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Kommentar: Bekanntes nicht immer umgesetzt

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Die Stürme „Vivian“ und „Wiebke“ haben 1990 auch in Deutschland große Waldflächen verwüstet. Sie hatten Vorgänger, etwa 1984, Nachfolger wie „Lothar“ 1999, und es werden weitere folgen.

Schon nach den Sturmwürfen 1984 (und früher) haben sich Forstverwaltungen Gedanken darüber gemacht, wie die durch Zuwachsen der Schadensflächen erschwerte Bejagung effektiver gestaltet werden könnte. Gehirnschmalz wurde aber vornehmlich für den Streit, ob der Nadelholz-, voran der Fichtenanbau, die Hauptursache der Schäden sei, verbraten. Nach „Lothar“ wurde diese Diskussion deutlich leiser – ab einer bestimmten Windstärke fällt halt jeder Baum um!

Bereits vor den großen Sturmwürfen haben manche Rechnungsprüfer aus wirtschaftlichen Gründen moniert, dass bei (Wieder)aufforstungen zu nahe an Waldwege gepflanzt wurde, weil die nach wenigen Jahren regelmässig freigeschnitten werden mussten. Es herrschte, so der Leiter einer Landesforstverwaltung, der „horror vacui“ – die Angst vor der Leere. Anders gesagt, man pflanzte jeden Quadratmeter zu. Das wurde nach den ersten großen Sturmwürfen sogar fortgesetzt; da konnten die vorgesetzten Behörden schreiben, was sie wollten.

Es war auch bekannt, dass Wege zwischen zwei Beständen bis zu einer Breite von acht (!) Metern keinen Zuwachsverlust nach sich ziehen, da die Randbäume schneller höhere Dimensionen erreichen. Trotzdem hat sich der Gedanke, Schneisen auf großen Freiflächen unbepflanzt zu lassen oder frei zu halten, nur zögerlich durchgesetzt.

Es geht dabei nicht nur darum, die Bejagung in künftigen Dickungen zu erleichtern und Äsungsmöglichkeiten für das Wild zu verbessern. Es geht auch um größere Artenvielfalt bei Pflanzen und Tieren durch den Randeffekt. Es geht weiter um tief gestaffelte und damit standfeste Waldränder und um einen besser strukturierten Wald.

Das in der Schweiz jetzt angelaufene und sogar gesetzlich festgeschriebene Verfahren ist endlich Teil des modernen, naturnahen Waldbaus geworden.(Peter Conrad)

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