Meine Strecke ist in meinem Herzen
Walter Scheel war von 1974 bis zu seinem Ausscheiden 1979 deutscher Bundespräsident. So endete eine rund 30-jährige Karriere als Spitzenpolitiker. Doch Scheel war auch ein halbes Leben lang begeisterter Jäger. Der heute 92-Jährige erinnert sich.
Walter Scheel war von 1974 bis 1979 Bundespräsident. Doch war er auch begeisterter Jäger. (Foto: H. J. Nagel) |
Walter Scheel vor seinem Braunbären.(Foto: Hans Jörg Nagel) |
Bundespräsident Walter Scheel:
Scheel: Es war 1996 in den rumänischen Karparten. Im Revier des ehemaligen Staatspräsidenten Nicolae Ceausescu. Mein Jagdführer kannte den Ex-Diktator noch und machte einige Bemerkungen über dessen schwache Trefferquote. Am letzten Abend der Jagd kam der Bär spät aus einer Dickung. Ich hatte mir fest vorgenommen, ihn mit einem einzigen Schuss zu erlegen. Ich ließ ihn sehr nah kommen und schoss. Mein Jagdführer sprang sofort auf und schrie: Repetieren, repetieren, repetieren! Der Bär war aber längst mausetot. Noch heute höre ich die panischen Rufe des Rumänen, der nicht verstehen konnte, dass eine einzige Kugel einen Bären strecken kann.
Scheel: Die größte Freude hatte ich bei der Einzeljagd auf Bock und Hirsch. Vom Ansitz aus. Da war ich aber immer auf Einladungen angewiesen, da ich nie ein eigenes Revier besaß. Bevorzugt bin ich in heimatlichen Gefilden im Rheinland und meinem zweiten Zuhause, Maria-Alm zur Jagd gegangen. Niederwild habe ich wenig bejagt. Auf Drückjagden so manche Sau gestreckt.
Scheel: In fernen Ländern kaum. Mein jagdlicher Wirkungsbereich im Ausland begrenzte sich hauptsächlich auf die Schweiz, Österreich und später Ungarn.
oder -gewicht?
Scheel: Überhaupt keine. Mir ging es stets nur um das jagdliche Erlebnis. Ich war süchtig nach dem Gefühl eines Weidmanns. Meine Strecke trage ich bis heute in meinem Herzen.
Scheel: Leider nein. Als Spitzenpolitiker oder gar Bundespräsident ist die Freizeit sehr knapp bemessen.
Scheel: Natürlich wurde ich einige Male von Regierungschefs zur Jagd eingeladen. Fast überall sprachen wir zumindest darüber. Und wenn ich mit einem nichtjagenden Politiker über das Weidwerk diskutiert hatte, war der danach Jäger . . .
Scheel: Ein verantwortungsvoller! Respekt vor der Natur und dem Lebewesen sind für ihn selbstverständlich. Disziplin und Sachverstand gehören ebenfalls dazu.
Scheel: Ich habe mich nie für diese Leidenschaft geschämt und sie auch nach außen getragen.
Scheel: Richtig. Schon damals hatte ich in meine Leistungsfähigkeit kein volles Vertrauen mehr. Unter anderem nahm meine Sehkraft merklich ab. Man muss wissen, wann es vorbei ist.