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Hundeverhalten: Aggression

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Gerade am Streckenplatz, aber auch während des Treibens, kommt es immer mal zu Streitereien unter Jagdhunden, die schnell in einer Beißerei enden können. Grund genug, bewusst auf einen harmonischen Umgang hinzuarbeiten. Von Sophia Lorenzoni

(Foto: Raphael Steppat)

Grundsätzlich gilt, dass kein Hund als bissiger Vierläufer gewölft wird. Auch wenn Aggressionsverhalten durchaus in den Erbanlagen vorhanden sein kann, ist es möglich, einen solchen Vierläufer zu einem sozialverträglichen Jagd- und Familienhund zu erziehen.

Mit 8 bis 10 Wochen wird ein Welpe in der Regel aus seinem familiären Rudel zu seinem zukünftigen Hunde- beziehungsweise Rudelführer geholt. Dort sind geordnete Abläufe von hoher Wichtigkeit. Dem Vierläufer viel Freiheit zu gewähren, klingt zwar schön, doch schnell kann das dazu führen, dass der Hund das Steuer an sich reißt.

Führung und Grenzen

Es liegt in der Natur eines jeden Vierläufers, dass er sich am Rudelführer orientiert und dieser die Kontrolle hat. Ein Hund, der die Führung selbst übernommen hat, neigt zu selbstständigem Handeln, worunter der Gehorsam leidet.

Das geschieht, wenn der Rüdemann unsicher und inkonsequent agiert. Ist dieser überfordert, kann er seinem Hund keine feste Säule bieten, um sich an dieser zu orientieren. Das führt beim Vierläufer zu Unsicherheit und Unwohlsein, das ungewolltes aggressives Verhalten hervorrufen kann.

Auslastung

Langeweile im Zwinger. Macht dieser Terrier Radau, um sich selbst auszulasten? (Foto: Thomas Fuchs)

Nur ein ausgelasteter Hund kann auch ein zufriedener Hund sein. Dabei geht es nicht darum, dass er 4 Stunden mit anderen Vierläufern getobt hat, sondern auch der Kopf muss gefördert werden. Oft reicht es schon, den Hund eine Schleppe oder Schweißfährte arbeiten oder auch apportieren zu lassen, damit er danach zufrieden im Körbchen einschlummert.

Vor allem bei Zwingerhunden, die nicht ausreichend ausgelastet sind und nur zum Jagen herausgeholt werden, ist häufig ein aggressives Verhalten gegenüber Artgenossen zu beobachten. Ob sie im Zwinger isoliert oder im Rudel gehalten werden, macht meist keinen Unterschied.

Sozialisierung gefragt

Längst ist klar, dass ein soziales Umfeld der beste Einfluss für einen sozialverträglichen, entspannten Vierläufer ist. Dazu gehört enger Familienanschluss und positive Kontakte zu anderen, vor allem gleichaltrigen Hunden.

Leinenaggression gibt es leider häufig zu sehen. Sie wird meist durch Frust ausgelöst (Foto: Burkhard Winsmann-Steins)

Nicht nur das Alter ist wichtig, auch der Kontakt zu verschiedenen Rassen sollte gegeben sein. Die Kommunikation ist von Hund zu Hund unterschiedlich. Zum Beispiel die Körpersprache von Vierläufern mit kupierter Rute wird von ihren Artgenossen anders wahrgenommen. Für solche Kontakte gibt es ausgewählte Welpen- und Junghundekurse.

Je mehr der junge Vierläufer früh kennenlernt, desto entspannter kann er später damit umgehen. Dazu gehören fremde Personen, enge Räume und äußere Reize, wie sie zum Beispiel in der Innenstadt viel vorkommen.

Häufig wird ein Hund wegen angeblich falschem Verhalten bestraft. Es gilt zu erkennen, wann der Vierläufer aus Angst oder Unsicherheit eine Anweisung nicht befolgt. Strafe kann in einem solchen Fall ebenfalls zu Aggression führen.

Auch Lob sollte nicht zu kurz kommen. Führt ein Hund die von ihm verlangte Aufgabe korrekt aus, muss er darin positiv bestärkt werden. Das motiviert ihn, Kommandos gerne und mit Freude auszuführen.

Unterschiedliche Gründe

Neben Angst und Unsicherheit kann Aggression auch durch andauernden Schmerz, verursacht durch eine Krankheit, ausgelöst werden. Ebenso wie beim Menschen sind auch Hormone verantwortlich für bestimmte Verhaltensweisen. Dies kann sowohl bei Rüden als auch Hündinnen auftreten.

Gehorsam: Dieser Teckel testet seine Grenzen. Bestimmt muss er auf seinen Platz zurückgeschickt werden (Fotos: Sophia Lorenzoni)
Enger Familienanschluss ist ein wichtiger Grundstein der
Sozialisierung

Außerdem ist Frust, der zum Beispiel durch zu wenig Auslas tung entstehen kann, Grund für aggressives Verhalten. Dazu gehört auch Freilauf. Ein Hund, der nur an der Leine geführt wird, weil der Rüdemann Angst hat, der Vierläufer könnte stiften gehen und nicht wiederkehren, hat nicht die Möglichkeit, sich auszutoben. Und, wie bereist eingangs erklärt, spielen auch die Erbanlagen eine erhebliche Rolle.

Trotzdem darf nie außer Acht gelassen werden, dass Jagdhunde gerade auf Gesellschaftsjagden auf teilweise sehr engem Raum erheblichen Reizen ausgesetzt sind. Außerdem liegt es in der Natur der Hunde, Konflikte durch aggressives Verhalten zu klären. Daher kann ein Knurren oder Zähne-fletschen nie gänzlich vermieden werden. Wir mögen ja auch nicht jeden. Das ist jedoch keine Entschuldigung für Beißereien.

Jeder Hundeführer trägt die Verantwortung für einen sozialverträglichen Vierläufer. Wer – vor allem als Erstlingsführer – mit seinem Hund überfordert ist, der zeigt nur Stärke, wenn er sich durch einen erfahrenen Hundeführer oder -trainer Unterstützung holt.

Das sagt Züchter Raphael Steppat:

(Foto: Christina Flachs)

Bereits bei der Zuchtauswahl kann Einfluss auf das spätere Wesen der Welpen genommen werden. Wenn ich mir einen Rüden als möglichen Partner für meine Hündin anschaue, muss mich dieser nicht freudig anspringen. Kommt mir allerdings etwas an seinem Verhalten komisch vor, frage ich bei den Hundeführern nach. Mich interessiert auch, wie der Rüde gehalten wird.

Ein Blick auf die Ahnentafel lohnt. Wer sich innerhalb seiner Rasse gut auskennt und möglichst viele Hunde und deren Ursprung kennt, der kann auch im Stammbaum gewisse Muster erkennen. Bei manchen Zwingern zeigen die Nachkommen immer wieder ähnliche Verhaltensweisen. Weiß ich, dass in einer Linie immer wieder Nachwuchs mit Aggressionspoten-zial vorkommt, wäge ich ab, ob andere positive Anlagen überwiegen und entscheide demnach, ob es zu einem Deckakt zwischen einem solchen Rüden und meiner Hündin kommen soll.

Sind die Welpen auf der Welt, ist jeder einmal Boss und Prügelknabe. Bis sie mit 9 Wochen an den späteren Hundeführer abgegeben werden, wird allerdings unter anderem beobachtet und notiert, wie sich die einzelnen Vierläufer am Futter und Wild gegenüber Artgenossen verhalten. So können die späteren Besitzer frühzeitig fördern beziehungsweise dagegenwirken.

Die Sicht einer Stöberhundeführerin:

(Foto: Daniela Wardega)

Iris Wohlfahrt führt eine Stöberhundgruppe mit Parson Russel Terriern sowie einem Weimaraner und leitet die Jagdhundeschule Südharz. In ihren Augen liegt der Grundstein des Hundeverhaltens im genetischen Potenzial, der Frühprägung und der Haltung. Früher wurden Hundemeuten als Rudel im Zwinger gehalten. Diese Art der isolierten Haltung führte dazu, dass das eingespielte Team keine fremden Vierläufer duldete. Schon gar nicht, wenn es um Beute geht.

Gerade während der Ausbildungszeit sind viele verschiedene Sozialkontakte nötig. Die Vierläufer lernen, dass andere Hunde nicht einfach angepöbelt werden. Auch das Einmaleins des Grundgehorsams ist eine wichtige Basis für einen anständigen sozialen Umgang. Speziell beim jagdlichen Einarbeiten der jungen Hunde achtet Wohlfahrt darauf, dass sie einzeln und mit unterschiedlichen Vierläufern geschnallt werden. Nicht zuletzt muss der Stöberhundführer echte Führungsqualitäten besitzen. Nur so kann eine Gruppe harmonisch miteinander jagen.

Häufig beobachtet Wohlfahrt, dass gar nicht die Hunde problematisch sind, die bei der Jagd geschnallt wurden, sondern dass es die Vierläufer sind, die während des Treibens im Auto sitzen mussten und dann mit an den Streckenplatz geführt werden. Sie sind nicht ausgelastet und handeln aus Frust. Hier sind die Besitzer gefragt, vorausschauend zu agieren.

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