Mit der Duralyt-Serie hat Premiumhersteller Zeiss ein neues Preissegment entdeckt. Ein beleuchtetes Absehen suchte man bislang allerdings leider vergebens. Das war einmal – Zeiss hat nachgebessert. Unter DJZ-Beobachtung stand das neue 3–12 x 50.
Von Norbert Klups
Zeiss 3–12×50 Duralyt mmit Leuchtabsehen: ein Zielfernrohr mit erstaunlicher Leistung. Das graue Finish passt gut zu modernen Büchsen
Zeiss vermarktet mit der Duralyt-Serie keine im Ausland produzierten Fremdoptiken. Die Gläser werden im hessischen Stammwerk in Wetzlar gefertigt. Kompromisse bei der Qualität wollte man nicht eingehen, denn schließlich steht ein über viele Jahrzehnte aufgebautes und sorgsam gepflegtes Image auf dem Spiel.
Um den neuen Preisbereich zu erschließen, hat man die Serie bei der Ausstattung sehr schlank gehalten. Es gibt keinerlei Wahlmöglichkeiten, wie verschiedene Absehen, Montageschiene, Absehenschnellverstellung etc. Die Optiken gibt es nur in einer einzigen Ausführung. Die Linie umfasst 3 Gläser: 1,2–6 x 36, 2–8 x 42 und 3–12 x 50.
Bei der Auswahl der Vergrößerungsbereiche und Objektivdurchmesser ist es offensichtlich, dass man den Klassikern (1–4 x 24,1,5–6 x 42 und 3-12×56) keine hausinterne Konkurrenz machen wollte. Wer also ein lupenreines Drückjagdglas mit sehr großem Sehfeld will oder ein extrem lichtstarkes Ansitzglas braucht, muss bei Zeiss nach wie vor etwas tiefer in die Tasche greifen.
Auch optisch unterscheiden sich die Duralyts von den bisherigen Zeiss-Zielfernrohren. Der aus einem Stück gefertigte Rohrkörper aus Aluminium ist durch eine dunkelgraue matte Eloxalschicht geschützt – also nicht tiefschwarz, wie bei Zeiss gewohnt. Von einem modernen Zielfernrohr, gleich welcher Preisklasse, erwartet der Käufer eine präzise funktionierende Absehenverstellung, ein wasserdichtes Gehäuse und einen Schutz gegen Innenbeschlag. Für einen Hersteller wie Zeiss eine Pflichtübung, die sich im Test bestätigte: Das Ergebnis entsprach den Erwartungen.
Die Leuchteinheit wird über zwei Drucktasten bedient. Werden beide Tasten gleichzeitig gedrückt, wird an- oder ausgeschaltet (Fotos: Norbert Klups)
Das Duralyt ist mit einer sehr präzise arbeitenden Absehenverstellung ausgerüstet, die eine hundertprozentige Wiederkehrgenauigkeit garantiert. Die Klick-Rastung verändert die Treffpunktlage bei einem Klick um 1 Zentimeter auf 100 Meter. Die griffigen Verstellknöpfe für Höhe und Seite lassen sich ohne Werkzeug bedienen. Das 347 Millimeter lange und 580 Gramm schwere Testglas erwies sich nach 3 Stunden im 50 Zentimeter tiefen Wasser als wasserdicht und auch einige Stunden bei –18 Grad in der Tiefkühltruhe als funktionssicher. Innenbeschlag stellte sich nach dem Auftauen auf Raumtemperatur nicht ein.
Wesentlich interessanter war die Überprüfung der Treffpunktlage bei verschiedenen Vergrößerungen. Beim Duralyt liegt das Absehen in der 2. Bildebene, es vergrößert sich also beim Vergrößerungswechsel nicht mit. Bei der Produktion ist das nicht ganz unproblematisch: Wenn nämlich nicht mit absoluten Minimaltoleranzen gearbeitet wird, kann es zu erheblichen Veränderungen der Vergrößerungswechsel kommen. Das wurde mit einem Präzisionsgewehr überprüft, bei dem jede kleine Veränderung sofort sichtbar wird. Bei 12-facher Vergrößerung maß das Schussbild lediglich 1,3 Zentimeter. Danach wurde die Vergrößerung auf 6-fach und dann auf 3-fach gestellt. Die 15 abgegebenen Schüsse lagen auf 42 Millimeter zusammen. Ohne die schwache 3-fache Vergrößerung wäre der Streukreis sicher noch wesentlich besser gewesen.
Es zeigt sich aber dennoch, dass eine jagdlich relevante Veränderung der Treffpunktlage beim Vergrößerungswechsel nicht eintritt.
Das Duralyt hat einen Augenabstand von 90 Millimetern, die Augenbraue befindet sich somit min sicherem Abstand zum Okularrand. Das Sehfeld auf 100 Meter beträgt 11 Meter bei 3-facher Vergrößerung und 3,2 Meter bei 12-facher. Da haben die Topmodelle zwar einen halben Meter mehr zu bieten, aber für diese Preisklasse geht das Sehfeld voll in Ordnung.
Die Vergrößerungsvertellung ist mit einem griffigen Gummiring versehen und hat einen gut fühlbaren Knubbel
Top Leuchtabsehen
Bei der Absehenbeleuchtung hat man sich in Wetzlar etwas Neues einfallen lassen und geht weg von der bisherigen Technik mittels LED. Das dabei verwendete Absehen 60 basiert auf einer im nanotechnischen Produktionsverfahren gefertigten, extrem feinen Lichtfaseroptik. Unbeleuchtet gleicht es dem Absehen 6, liegt ebenfalls in der 2. Bildebene und bleibt beim Vergrößerungswechsel konstant fein.
Durch Drücken einer der beiden Tipptasten am Okular wird der tageslichttaugliche Leuchtpunkt aktiviert. Dieser ist nicht größer als der Schnittpunkt des Fadenkreuzes und deckt beispielsweise bei 12-facher Vergrößerung auf 100 Meter nur 8 Millimeter vom Ziel ab. Der Punkt lässt sich mittels Tipptasten von sehr kräftig bis fast nicht mehr sichtbar dimmen. Nach 4 Stunden Betrieb schaltet sich der Leuchtpunkt automatisch ab. Zur manuellen Abschaltung müssen beide Knöpfe zugleich gedrückt werden.
Vor der Jagd wanderte das Duralyt zur Überprüfung der Transmissionswerte in ein Labor. Was dort gemessen wurde, übertraf die Erwartungen. 91,2 Prozent Nacht- und 93,6 Prozent Tagtransmission! Die hochpreisigen Victory- oder Varipoint-Modelle haben da nicht mehr zu bieten.
Für den Jagdeinsatz wurde das Testglas mittels MAK-Schwenkmontage auf eine Heym SR 30 im Kaliber .308 Winchester montiert. In den Rucksack kam zum Vergleich ein 2,5–10 x 50 Zeiss Victory. Was die Lichtstärke angeht, liegen die beiden Zielfernrohre gleichauf. Das war bei den gemessenen Laborwerten nicht anders zu erwarten.
Unterschiede sind bei der Brillanz und der Farbechtheit festzustellen. Das Duralyt hat ein „klinisch weißes“ Bild, wohingegen das Victory etwas wärmer wirkt und die natürlichen Farben besser wiedergibt. Auch bei der Randschärfe kann das preiswerte Wetzlarer nicht ganz mithalten, das fällt aber nur im direkten Vergleich auf. Der Leuchtpunkt lässt sich sehr fein dimmen, und die Drucktasten sind gut bedienbar. Die Oberfläche ist sehr kratzfest und robust.
Fazit
Zu diesem Preis (1.095 Euro für das getestete Glas) kann man keine bessere Zieloptik bauen – ein Kampfpreis, der in Richtung fernöstlicher und amerikanischer Konkurrenz zielt. Wer die graue Oberflächenfarbe mag, keine Schiene braucht und bereit ist, gegenüber den Top-Modellen leichte Abstriche bei Farbechtheit oder Brillanz zu machen, der bekommt ein „Zeiss zum halben Preis“. 10 Jahre Garantie garantieren zudem Qualität!