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Winchester 70 Classic

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Kürzer und dicker. Das sind die Kennzeichen der neuen Winchester Short Magnum Patronen. Die .270 WSM wurde in der Praxis in einem Winchester Repetierer Modell 70 Classic Laminated getestet.

Von Roland Zeitler

Winchester 70
Winchester 70 Classic Laminated in .270 WSM.

Winchester Ammunition ist mit der Entwicklung der Winchester Short Magnums (WSM) ein großer Wurf gelungen. Der „Normaljäger“ braucht keine Supermagnums für unrealistische Weitschüsse, sondern eine ausgewogene und präzise Universalpatrone, die er handhaben kann. Genau das erfüllen die Kurzmagnums.

U.S. Repeating Arms (Winchester) fertigt neben anderen Herstellern wie Blaser, Browning, Ruger, Kimber, Tikka, Sako, Ultra Light Arms oder HS-Precision einige Repetierermodelle für die WSM-Kaliber. Für den Test stand der Repetierer Modell 70 Classic Laminated in .270 WSM zur Verfügung.

Wer einen vernünftigen Winchester Repetierer in altbewährter Ausführung will, sollte zu einem Classic-System nach Art pre-64 greifen. Unsere Testwaffe basiert auf dem System Modell 70 Classic, das praktisch zum großen Teil ein pre-64er System darstellt. Es wurde in der Länge den neuen Short Magnums angepasst. Es ist sieben Zentimeter kürzer als das Standardsystem (Länge 23,5 Zentimeter) wie es beispielsweise für die .270 Win. gefertigt wird.

Gewicht wird dadurch aber kaum gespart. Das Kurzsystem ist 165 Millimeter lang, der Hülsenkopf 35 Millimeter breit. Das drei Patronen fassende Kastenmagazin aus vernickeltem Stahlblech ist innen 77 Millimeter lang. Damit bleibt Spielraum für ein Geschoss der laut Nomenklatur nur 72,64 Millimeter langen WSM-Patrone. Das Magazin fasst die dicken Patronen spielend.

Am Schlösschen sitzt rechts die horizontale Dreistellungssicherung nach Art Winchester 70. In hinterster Stellung blockiert sie direkt den Schlagstift und sperrt die Kammer. In mittlerer Stellung kann gefahrlos entladen werden. Die geräuscharme Sicherung lässt sich gut bedienen. Hält man beim Entsichern den Sicherungsflügel mit zwei Fingern, funktioniert das sehr geräuscharm.

Allerdings: Ein unbeabsichtigtes Entsichern beim Hängenbleiben kann nicht vollkommen ausgeschlossen werden, weil der Sicherungsflügel selbst nicht gesichert ist. Mir ist das allerdings in mehr als zehn Jahren kein einziges Mal passiert.

Die Hülse ist kräftig dimensioniert und verwindungssteif. Sie ist unten flach und beinhaltet einen massiven Rückstoßstollen am Hülsenkopf.

Hoher Abzugswiderstand

Der Abzug ist höchst simpel und damit robust und unverwüstlich. Er besteht lediglich aus ein paar Teilen: Abzug, Abzugsfeder mit Führungsstange und Muttern sowie Abzugsstange. Mittels zweier Muttern kann der Widerstand in engen Grenzen reguliert werden.

Bei der Fabrikeinstellung brach der Abzug bei rund drei Kilogramm (30 N), was unakzeptabel ist. Ich habe ihn auf 1200 Gramm (12 N) einjustiert. Da er sehr trocken steht, ein praxisgerechter Wert, der bei hoher Sicherheit präzise Punktschüsse zulässt.

Wer einen Spitzenabzug will, sollte sich einen Jewell-Trigger einbauen. Es ist der heute wohl beste Abzug auf dem Weltmarkt, der sich von 20 bis 2000 Gramm im Widerstand verstellen lässt.

Kostensparend: Abzugsbügel und Magazindeckel bestehen aus zwei Aluminiumteilen. Mittels Druckknopf vor dem Abzugsbügel kann der Magazindeckel geöffnet werden. Damit hatte ich bisher keinerlei Probleme, wenngleich die Entriegelung etwas Fingerspitzengefühl erfordert. Der Abzugsbügel ist gerade groß genug, um ein Abziehen mit Handschuhen noch zu gewährleisten.

In den Hülsenkopf wurde ein 61 Zentimeter langer, birnenförmiger Jagdlauf von mittlerer Kontur geschraubt. Der Mündungsdurchmesser misst 15 Millimeter. Auf dem Lauf brachte man mittels Schrauben und Kleber ein offenes Visier an (zumindest bei der Ausführung für Europa): hässlich, aber praktisch für einen präzisen Schuss.

Die aufklappbare Kimme auf dem Sattel ist so hoch, dass man im bequemen Anschlag die offene Visierung wie ein Zielfernrohr nutzen kann. Das Kimmenblatt lässt sich in der Höhe verschieben und die ganze Kimme im Schwalbenschwanz seitlich. Sicherungsschrauben und weiße Markierungen sind vorhanden. Das Visier lässt sich also exakt einschießen.

Auf dem Kornsattel sitzt ein buntmetallhinterlegtes Rundkorn. Es passt gut in den halbrunden Kimmenausschnitt. Da genug Licht zwischen Kimme und Korn steht, ist es auch bei schlechterem Licht brauchbar. Das Korn ist durch einen Korntunnel geschützt. Unbeabsichtigtes Abziehen verhindern zwei Einkerbungen. Wer am Korn hängenbleibt und gewaltsam die Waffe wegreißt, kann den Korntunnel aber trotzdem lockern oder sogar abziehen. Achtung: Die Visierung eignet sich nicht zum flüchtigen Schießen.

Schichtholzschaft

Als Schaft wählte man einen robusten Schichtholzschaft in dunklem Ton. Zahlreiche verschiedene Holzschichten wurden unter Hochdruck miteinander verleimt. Schichtholzschäfte sind schwer, haben aber den Vorteil von Beständigkeit, auch unter verschiedenen Klimabedingungen. Sie verziehen sich kaum im Laufe der Zeit, und konstante Schussleistung ist ein Vorteil. Ferner sind sie sehr robust und bruchsicher.

Der glatte Schaft wurde wetterfest matt lackiert. Er hat keine Fischhaut, die sicherlich die Griffigkeit und Rutschsicherheit erhöhen würde. Der backenlose Hinterschaft hat einen geraden Schaftrücken (ideal für Schuss über Zielfernrohr), einen recht steilen Pistolengriff und schließt mit schwarzer, dicker Gummischaftkappe nach Zwischenlage ab.

Der Vorderschaft lässt sich gut greifen. Die Hinterschaftlänge entspricht mit 36 Zentimetern amerikanischem Standard, ist aber kürzer als bei europäischen Waffen. Mir ist das lieber, weil ich guten Wangenkontakt suche und beim Schießen den Kopf leicht nach vorne neige: für meine Anschlagsgewohnheit und mittelgroßen Finger ein idealer Schaft.

Das System liegt teilweise auf einer Kunststoffbettung auf. Diese wurde recht schlampig ausgeführt. Im Bereich von Hülsenkopf- und –schwanz wurde kunststoffgebettet. Leider weist das Laufbett des Vorderschaftes starke Unebenheiten auf: teilweise starke, verharzte Lacktropfen. Bestimmt sollte der Lauf darin freischwingend liegen, aber: Über einen großen Teil im vorderen Drittel lag der Lauf satt auf dem Schichtholz auf und wird stark gedrückt. Von gewolltem Druckpunkt kann da keine Rede sein. Nach mehrmaliger Systemeinpassung in den Schaft gab die Laufanlage etwas nach.

Auf der Hülsenbrücke und dem –kopf wurde mittels EAW-Schwenkmontage ein Browning-Zielfernrohr 3-9×40 montiert. Die Montage bewährte sich gut. Sie gewährleistet gleichbleibende Treffpunktlage nach Ab- und Aufsetzen des Zielfernrohrs.

Das Zielfernrohr selbst war allerdings von minderer Qualität und konnte nicht überzeugen. Offensichtlich wurden Rohr und Okular aus mehreren Teilen zusammengesetzt. Die Bildqualität war mäßig. Krone des Elends war das Absehen: ein Plex-Absehen, bei dem man einfach die obere Fadenverdickung wegließ, um so ein 4er-Absehen vorzutäuschen. Der Faden wies zudem Unreinheiten auf. Fazit: eine Optik, die sich zur gelegentlichen Jagd bei noch gutem Licht bis in die Dämmerung hinein eignet. Im Kurztest war sie schussfest.

Die Butler Creek Schutzkappen mag ich nicht. Grund: Unbeabsichtigtes Öffnen der Kappen ist eher die Regel als die Ausnahme.

Leider befindet sich die vordere Riemenbügelöse am Vorderschaft, was dem bequemen Tragen nicht gerade entgegenkommt. Trotzdem hatte ich keine Probleme beim Führen der Waffe¡.

Schussleistung und Fazit

Die 112 Zentimeter lange Büchse wiegt immerhin schwere 3,64 Kilogramm. Damit eignet sie sich bestens für den Ansitz, aber auch für Pirschgänge in Mitteleuropa. Eine Gebirgswaffe ist es nicht. Vorteil des hohen Gewichts: geringer Rückstoß und Waffenhochschlag. Die Waffe lässt sich sehr angenehm schießen.

Der Abzugswiderstand dürfte durchaus rund 400 Gramm geringer sein. Die Funktion war zuverlässig und problemlos, der Schlossgang weich und verkantungsfrei. Damit ist schnelles Repetieren möglich. Der kurze Verschlussweg ist ebenfalls angenehm.

Die Waffe mit sehr guter Balance liegt gut im Anschlag. Das bringt Vorteile beim angestrichenen, liegenden oder stehend freihändigen Schuss.

Sie wurde zunächst mit den Winchester Fabriklaborierungen mit 130 Grains Ballistic Silvertip und 140 Grains Fail Safe Geschossen geschossen. Beide stellten nicht zufrieden, weder aus kaltem noch aus warmem Lauf. Die Schussleistung war mit 6,3 und 6,9 Zentimetern bei fünf Schuss auf 100 Meter mangelhaft.

So wurde es mit einer Handladung mit 140 Grains Nosler B.T. versucht (H 4350, 58 grs, CCI BR2). Die ersten vier Schuss lagen auf acht Millimeter zusammen. Der fünfte Schuss öffnete den Streukreis auf 22 Millimeter und das aus warmem Lauf bei schneller Schussfolge.

Weitere Schussbilder mit dieser Handladung erbrachten 18 und 23 Millimeter Streuung: eine hervorragende Leistung. Bei einem Preis von 1099 Euro wird vom Prinzip her ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis geboten. Allerdings sollte die Firma mehr Wert auf eine Endkontrolle legen. Schaftanlage am Lauf und lose Systemschrauben (so wurde Waffe geliefert!) sowie schlecht eingesetzter Magazinkasten und beinharter Abzug müssen nicht sein. Die Visierung ist überflüssig.

Vergleichbare Büchsen in den WSM-Kalibern gibt es von Browning, Ruger und Kimber. Auch die Blaser R93 ist in .270 und .300 WSM erhältlich.Foto: Roland Zeitler

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Standard- und Kurzsystem
Zum Vergleich: Standardsystem für .270 Win. (oben Stainless) und Kurzsystem .270 WSM (unten).
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