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Schwarzwildgatter: Wie man Saujäger macht

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Nur jeder 5. Hund ist ein Naturtalent an Sauen, so eine Studie. Das „Zehdenicker Modell“ ist ein Lernsystem im Schwarzwildgatter, der die Quote brauchbarer Saujäger auf über 50 Prozent hebt. Unabhängig von der Rasse. Ein Lichtblick für alle Hundeführer.

Von Armin Liese

 

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Nur wenigen Vierläufern wird der „Zug zur Sau“ in die Wurfkiste gelegt. (Foto: Armin Liese)
Bei einer Bewegungsjagd auf Schwarzwild steht und fällt der Erfolg, oder besser gesagt das Streckenergebnis, mit der Qualität der eingesetzten Hunde. Dass ausreichend Wild im Treiben ist, mal vorausgesetzt. Auf vielen Jagden rückt eine ganze Schar Hunde morgens an. Bunt geschmückt mit Warnhalsungen und Schutzwesten. Geht man nach den Textilpanzern, attackieren viele Hunde die Borstentiere hart. Manchmal bekommt man schon den Eindruck, nur mit Schutzweste taugt ein Vierläufer für die Saujagd.
 
Unter den Hunden gibt es 3 Kategorien, die je nach Einarbeitung unterschiedlich jagen:
 
1. Solojäger, die einzeln vom Stand im Treiben geschnallt werden,
2. Hundeführer, die mit dem Vierläufer durchgehen und sie direkt an die Einstände bringen,
3. Meutehunde, die im großen Verbund mächtig Druck aufbauen können.
 
Beim Hundeeinsatz gilt nicht „viel hilft viel“. Was nutzt eine 20-köpfige Meute, wenn sie mit dem ersten Reh abgeht? Was bringt ein Hund, der 2 Stunden ein Reh verfolgt? Was nutzt ein Hund, der sich vom Rotwild 3 Kilometer weiterziehen lässt und in Gebieten jagt, in denen längst keine Schützen mehr stehen? Nach dem Anblasen können die Hunde ihr Können beweisen. Dabei ist die vor der Jagd so hoch gelobte Arbeit der Hunde oftmals ernüchternd: Viele Vierläufer meiden den Kontakt zum Schwarzwild, geben nur spärlich Laut oder lösen sich gar nicht erst vom Führer. Besonders die Jagd auf Schwarzwild ist ja meist der Grund für Drückjagden. Umso wichtiger ist dabei der „Zug zur Sau“, den der brauchbare Hund haben muss. Leider wird nur wenigen Vierläufern diesen notwendige Drang in die Wurfkiste gelegt.
 

Grundschule für Jagdhunde

 

Für alle anderen Jagdhunde gibt es das Saugatter. In Zehdenick, nördlich von Berlin haben sich Prof. Dr. Hans Wunderlich, Maik Weingärtner, Karl-Ernst Brehmer und Uwe Bleicke dieser Problematik angenommen. Die Truppe der Gattermeister rund um das 8 Hektar große Ausbildungsgelände weiß aus Erfahrung, dass nur wenige Jagdhunde Naturtalente sind. Das Gros muss in die „Sauenschule“, damit sie brauchbar werden.
 
Um das Lernverhalten der Vierläufer zu dokumentieren, haben die Gattermeister ein Bewertungsschema entwickelt. Bei rund 600 Hunden im Jahr, die das Gatter zur Einarbeitung oder für Prüfungen besuchen, wird der Blick für die Leistung der vierläufigen Probanden geschult.
 
5 Qualitätsstufen, ein System wie bei Schulnoten, gibt es für die gezeigte Arbeit. Von sehr gut bis ungeeignet reicht die Bewertungsskala. Dabei gibt es 4 Stufen, die die Schüler durchlaufen. Für junge Hunde gibt es einen sanften Einstieg, damit ein Schwarzwildangriff sie nicht lebenslänglich versaut. Im 1. Schritt wird der junge Hund mit der Feldleine an Sauen herangeführt. Zwischen ihm und den Schwarzkitteln bleibt dabei ein Zaun, der unangenehme Übergriffe unmöglich macht. In einem schmalen Gatter kommt der junge Hund dicht an die Sauen heran und kann Laut geben. Verhält sich der Hund hinterm Zaun interessiert, darf er im nächsten Schritt zu den Sauen ins Gatter. Körperkontakt nicht ausgeschlossen.
 

Studie im Schwarzwildgatter

 

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Aus 125 gemeldeten Hunden wurden für die Studie 30 ausgewählt: Deutsch Drahthaar (11), Deutsch Kurzhaar (7), Polnische Bracke (1), Ardennen-Bracke (1), Tiroler Bracke (3), Deutscher Jagdterrier (2), Parson Jack Russel Terrier (1), Parson Russel Terrier (2), Kleiner Münsterländer (1), Deutscher Wachtelhund (1)
Das Zehdenicker Modell startet mit dem jungen Hund bei diesem Schritt im Gatter. Hier beginnt auch die Studie, bei der innerhalb von 2 Monaten 30 Hunde ihr Talent beweisen dürfen oder schlummerndes Können geweckt wird.
 
Die Zusammensetzung der Probanden erfolgt zufällig, denn von den 125 gemeldeten Hunden sind 30 wahllos auserkoren. Deutsch Drahthaar und Deutsch Kurzhaar stellen mehr als die Hälfte der Teilnehmer. Sonst handelt es sich überwiegend um Bracken und Terrier.
Das Alter der Studienhunde bewegt sich zwischen 9 und 48 Monaten, wobei der Durchschnitt bei knapp 2 Jahren liegt. Fast alle Gespanne haben dabei 4 Mal das Gatter besucht, so dass vor allem das Lernverhalten beurteilt werden kann.
 
Insgesamt 132 Übungseinheiten sind in der Studie ausgewertet. Dabei steht die Entwicklung der Vierläufer im Vordergrund. Aber auch die Zweibeiner bilden sich fort, denn sie erleben ihre Hunde hautnah bei der Arbeit, wie es sonst im Jagdbetrieb nur selten der Fall ist. Das ist Schule für Hund und Führer.
 

Nur Sauen, sonst nichts

 

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Am langen Riemen drängt der junge Rauhaarteckel zum Keiler: Stufe 1 der Ausbildung im Gatter. (Foto: Armin Liese)
Ein riesiger Vorteil des Gatters ist, dass nur Schwarzwild dort lebt. Kein Reh- oder Rotwild, Fuchs oder Hase kann die Aufmerksamkeit des Hundes ablenken. Nur Sauen sind im Angebot. Will der Hund keine Sauen jagen, wird er am Keiler aufgebaut. Jagt der Hund zu scharf an Sauen, bekommt er von der Bache eine Lektion zum Fürchten. Das erklärte Ziel ist, einen Hund in 4 Schritten auszubilden (siehe Kasten), der im Gatter planvoll sowie effizient stöbert und dabei selbsterhaltend arbeitet. Schutzwesten werden dadurch nahezu überflüssig. Dies beherrschen die wenigsten Jagdhunde von Natur aus.
 
Bei der Übungsphase 1 zeigen 28 von 30 Hunden an der Feldleine Interesse an der Sau. Mit dem Hundeführer an der langen Leine ist der Vierläufer gut zu motivieren. Das gibt dem Schüler Sicherheit. Dabei ist nicht unbedingt bei jedem Probanden die Leine ständig unter Spannung. Vielmehr geht es hierbei um den ersten Kontakt mit dem beeindruck enden Borstenvieh.
 
Zeigt der Jagdhund Interesse, beginnt die Übungsphase 2. Hier wird der Hund angeleint an die Gattersau herangeführt. Hat er sie entdeckt, schnallt der Hundeführer zur selbstständigen Arbeit. Bei diesem Schritt sind Gattermeister und Führer in nächster Umgebung zum Hund. Lob und Motivation geben dem Vierläufer Sicherheit und ermutigen zum Arbeiten. Lediglich 5 der 30 Hunde ignorieren die Sau. Damit Ende der Ausbildung.
 
Die übrigen 25 Hunde kommen zur Phase 3. Hier schickt der Hundeführer seinen Vierläufer erstmals zur selbstständigen Suche. Der Hund muss die Sauen finden wollen und sie anhaltend verbellen. Fehlt der Schneid, greift der Gattermeister nochmal zur Riemenarbeit zurück.
 
Alle 25 Schüler bestehen diese Phase und kommen zur Lehreinheit 4. Hier wird der Hund von einem zentralen Ort im Übungsgatter geschnallt. Der Hundeführer verharrt dort, während der Hund eigenständig arbeitet. Innerhalb von 5 Minuten sollte der Jagdhund Sauen finden und mindestens 3 Minuten ohne Unterbrechung laut arbeiten. Bei der gänzlich eigenständigen Arbeit trennt sich die Spreu vom Weizen: Mit 17 Hunden beweisen sich etwas mehr als die Hälfte der Probanden als wirklich brauchbar für die Schwarzwildjagd. Die meisten scheitern am kontinuierlichen Arbeiten. Viele Hunde kehren zum Führer zurück und suchen dort Schutz sowie Unterstützung.
 

 

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Das erklärte Ziel ist, einen Hund in 4 Schritten auszubilden, der im Gatter planvoll sowie effizient stöbert und dabei selbsterhaltend arbeitet.
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Naturtalent oder Problemkind

 

Bei den 30 Studienhunden sind nur 6 Vierläufer wirkliche Naturtalente. Sie konnten die Stufe 3 überspringen und zeigten sehr gute Leistungen, eine ausgeprägte Jagdpassion und Konfliktbereitschaft gegenüber den Gattersauen von Anfang an. 11 Hunde erreichten über alle 4 Lernschritte das Ziel mit dem Prädikat gut oder sehr gut. Diese Hunde sind dank der strukturierten Einarbeitung letztlich zum Saujäger aufgebaut worden. Insgesamt 13 Hunde schafften das Klassenziel nicht. 8 Kandidaten trauten sich nur mit Herrchen im Rücken an das Schwarzwild heran, 5 Schüler zeigten kein Interesse. Diese Hunde sind für die Schwarzwildjagd nicht zu gebrauchen.

 

Nur jeder 2. Hund ist brauchbar

 

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Der Drahthaar weicht dem angreifenden Keiler aus. Lebenswichtig für die Jagdpraxis. (Fotos: Armin Liese)

Die Studie hat bewiesen, dass mehr als die Hälfte der Kandidaten nach systematischer Einarbeitung sich für die Saujagd als brauchbar erweisen. Diese Ausbildung ist extrem wichtig, denn nur rund 20 Prozent sind Naturtalente, die ohne große Ausbildung Sauen jagen. Damit lässt sich keine Jagd schmeißen, denn unterm Strich sind dies deutlich zu wenig vierläufige Jagdhelfer. Geht man davon aus, dass bei einer Drückjagd ein Durchschnitt der Jagdhunde antritt, so taugt nur jeder 5. Hund für das Tagesziel Drückjagd auf Schwarzwild, außer die Hundeführer haben Kilometer, Zeit und Mühen mit den Fahrten zum Schwarzwildgatter in Kauf genommen, um ihren Hund gewissenhaft einzuarbeiten. Eine Schule fürs Leben, die sich auszahlt.

 


 

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