Flintenlaufgeschosse – Alternative oder Notbehelf?

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Von den Einen verteufelt, von den Anderen geliebt: Flintenlaufgeschosse sorgen in Jägerkreisen für hitzige Diskussionen. Eignen sich die dicken Brummer zum Strecke machen? Von Markus Lück

(Foto: Rafael Lapinski)

Bei Flintenlaufgeschossen ist die Entwicklung nicht stehengeblieben. Manche Hersteller bewerben die dicken Brummer heute mit maximalen Schussentfernungen von bis zu 100 Metern. Dies gilt allerdings nur für gezogene Flintenläufe, die in anderen Ländern üblich sind, bei uns aber keine Rolle spielen.

Unbedingt zu beachten ist, dass diese Spezialgeschosse nicht aus glatten Läufen verschossen werden dürfen. Doch auch mit Geschossen aus solchen Läufen kann man sicher bis 60 Meter hinlangen. Wichtig ist dabei vor allem, dass man zuvor das richtige Fabrikat für seine Waffe gefunden hat.

Wie gezogene Büchsenläufe, verdauen auch glatte Flintenläufe verschiedene Munition unterschiedlich gut. Bei glatten Läufen ist das sogar noch stärker ausgeprägt, da die Fertigungstoleranzen bei der Produktion von Schrotläufen größer sind als bei Büchsenläufen.

Jeder Lauf verdaut sie anders

Allgemein gilt: Es kann keine Aussage darüber getroffen werden, welcher Lauf welches Geschoss am besten verträgt. Hier hilft nur der Gang auf den Schießstand. Auch die immer wieder gehörte Aussage, „Flintenlaufgeschosse sind am präzisesten aus Läufen mit Zylinderchoke“, ist nur Halbwissen, denn es gibt dafür keinen Beleg.

Bei kombinierten Waffen kommt eine weitere Schwierigkeit hinzu — Kugellauf und Flintenlauf müssen zusammenschießen. Moderne Bockbüchsflinten oder Drillinge bieten Vorrichtungen, die Läufe zu justieren. Bei älteren Waffen gibt es diese Möglichkeit nicht. Hier gilt genauso wie für Flinten: Auf dem Schießstand müssen verschiedene Laborierungen getestet werden.

Auch mit der ältesten Flinte lassen sich Flintenlaufgeschosse verschießen — das richtige Kaliber vorausgesetzt. Die vorhandene Choke-Bohrung schließt keins der verfügbaren Geschosse aus. Denn sie sind so konstruiert, dass sie mit jeder Würgebohrung abgefeuert werden können. Die weit verbreitete Meinung, dass die Rippen am Kopf von Flintenlaufgeschossen für Rotation sorgen sollen, ist schlichtweg falsch. Sie dienen nur dem Zweck, dass das Geschoss nach sicherer Führung durch den Lauf sich ausreichend verformen kann, um den Choke zu passieren.

Trotz fehlender Drallstabilisierung sind die dicken Brummer bei richtiger Wahl präzise. Hersteller geben für ihre Geschosse Streukreise von 2–8 Zentimetern auf eine Schussentfernung von 50 Metern an. Sie liegen damit deutlich über der „Langenhagener Norm“. Sie fordert für Flintenlaufgeschosse auf 50 Meter einen Streukreis von maximal 10 Zentimetern aus glatten Läufen.

Oben ohne nur auf Nahdistanz

Nicht nur auf das Geschoss, auch auf die Visiereinrichtung kommt es an. Genauso wie für den gezielten Büchsenschuss, benötigt man auf dem Flintenlauf ein Glas oder Rotpunkt, um auf weitere Entfernung präzise zu schießen.

Ebenso selbstverständlich wie Zielfernrohre auf kombinierten Waffen geführt werden, fehlen sie bei Flinten. Und da liegt oft der Fehler: Das Korn der Flinte reicht eben nicht, um auf 50 Meter einen Frischling sicher zu treffen. Die Flinte „oben ohne“ ist auf der Drückjagd also maximal ein Notbehelf.

Die „umwerfende“ Wirkung von Flintenlaufgeschossen wird von Hundeführern sehr geschätzt (Foto: Michael Migos)

Eine weitere Schwierigkeit kommt bei Schüssen auf bewegtes Wild hinzu: Das Vorhaltemaß ist viel größer als bei einer Büchse. Genau das unterschätzen viele Jäger und liegen mit ihren Treffern zu weit hinten. Wer mit Flintenlaufgeschossen auf Drückjagden Strecke machen will, sollte vorher ausgiebig auf dem Stand üben, damit bekannt ist, wie weit vorgehalten werden muss.

„Bum und um“

Flintenlaufgeschosse wirken bei guter Platzierung umwerfend. Durch den großen Durchmesser werden im Gegensatz zu Büchsengeschossen schon auf der Einschussseite starke Verwundungen verursacht. Die Fluchten der beschossenen Stücke fallen deshalb oft kurz aus, bzw. entfallen ganz. Doch auf Ausschuss muss man nicht verzichten.

Zwingende Voraussetzung dafür ist aber, dass das verwendete Geschoss hart genug ist. Weiche Projektile vergrößern ihren ohnehin schon sehr großen Geschossdurchmesser durch Verformung und verlieren dabei den Großteil ihrer Energie. Sie stecken oftmals auf der Ausschussseite unter der Schwarte oder bleiben bei Knochentreffern stecken. Das kann bei Hundeführern gewollt sein. Für einen Standschützen ist es aber sicher nicht optimal. Leider ist die Härte der FLG nicht auf der Verpackung angegeben. Das wohl am meisten diskutierte Problem der dicken Brummer ist ihre Neigung zu Abprallern.

Wer FLG´s einsetzen will, muss also im Vorfeld einige Dinge wissen und ausprobieren. Dann kann es durchaus zusammenpassen, wenn sich der Jäger in der Entfernung beschränkt.

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