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Stoffwechsel auf Sparflamme – „Ruhig Blut, Brauner!“

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Große Kälte, viel Schnee, wenig Nahrung – unser Schalenwild besitzt weder Vorratskammern noch Heizungen. Doch es hat andere Strategien, mit frostigen Wochen fertig zu werden.

 

Stoffwechsel auf Sparflamme
Unser wiederkäuendes Schalenwild ist im Winter zwei Belastungen ausgesetzt: Zum einen macht ihm ein Nahrungsengpass mit schlechterer Äsung zu schaffen. Zum anderen muss es mit einer großen Kältebelastung klarkommen, die einen höheren Energieeinsatz für die Wärmeproduktion nach sich zieht.
 
Energiesparen angesagt
 
Um es mit den winterlichen Herausforderungen aufzunehmen, haben Wildtiere im Laufe der Evolution vielfältige Anpassungsmechanismen entwickelt, wie beispielsweise Winterruhe und Winterschlaf.
 
Würden sie den Energieverbrauch nicht senken, könnten sie den Winter kaum überleben. Ausgelöst werden die Sparmaßnahmen durch sogenannte „photoperiodische Signale“, wie die Tageslänge, aber auch durch andere Faktoren, wie z.B. Verfügbarkeit und Qualität der Äsung. Diese leiten dann mit komplizierten hormonell  gesteuerten Umbauvorgängen beispielsweise die Ausbildung der Winterdecke und die Senkung des  Energieverbrauchs ein.
 
Eine Studie der Arbeitsgruppe um Prof. Arnold (Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien) lieferte wichtige Erkenntnisse zur Anpassung des Energiehaushaltes an die Wintersituation beim Rotwild. So wurde mit Hilfe eines Senders neben der Herzschlagfrequenz, die den Energieumsatz widerspiegelt, auch die Körpertemperatur im Unterhautfettgewebe gemessen. Daten zur Aktivität des Wildes und zu Witterung und Nährstoffgehalten der aufgenommenen Äsung vervollständigten die Studie.
 
Die Auswertungen der Pulsraten zeigten, dass der Gesamtenergieverbrauch im Spätwinter auf etwa 40 Prozent des Jahreshöchstwertes sank. Dies allein erklärte aber noch nicht den abnehmenden Energiebedarf.
 
Verborgener Winterschlaf
 
Ausschlaggebend ist auch, dass Rotwild, genau wie winterschlafende Arten, in der Lage ist, den Energieaufwand in Notzeiten für die Wärmeregulation zu senken. Dann werden die äußeren Extremitäten des Wildkörpers weniger durchblutet, Wärmeverluste an die Umgebung auf ein Minimum reduziert.
 
Die Temperaturabsenkungen um bis zu 15° Celsius in der dem Körperkern nah gelegenen Brustbeinregion treten überwiegend in (sehr) kalten Nächten und frühen Morgenstunden des Spätwinters auf. Dann treffen widrige Witterungsverhältnisse und zur Neige gehende Körperfettreserven zusammen. Während dieses „verborgenen Winterschlafes“ sind die Wildtiere vermutlich aufgrund ihrer klammen Läufe weniger aktiv.
 
Bekannt ist, dass die Stoffwechselaktivität von der Verdauungstätigkeit beeinflusst wird. Besonders bei Wiederkäuern kann die „Verdauungswärme“ zu einer erhöhten Stoffwechselrate führen. Dieser Energieaufwand unterliegt erheblichen jahreszeitlichen Schwankungen. So ist er am höchsten, wenn die geästen Pflanzen während der Hauptvegetationszeit (Frühling und Frühsommer) am meisten Eiweiß und Fett enthalten.
 
Zwar ist die rohfaserreiche Äsung im Winter schwerer zu verdauen, aber dessen Aufschluss übernehmen bei Wiederkäuern im Pansen befindliche Mikroorganismen. Das Wild muss hierfür keine zusätzliche Energie investieren.
 

 

Stoffwechsel auf Sparflamme
Längere Verdauung: Statt Klasse setzt Rehwild im Winter auf Masse und Zeit
Auf die Länge kommt es an
 
Auch das naschhafte Rehwild, das vorwiegend im Sommer qualitativ hochwertiges Pflanzenmaterial äst, zeigt ähnliche Anpassungsstrategien im Winter: reduzierte  Nahrungsaufnahme, Zunahme von rohfaserhaltiger Äsung und erhöhte Verweildauer des Pflanzenmaterials im Magen-/Darmtrakt. Eine Untersuchung von Holand und Staaland an norwegischem Rehwild zeigte, dass der Pansen im Winter um 40 Prozent mehr gefüllt war als im  Sommer. Dies dient als Ausgleich für die qualitativ schlechtere Winteräsung.
 
Im Vorfeld ermöglicht der frühe Termin der Blattzeit dem Rehwild, während des Herbstes genügend Fettdepots für die kalte Jahreszeit anzulegen.
 
Jagdliche Zurückhaltung
 
Für die jagdliche Praxis lassen sich zwei Schlüsse ziehen:
 
1. Beunruhigungen während der Winterzeit, besonders im Spätwinter, wirken sich drastisch auf das Wild aus, da sie die Anpassung des Wildkörpers an den Winter stören. Wegen der eingeschränkten Fluchtfähigkeit wird Rotwild nämlich nur in die „Winterstarre“ gehen, wenn es sich sicher fühlt. Wildbiologen fordern seit Langem eine Begrenzung der Jagdzeit auf Rot- und Rehwild bis Ende Dezember, um zumindest die jagdliche Ruhe zu gewährleisten. Auch indirekte Faktoren (Jagd auf andere Wildarten) und Freizeitaktivitäten können die Winterstrategie negativ beeinträchtigen.
 
2. Um den biologischen Anforderungen des Wildes gerecht zu werden, muss bei der Winterfütterung das Hauptaugenmerk auf eine artgerechte Futterauswahl gelegt werden. Eiweiß- und fettreiche Nahrung gaukelt dem Rotwild eine Sommersituation vor, die den durch die Nahrungsverdauung bedingten Energiebedarf steigen lässt. Wird er an der Fütterung nicht gedeckt, sind Verbiss- und Schälschäden durch Schalenwild programmiert.
 
Johanna Maria Hofmann
 

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