Am Neujahrstag 2018 ist Claus Robert Agte in Hamburg gestorben. Mit ihm verliert die Jagd in Deutschland einen charismatischen Fürsprecher und einen begeisterten Wildfreund.
Wir, seine Freunde, sind dankbar für ein Füllhorn an Erinnerungen gemeinsamer Erlebnisse und der Arbeit für Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern. Agte wurde am 12. Juni 1926 als Kind der HSV-Legende Rudi Agte, einem Bank- und Versicherungskaufmann, in Hamburg geboren. In seiner Kindheit der 20iger und 30iger Jahre erlebte er einerseits große Erfolge, jedoch auch den wirtschaftlichen Zusammenbruch und den mühsamen Wiederaufbau des väterlichen Unternehmens. Schon früh wurde ihm bewusst, dass Fortuna eine launische Göttin ist. Vermutlich lag seine Hinwendung zu Wald und Wild an der Suche nach den dauerhaften und grundlegenden Werten des Lebens.
Foto: Frank Rakow
Bereits in Kindertagen begleitete Agte den leidenschaftlich jagenden Vater und erlebte den Niederwildsegen der 30iger Jahre. Häufig hat er von Hühnerstreifen berichtet, die gegen Mittag abgebrochen wurden, da man die erlegte Beute überhaupt nicht mehr gewinnbringend verkaufen konnte. Die Freiheit von Feld und Flur gegen die Strenge eines Klassenzimmers zu tauschen, war seine Sache nicht. Und so gestaltete sich seine Schullaufbahn als Reise über ein Gewässer mit etlichen Untiefen.
Arbeitsdienst und Krieg griffen früh nach dem Heranwachsenden. In einer Funkereinheit erlebte er die letzte Offensive der Wehrmacht in den Ardennen. Nach kurzer kanadischer Gefangenschaft vermittelte der Vater ihm ein zweijähriges Volontariat bei der Versicherungsgesellschaft Albingia, woran sich ein halbjährlicher Aufenthalt in England anschloss. Danach holte er ihn in das väterliche Unternehmen. Das gute Verhältnis der Generationen und der gemeinsame Aufbau der erfolgreichen Versicherungsmaklerfirma waren Basis für den wirtschaftlichen Erfolg der kommenden Jahrzehnte. Nach dem Tode des Vaters wurde Agte Alleininhaber der Firma und nahm 1973 englische Partner auf, ein Entschluss, der die Expansion beförderte.
Die Freiheit in Wald und Flur war wohltuender Ausgleich für ein pflichtbewusstes und mit unbedingtem Dienstleistungseifer versehenes Leben des Risikomanagers. So pachtete die Familie zunächst den legendären Schießplatz Unterlüß von der Firma Rhein-Metall und das Niederwildrevier um den Heimatort Braak im Kreis Stormarn, bevor sich in den 60iger Jahren für Agte die Möglichkeit ergab, Teilhaber einer Hochgebirgsjagd in der Steiermark zu werden. 40 Jahre lang baute er dieses Revier zu einer der besonders gepflegten Hochwildjagden Österreichs auf und erhielt dafür als erster Deutscher das silberne Verdienstabzeichen der steierischen Jägerschaft, eine Auszeichnung auf die er ganz besonders stolz war.
Als die Strapazen des Gebirges und die weite Anfahrt dorthin für den 70jährigen zu groß wurden, war es ein Glück für Agte, eine neue jagdliche Heimat in Mecklenburg-Vorpommern zu finden. Erste Verbindungen zum Forstamt Schildfeld vertieften sich und am Ende stand der Erwerb des Gutswaldes Rodenwalde, dem Zentrum seines Lebens für mehr als zwanzig Jahre. Agte hat hier wie in Österreich große jagdliche Freuden genossen.
Doch von Anfang an bedeutete ihm der Besitz auch eine Verpflichtung. Als sich im Jahr 1986 die Möglichkeit ergab, sein Unternehmen bei der international ausgerichteten Jauch & Hübener KGaA einzugliedern, ergriff er diese und wurde dort Partner und anschließend Aufsichtsrat. Der Verkauf der gesamten Gesellschaft an den Global Player Aon im Jahr 2000 war für Agte – wie er selbst stets sagte – ein finanzieller Segen, den er mit anderen teilen wollte.
So begründete er 1998 die Stiftung Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern, die auch sein Erbe antreten wird. Aus seinem Privatvermögen förderte er eine Vielzahl von Projekten, quer durch das gesamte Land und gab dadurch Jagd und Forst neue Perspektiven. Von besonderer Wichtigkeit war für ihn stets die Verantwortung des Jägers gegenüber der Natur, deren Gaben er nutzen will, die er gerade darum schützen muss. In diesem Sinne kann er als Typus des begeisterten Stifters dienen, der Freude am Schenken und Helfen hatte. Er förderte mit gleicher Hingabe Jugendwaldheime, wildbiologische Forschung und wissenschaftliche Symposien. Wer auf seine Hilfe hoffte, konnte sich auf ihn verlassen. Agtes Engagement, auch als langjähriges Vorstandsmitglied der Max Schmeling Stiftung, wurde 2007 durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gewürdigt.
Es ist eine eigene Tragik im Leben dieses Stifters, dass die geliebte Frau und einzige Tochter vor ihm starben, doch blieb ihm der Freundeskreis in und um seine Stiftung erhalten. In seinem Einsatz für Wald und Wild konnte Agte leidenschaftlich, fröhlich und begeistert sein, jedoch auch ungeduldig, mitunter auch impulsiv. Doch erst eine solche Mischung der Temperamente macht eine Stifterpersönlichkeit rund und unverwechselbar. Die Stiftung wird als Alleinerbin des Verstorbenen dessen Werk in voller Verantwortung fortführen und entwickeln. Wir sind dankbar und traurig zugleich, während wir auf ein langes und erfülltes Leben blicken.
Dr. Florian Asche und Margrit Meier-Sdun