Jagdpraxis Wild Wache Sinne

Wache Sinne


Die Sinnesleistungen Äugen, Wittern und Vernehmen sind beim Wild besonders gut ausgeprägt. Im Vergleich sind Menschen dem Wild in dieser Hinsicht weit unterlegen.

Von Hans Joachim Steinbach

Welche Gruppen von Wildtieren lassen sich hinsichtlich der Anordnung der Augen (Lichter/Seher) unterscheiden?

Die Position der Augen weist zwei unterschiedliche Gruppen aus: Fluchttiere und Beutegreifer. Bei den Fluchttieren (beispielsweise Hase) befinden sich die Augen seitlich am Kopf. Dadurch erweitert sich das Gesichtsfeld nach hinten; es beträgt fast 360 Grad. Das hat aber den Nachteil, dass das binoculare, plastische Sehen mangelhaft ausgebildet ist. Hasen nehmen Bewegungen von allen Seiten wahr, können aber nicht besonders scharf sehen.

Bei den Beutegreifern sind die Augen vorn im Schädel angeordnet, ihr Gesichtsfeld ist kleiner. Sie beherrschen dafür das plastische Sehen perfekt. So können Beutegreifer Entfernungen sicher abschätzen, genau zielen und ihre Beute sicher schlagen.

Welche Rolle spielt das Gehör bei den Wildtieren? Wie muss der Jäger sich verhalten?

Das Gehör ist neben dem Windfang das empfindlichste Sinnesorgan der Wildtiere. Wild vernimmt (hört) ausgezeichnet, es kann besonders fremde/menschliche Töne, die nicht in seine Umgebung passen, weithin vernehmen. Gegen metallisches Klicken ist es besonders empfindlich. Fuchs oder Rotwild vernehmen das Einstechen einer Waffe selbst auf einige Entfernung.

Ein guter Jäger bewegt sich deshalb auf der Jagd geräuscharm. Das gilt für den Hin- genauso wie für den Rückweg, aber auch auf dem Ansitz und besonders während der Pirsch. Deshalb gehören in ein gepflegtes Revier sauber geharkte Pirschsteige. Ansitzeinrichtungen dürfen nicht knarren und Fenster und Luken müssen sich lautlos öffnen lassen.

Bei Sturm, Regen, Laubfall – immer dann, wenn das Hörvermögen des Wildes eingeschränkt ist – zieht es auffallend weniger oder bleibt im Einstand.

Warum ist der Wind bei der Jagd ein so entscheidender Faktor?

Das Wild nimmt seine Umgebung in entscheidendem Maße mit der Nase, dem Windfang (beim Schwarzwild Wurf) wahr. Die Nase ist ein besonders empfindliches Organ. Selbst wenige Geruchs-Moleküle in der Luft werden auf mehrere Hundert Meter Entfernung wahrgenommen. Das gehört zur Feindvermeidungstaktik und schützt das Wild vor Feinden; auch vor dem Menschen.

Vor der Jagd muss der Jäger zuerst immer den Wind prüfen und entsprechend seine jagdliche Taktik zurechtlegen. Jagen mit „schlechtem“ Wind ist nicht nur vergeudete Zeit, es macht das Wild auch noch scheu und erhöht so unnötig den Jagddruck. Auch auf hohen Hochsitzen ist man nicht vom Wind unabhängig.

Welche Rolle haben die Duftdrüsen des Wildes?

Fast alle Wildarten scheiden über spezielle Duftdrüsen Sekrete ab, die als Signale dienen, sowohl für Artgenossen als auch für Feinde. Reviergrenzen und Einstände werden beispielsweise durch „Fegen“ (Stirnorgan beim Rehbock) markiert. Zwischenzehendrüsen (Rehwild) markieren die Fährte.

Drüsensekrete geben über die Haut Körpergeruch ab, der die Familienmitglieder ausweist (Familienverbände). Fremde Stücke werden erkannt, oftmals nicht geduldet und abgeschlagen.

Drüsen regeln wichtige Zyklen des Lebensablaufes wie die Paarungsbereitschaft in der Brunft.

Was sollte der Jäger bei der Jagd hinsichtlich der Sinnesleistungen des Wildes beachten?

Der Jäger muss immer davon ausgehen, dass ihm das Wild hinsichtlich Wittern, Vernehmen und auch Äugen überlegen ist. Er muss sich die Gewohnheiten der einzelnen Wildarten zu Eigen machen und versuchen, dass Wild zu überlisten. Damit Wild ihn nicht windet oder wittert, muss er ständig den Wind beachten.

Weil das Wild ein Bewegungsseher ist, soll sich der Jäger gut tarnen und hektische, schnelle Bewegungen vermeiden. Er soll besser die „Pirsch stehen“ oder „Pirsch sitzen“ (Sitzstock), anstatt viel durchs Revier zu laufen.

Foto: Wolfgang Radenbach

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