wählen, dessen Mündungsgeschwindigkeit geringer ist.
Liegt die Zielgeschwindigkeit nicht deutlich über 750 m/s, bleiben Hämatome fast völlig aus. Die Wildbretentwertung fällt dann ebenfalls sehr gering aus. Auch die Wirkung ist sehr gut. Bei Schüssen im Bereich des Blattes bleibt Rehwild am Anschuß oder verendet nach kurzer Flucht von maximal 30 Metern. Ausschüsse sind stets vorhanden und etwa Zwei- bis Fünf-Markstück groß.
Am Anschuß findet sich sehr wenig Schweiß. Dies ist aber bei der geringen Wildbretzerstörung auch kein Wunder und sollte nicht überbewertet werden, denn ein guter Schweißhund folgt der Wundfährte und ist nicht unbedingt auf sichtbaren Schweiß angewiesen.
Beim Raubwild begeistern die Ergebnisse nicht mehr ganz so, denn die Ausschüsse bei Füchsen sind so groß wie beim Rehwild. Hier sind aber die anderen Rehwildpatronen auch nicht besser, sie wirken eher noch brutaler. Wer speziell auf Winterfüchse jagen und den Balg schonen will, sollte Schrot nehmen oder eine spezielle Raubwildpatrone, wie die .22 Hornet oder die .17 Remington, wählen.
Aussichten auf Erfolg?
Die Papierdaten und die aus den Abschußberichten gewonnenen Erkenntnisse zeigen, daß es sich bei der neuen 6x52R Bretschneider um eine sehr gut ausballancierte Rehwildpatrone handelt. Die Wildbretentwertung ist bei sehr guter Schußwirkung gering und die Präzision hervorragend.
Die Eignung für Einsteckläufe und die wenig aufwendige Möglichkeit, vorhandene Waffen in verschiedenen Kalibern umzuändern, wird zur weiteren Verbreitung beitragen. Nach der jetzt erfolgten CIP-Zulassung läßt sich dieses Rehwildkaliber sicher auch bald in der Angebotspalette verschiedener Waffenhersteller finden.
Für Reviere, in denen das Reh als die stärkste Schalenwildart vorkommt, ist die 6x52R Bretschneider eine ausgezeichnete Patrone. Konkurrentin in diesem Bereich ist die 6x50R Scheiring, die auf der 5,6x50R Magnum basiert, aber dafür einen nicht gerade verschlußschonenden Gebrauchsgasdruck von satten 3900 bar hat.Foto: Norbert Klups