ANZEIGE

3 + 5 = 10?

4100


Editorial DJZ 12/2015
 

003_003_Editorial_DJZ_0915_1.jpg
Es wird nie so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd, wusste schon Reichskanzler Otto v. Bismarck. Auch Jägerlatein ist nie aus der Mode gekommen. Ein Beispiel: Vergangenes Jahr erlegte ich im neuen DJZ-Testrevier Waldbreitbach einen Abschusshirsch. Die linke Stange des Hirsches hatte 5, die rechte 3 Enden. Da ich den Rothirsch nicht alleine bergen konnte, rief ich den Leiter des DJZ-Reviers, Revieroberjäger Erich Kaiser, an und bat um Hilfe. Erich kam prompt und brachte noch einen Berufsjäger-Lehrling mit. Gemeinsam traten wir an das erlegte Stück. Erich überreichte mir einen Bruch mit den Worten: „Weidmannsheil zu Deinem ungeraden Eissprossenzehner, ein prima Abschusshirsch!“. Was hat das mit Jägerlatein zu tun, werden Sie sich fragen.
Nun, das Hirschlein wird brauchtumsgerecht als ungerader Eissprossenzehner bezeichnet, müsste also eigentlich 9 Enden aufweisen. Die hat er aber nicht, sondern nur 8, nämlich 5 plus 3 Enden. Das ist für mich klassisches Jägerlatein, denn die Beute wird stärker oder höherwertiger gemacht, als sie eigentlich ist. Diese Art der Trophäenbeschreibung stammt übrigens aus der Zeit der Feudaljagden im Barock: Die Berufsjäger wollten sich beim Landesfürsten lieb Kind machen, indem sie das Geweih einfach aufwerteten. Man kann das natürlich weiterhin beibehalten, sympathischer allerdings ist mir persönlich die britische Art der Trophäenbeschreibung: Dort wird ein Geweihende als point bezeichnet. Mein Hirsch wäre dort ein 8-pointer. Das trifft den Nagel auf den Kopf, finde ich.
Damit ich recht verstanden werde: Ich habe nichts gegen das Ausschmücken von Jagderlebnissen. Im Gegenteil, oft erhalten diese Berichte erst durch ein Quantum Jägerlatein ihre eigentliche Würze. Und: Die Geschichte der Jagd ist auch Kulturgeschichte, deren buntestes und vielseitigstes Kapitel sicher das Jägerlatein ist. Es spiegelt die Kraft der Fantasie wieder. Aber beim Beschreiben von Trophäen würde ich mir eine bescheidenere Wortwahl wünschen. Warum heißt es nicht einfach 7-Ender, sondern ungerader Achter? Ich bin gespannt auf Ihre Meinung.
Gedankensprung: Der Advent steht vor der Tür und damit Weihnachten. Im Namen der gesamten Redaktion wünsche ich Ihnen eine besinnliche Adventszeit sowie fröhliche Festtage im Kreis Ihrer Lieben.
Weidmannsheil
Ihr
Dr. Rolf Roosen
Chefredakteur
 
 


ANZEIGE
Aboangebot