Das A und O erfolgreicher Gänsejagd ist die Nähe zum Wild. Wie man das schafft? Mit Aufklärungsarbeit, überzeugendem Lockbild und perfekter Tarnung.
Von Sven Lübbers
Die in Deutschland vergleichsweise junge Lockjagd mit Attrappen findet insbesondere auf Krähen und Tauben immer mehr Anhänger. Jedoch bietet sie auch bei der Bejagung von Wildgänsen viele Vorteile und nimmt den Gänsejagdkritikern so manches Argument. Krankgeschossene Vögel oder nicht richtig angesprochene Gänsearten sind nämlich mit durchschnittlichen Schussentfernungen von unter 30 Metern die absolute Ausnahme.
Für uns Jäger und so manchen geplagten Landwirt ist die enorme Effektivität dieser Jagdmethode besonders überzeugend. Viele potenzielle Lockjagd-Einsteiger werden jedoch durch das schier unüberschaubare Angebot von Gänselockern, Lockvögeln und Tarnmaterial sowie hohen Anschaffungskosten abgeschreckt.
Damit ihnen Rückschläge und Fehlinvestitionen erspart bleiben, werden nachfolgend die wichtigsten Aspekte der Gänselockjagd vorgestellt.
Erkundung
Vor jeder Jagd steht intensive Aufklärungsarbeit. Häufig sind Gänse am nächsten Tag auf denselben Flächen anzutreffen. (Foto: Sven Lübbers)
Ein Schlüssel zum Erfolg liegt in der richtigen Standplatzwahl. Es gilt, durch intensives Beobachten des Reviers kurz vor dem Jagdtag Flächen zu finden, die Gänse regelmäßig aufsuchen. Ein enger Kontakt zu Landwirten hilft dabei. Landwirtschaftliche Schadflächen, Stoppelfelder und Wasserflächen bieten hervorragende Jagdmöglichkeiten.
Gänse sind Vögel mit festen Gewohnheiten. Sie kehren am nächsten Tag gerne dorthin zurück, wo sie an Vortagen Äsung aufgenommen haben solange noch ausreichend Nahrung vorhanden ist und sie nicht gestört wurden. In den Bundesländern, wo es erlaubt ist, erhöht tägliches Ankirren die Erfolgsaussichten enorm. Bei der Erkundung wird nicht nur auf die größten Ansammlungen von Gänsen geachtet, sondern auch auf die vorkommenden Arten. Bei ganzjährig geschonten, wie Zwerg- oder Kurzschnabelgans, kann man sich die Bemühungen sparen.
Lockjagdwetter
Entgegen den Erfahrungen bei der traditionellen Gänsejagd ist Nebel oder Schlechtwetter für die Lockjagd unvorteilhaft. Neben Sicherheitsbedenken und schlechteren Ansprechmöglichkeiten spricht insbesondere die unzureichende Sicht der Gänse auf das Lockbild dagegen. Ebenso problematisch sind starke Frosttage, weil auf den Gänseattrappen häufig Reif entsteht, der sie unnatürlich aussehen lässt. Ideale Lockjagdtage haben bedeckten Himmel und mäßigen Wind.
Tarnkleidung
Fehler bei der Tarnung werden von den scharf äugenden Gänsen nicht verziehen. Lodengrüne Kleidung reicht nicht aus, um die Gänse auf Schrotschussentfernung heranzubringen. Die Tarnmuster müssen nach der Umgebung ausgesucht werden. Wer an Altgrasstreifen, Schilfflächen, Getreide- oder Maisstoppeln jagt, sollte zu den Tarnmustern Advantage Max-4, Killerweed 1 (KW-1), Mossy Oak Shadow Grass oder Duck Blind greifen. Ist das Umfeld eher von Grüntönen geprägt (Raps, Rübenfelder, Grünlandflächen), sind Tarndrucke in Realtree Hardwoods Green, APG oder Advantage Max-1 erste Wahl. Wichtig ist, dass Gesicht und Hände hinter Kopfmaske und Handschuhen verborgen sind.
Richtige Deckung
Die beste Tarnung bei der Gänsejagd ist die Gänseliege. Am Ende schaut nur der Kopf raus. (Foto: Sven Lübbers)
Gänse haben ein großes Sicherheitsbedürfnis und fallen deshalb häufig dort ein, wo sie freie Sicht haben. Außerdem umkreisen viele das Lockbild mehrmals, bevor sie zur Landung ansetzen und für die Schrote erreichbar sind. Deshalb sind nach oben offene Schirme oft zu auffällig.
Als Alternative, insbesondere bei der Grau- und Saatgans (diese sind deutlich vorsichtiger als Nil- und Kanadagans), haben sich feste Schirme aus Schilf bewährt. Sie sollten lange vor der Jagdzeit an erfolgversprechenden Flächen aufgebaut werden, damit die Gänse sich an den Anblick gewöhnen.
Jeder Meter ist entscheidend. Deshalb sind Jäger innerhalb des Lockbildes ideal positioniert. Für diesen Zweck eignen sich Erdlöcher und Gänseliegen am besten. Das Ausausheben von Erdlöchern erfordert viel Aufwand. In den meisten Fällen genügt auch eine wenige Zentimeter tiefe Erdmulde, in die man sich mit Volltarnung hineinlegt. Als Nässeschutz unterlage dient eine Isomatte.
Wer eine an den Untergrund angepasste Tarnkleidung auswählt und das Ganze noch mit etwas Stroh oder Ernteresten versieht, ist für einfallende Vögel nahezu unsichtbar.
Die kostspieligere, aber komfortablere Alternative ist die Gänseliege (Layout Blind). Sie verfügt außen über zahlreiche Schlaufen, in denen ortsübliches Material eingebunden wird. Eine so präparierte Gänseliege verschmilzt nahezu mit ihrer Umgebung.
Lockvögel
Unterschiedliche Gänseattrappen (Foto: Sven Lübbers)
Der Fachhandel hält Grau-, Bläss-, Saat-, Kanada- und Nilgans-Attrappen bereit. Je nach zu bejagender Gänseart muss die Auswahl erfolgen. Nach den bisherigen Erfahrungen reagieren die neugierigen Nilgänse auch auf Lockbilder mit anderen Gänsearten. Sogar Krähenlockbilder werden häufig angeflogen.
In Wasserrevieren muss zu schwimmenden Lockgänsen gegriffen werden. Für die Jagd an Land ist das Angebot mittlerweile sehr groß. Als gute Gänseattrappen haben sich faltbare Vollkörper- oder Halbschalen-Gänse erwiesen.
Der neueste Trend bei der Lockjagd sind die so genannten FUDs (Fold Up Decoys)vorgestellt wurden. Revolutionär ist dabei das absolut realistische Erscheinungsbild durch die fotoähnliche Oberfläche und das extrem geringe Transportmaß. Außerdem sind sie an Land und im Wasser (bei wenig Wellengang) einsetzbar. Der größte Vorteil ist ihr im Vergleich günstiger Preis. Bei Berücksichtigung der Kriterien Lockwirkung, Kosten und Transporteigenschaften stellen sie die Ideallösung dar.
In Bezug auf eine sehr gute Lockwirkung sind aber auch die beflockten Gänse zu nennen.
Aufbau des Lockbildes
Typisches Gänselockbild: In U-Form aufgebaut. Die Gänse zieht es gegen den Wind frontal in die Lücke, an deren Ende die Jäger warten. Bild zur Vergrößerung anklicken! (Foto: Sven Lübbers)
Bei der Jagd am Wasser müssen die schwimmenden Plastikattrappen bereits am frühen Nachmittag ausheben gebracht werden, bevor die Gänse zu den Übernachtungsgewässern streichen. Bei der Lockjagd an Land beginnt der Aufbau je nach Entfernung zu den Schlaf gewässern meistens vor Tagesanbruch. Gänse sind bei der Nahrungsaufnahme sehr gesellig: je größer das Lockbild, desto besser.
Empfehlung: mindestens 20 Attrappen verwenden. Gänse fallen wie alle Federwildarten gegen den Wind ein. Neuankömmlinge bevorzugen dabei freie Bereiche neben bereits eingefallenen Artgenossen. Ideal sind deshalb Anordnungen, die von oben wie ein X oder U aussehen. Die Schirme sind dabei in der Mitte des X oder im unteren Bereich des U positioniert. Der Großteil der Lockvögel wird vor den Verstecken der Jäger aufgebaut. Außerdem achten die Schützen auf Rückenwind, damit die einfallenden Vögel von vorn beschossen werden können.
Um das Lockbild möglichst naturgetreu nachzubilden, beträgt der Abstand zwischen den Attrappen mindestens einen Meter. Außerdem dürfen die Vögel nicht alle gegen den Wind ausgerichtet werden. Dicht zusammengedrängte oder alle gegen den Wind blickende Gänse sieht man in der Natur nur, wenn sie beunruhigt und fluchtbereit sind. Der Anteil von äsen den oder ruhenden Attrappen (Hals nach unten) sollte überwiegen. Zu viele Wächter erzeugen Misstrauen.
Gänselocker
Erst mit Hilfe eines akustischen Lockers ist die Täuschung perfekt. Beim Kauf sollte man darauf achten, dass die Locker für die zu bejagende Gänseart ausgewählt werden. Für Graugänse sind zwei sehr gute im Handel: der Buck Expert und der Greylag Goose Call GLG-16. Für die Bejagung von Blässgänsen hat die Firma Buck Expert auch einen entsprechenden Locker entwickelt. Dieses Gerät lässt sich von Anfängern nach kurzer Eingewöhnung sehr gut bedienen.
Spezielle Saat- oder Nilganslocker sind auf dem deutschen Markt nicht zu bekommen. Die nordischen Gänsearten, wie Bläss- und Saatgans, suchen aber gerne Anschluss an äsende Graugänse. Aus diesem Grund sind Grauganslocker sehr universell einzusetzen. Bei der gezielten Jagd auf Kanadagänse, die über sehr viele unterschiedliche Rufe verfügen, sind der HS Gänselocker und der Primos Honky Tonk Kanadaganslocker besonders zu empfehlen.
Je mehr Lockinstrumente gleichzeitig zum Einsatz kommen, umso realistischer wird der Eindruck vieler friedlich äsender Gänse. Deshalb sollten alle Jäger (ein paar Übungsstunden vorausgesetzt) ihre Locker einsetzen. Die Lockrufe dürfen aber keinesfalls übertrieben werden. In vielen Fällen ist weniger mehr. Um die vielen unterschiedlichen Rufe einzustudieren, eignen sich die im Handel erhältlichen Vogelstimmen-CDs.
Waffe und Munition
Diese Gänse sind nah genug. Der sichere Schuss ist nun keine Kunst mehr. (Foto: Sven Lübbers)
Selbstladeflinten haben den Vorzug des schnellen dritten Schusses. Zudem ist das Nachladen in engen Schirmen deutlich leichter. Für die klassischen Bock- und Querflinten spricht die geringere Störungsanfälligkeit. Beim Schrotschuss auf Federwild geht Deckung vor Durchschlagskraft.
Schrote mit 2,7 bis 3,2 Millimeter Durchmesser sind perfekt. Stärken über 3,5 Millimeter sollten unbedingt vermieden werden, weil eine ausreichende Deckung nicht gewährleistet ist.
Kaliber 10/89 und Schrotvorlagen über 40 Gramm sind aufgrund des höheren Rückstoßes nicht zu empfehlen. Außerdem verführen sie zu weiten Schüssen.
Teamarbeit
Auch Hunde müssen getarnt werden, zum Beispiel durch eine Tarnhütte. (Foto: Sven Lübbers)
Die beteiligten Jäger müssen ein hohes Maß an Disziplin haben. Es darf erst geschossen werden, wenn die magischen 30 Meter unterschritten werden. Im Idealfall gibt der erfahrenste Jäger das Kommando zur Schuss abgabe. Absprachen über zu erlegende Vögel sind bis zuletzt möglich, ohne Verdacht zu erregen. Die Gänseliegen sollten etwa drei bis sechs Meter voneinander entfernt in einer Reihe aufgebaut werden. Das flache Schießen über die Schirme der Mitjäger verbietet sich aus Sicherheitsgründen.
Der wichtigste Helfer ist übrigens wie immer der Hund. Es muss ein guter Verlorenbringer sein, der sich außerdem durch große Standruhe auszeichnet. Geflügelte Gänse sind nämlich schnell und müssen unverzüglich nachgesucht werden.
Sven Lübbers (Foto. privat)
Sven Lübbers, Jahrgang 1972, ist seit 2003 Leiter des Jägerlehrhofs in Springe (Landesjägerschaft Niedersachsen). In einem Niederwildrevier groß geworden, machte er den Jagdschein bereits mit 17. Der examinierte Forstwissenschaftler ist ein passionierter Niederwildjäger. Immer mit dabei: seine Langhaar-Weimaranerhündin Brenda.
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