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Ganzjährige Ablenkungsfütterungen – Das Tischlein stets gedeckt …

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Über flächendeckende Ablenkfütterungen für das Schwarzwild wird heftig diskutiert. Der Berufsjäger des DJZ-Testreviers berichtet über seine Erfahrungen.

 

Ablenkfütterung
Mitten im Wald liegt dieser Wildacker. Auch eine gute Möglichkeit, Sauen von Feldfrüchten abzulenken
Als die Deutsche Jagd-Zeitung (DJZ) 2005 das neue Testrevier in Bad Camberg-Würges übernahm, fanden wir einen sehr hohen Schwarzwildbestand vor. Der Gedanke, zunächst einmal das Revier kennenzulernen und erst im Folgejahr eine Drückjagd abzuhalten, wurde aufgrund der immensen Feldwildschäden schnell verworfen. Zuvor waren Feld und Wiesenschäden in einer Höhe von 10 000 Euro keine Seltenheit. Spitzenwerte lagen bei über 15 000 Euro. Trotz intensivem Bejagen der Sauen in der Feldmark kamen wir 2005 nicht unter 7 000 Euro Wildschaden. Und dies, obwohl im selben Jahr 166 Stück Schwarzwild zu Strecke kamen.
 
Auch in den Folgejahren wurden die Schwarzkittel scharf bejagt, um den Grundbestand zu senken. Dies gelang auch, was die Strecken von 2009 mit 61 Sauen und von 2010 mit 90 Sauen belegen. Zielgerichtete  Bewegungsjagden zur Bestandsregulierung müssen Hand in Hand gehen mit stetigem Jagddruck im Feld und größtmöglicher (Jagd-)Ruhe im Wald.
 

 

Ablenkfütterungen
Einarbeiten geringer Maismengen in den Waldboden
Hilfsmittel Ablenkfütterung?
 
Das dritte Standbein einer effektiven Wildschadensabwehr im Feld durch Schwarzwild sind Ablenkungsfütterungen im Wald. Dort, wo sie fachgerecht betrieben werden, sind sie entscheidend, um Feldwildschäden beinahe auf Null zu bringen. Wir hatten im Jahr 2010 bei einer Sauenstrecke von 90 Stück nicht einmal im Mais Probleme. Lediglich Dachse sorgten für Bagatellschäden. Die Zahlungen auf 650 Hektar  Feldfläche im „Goldenen Grund“ beliefen sich mit denen des Rotwildes insgesamt auf rund 700 Euro. Soweit unsere Erfahrungen mit Ablenkungsfütterungen im Wald, um Feldwildschäden zu minimieren.
 
Das für uns zuständige Forstamt Weilmünster ist Gegner der Ablenkungsfütterungen. Dies begründet es wie folgt: Ablenkungsfütterungen locken verstärkt Rotwild an, in dessen Folge es zu gravierenden Schälschäden im Wald wegen der Maisfütterung käme. Dem ist aber nach unseren Erfahrungen nicht so: Zu erhöhter Schälaktivität kommt es, wenn sich Rotwild im Winter den Pansen mit Mais oder Getreide füllt, weil dies zur Übersäuerung führt. Um eine Übersäuerung des Pansens zu erreichen, müsste man das Rotwild täglich mit mehreren Zentnern Mais füttern.
Rotwildsichere Maisgaben
 
Natürlich sucht wiederkauendes Schalenwild Ablenkungsfütterungen für Schwarzwild gern auf, ebenso Kirrungen. Hier gilt es, den Mais so auszubringen, dass Rot-, Muffel- und Rehwild ihn nicht aufnehmen können. Dass bisweilen einzelne Körner neben die Abdeckung fallen, lässt sich kaum verhindern. Dies ist aber zu vernachlässigen, zumal solche Maiskörner in aller Regel sofort von Eichelhähern, Ringeltauben oder anderen Vögeln aufgenommen werden, bevor sich ein Stück Schalenwild einfindet.
 

 

Von Feld und Wiesen abgelenkt
 
Die Fütterungsstellen sollten bei jedem Wetter erreichbar sein, aufgrund möglicher Unruhe jedoch nicht direkt in Wegesnähe liegen. Schwarzwild wird rasch tagaktiv, wenn es in Ruhe gelassen wird. Sind Einstand und Fraß vorhanden, bleiben die Familienverbände recht gebietstreu. Dasselbe gilt für mehrjährige Keiler. Im Unterschied zu Kirrungen dürfen Ablenkungsfütterungen ruhig am Rand von Äsungsflächen und Einständen liegen. Man kann an solchen Stellen die Sauen stundenlang beobachten, wie sie zwischen Ablenkungsfütterung und Grünäsung hin- und herpendeln. Häufig legen sich die Bachen direkt auf die Fütterung und säugen ihre Frischlinge.
 
Mit den Ablenkungsfütterungen, die ein Ort des Wohlbefindens sind, verringert man also aktiv den Aktionsradius und hält die Sauen im Wald. Hat eine Rotte dann im Feld einmal „Feuer“ bekommen, kehrt sie dorthin so schnell nicht wieder zurück. Dass Ablenkungsfütterungen einen größtmöglichen Abstand zum schadensgefährdeten Feld haben müssen, ist selbstverständlich.
 
Die Fütterungen werden täglich und ganzjährig beschickt. Hier stellt sich die Frage: Weshalb ganzjährig? Nun, Schwarzwild muss sich daran gewöhnen, einen Ort zu haben, wo es etwas Fraß findet und gleichzeitig Ruhe hat. Es ist nicht sinnvoll, mit dem Füttern kurz vor der Getreidereife anzufangen und danach wieder aufzuhören. Entscheidend für eine effektive Wirkung der Ablenkungsfütterungen ist der Gewöhnungseffekt. Darüber hinaus will ich die Sauen nicht nur aus reifenden Getreidefeldern heraushalten, sondern ebenso aus Raps-, Kartoffel- und Rübenäckern und natürlich aus Wiesen.
 

 

Ablenkfütterungen
So sahen die Wiesen aus, bevor im DJZ-Testrevier ganzjährige Ablenkfütterungen eingeführt wurden
Wiesenschäden und Winterfütterung
 
Ist es aber nicht so, dass man aufgrund der ganzjährigen Ablenkungsfütterungen die Sauen, vergleichbar mit Eichel- und Buchenmast, in die Wiesen treibt und somit Grünlandschäden provoziert? Im DJZ-Testrevier finden sich lediglich in Teilbereichen, die jagdlich beruhigt sind, solche Wiesenschäden. Diese Grünflächen haben wir zentral angelegt, um insbesondere Rotwild die Möglichkeit zu geben, auch außerhalb Waldes Äsung aufzunehmen.
Dass davon das Schwarzwild profitiert und sich hier tummelt, liegt auf der Hand. Die Schäden muss man als feste Größe akzeptieren. Dafür bleiben aber alle anderen Flächen weitgehend unversehrt. Ein weiterer Grund für  ganzjährige Ablenkungsfütterungen ist die Winterfütterung während der Notzeit. Gerade der vergangene Winter, ohne Eichel- oder Buchenmast und mit steinhart gefrorenem Boden, hat speziell den geringen Sauen zugesetzt. Viele Frischlinge standen tagsüber an den Fütterungen und hatten eine Fluchtdistanz von nur wenigen Metern. In solchen Extremwintern nicht zu füttern, nennen „Experten“ natürliche Auslese. Ich bezeichne es als Sauerei. Wer erinnert sich noch an den Vers: Das ist des Jägers Ehrenschild…? Davon rückt so mancher leider ab.
 
Herrscht keine Not, insbesondere in Mastjahren, ziehen Sauen lieber ins Gebräch nach Eicheln und Bucheckern. Jeder weiß, dass Fütterungen und Kirrungen dann schlagartig verwaist sind.
 
An das tägliche Beschicken der Fütterungen gewöhnt sich das Wild schnell und lernt, gut und böse zu  unterscheiden. Im Klaren muss sich der Jäger darüber sein, dass Ablenkungsfütterungen sehr viel Arbeit bedeuten. Denn es ist sinnlos, Mais oder Getreide auf eine Stelle zu kippen. Der Mais muss akribisch und weiträumig im Boden vergraben oder unter Hölzern versteckt werden. Übrigens: Je weniger Mais man ausbringt, desto penibler ist diese Menge an der Futterstelle zu verteilen. Denn Ziel ist es, Schwarzwild hier möglichst lange zu beschäftigen.
 
Im DJZ-Testrevier haben wir die Schwarzwildstrecken mittels zweier Drückjagden pro Jagdjahr nahezu halbiert und mit Hilfe der Ablenkungsfütterungen – dazu zählen auch Wildäcker – die Wildschäden auf ein nie dagewesenes Minimum gesenkt. Ist es nicht das, wonach jeder strebt?
 

 

Futtertrommeln und Pendeltore
 
Die Anzahl der Fütterungen richtet sich nach Revierstruktur und Schwarzwildbestand. 1–2 Fütterungen pro 100 Hektar Waldfläche sind nicht zu unterschreiten. Für Jäger mit wenig Zeit haben sich sogenannte Beschäftigungstrommeln bewährt. Fütterungen hinterm Zaun mit Pendeltoren taugen nur bedingt. Denn sie müssen ständig kontrolliert und repariert werden. Zudem bedeutet dies noch mehr Zäune im Revier! Und das sollte der Heger vermeiden. Für Kirrungen sind solche Einfassungen völlig unbrauchbar. Man stelle sich bloß die Panik innerhalb eines Zaungatters nach einem Schuss vor.
 
Neben Ablenkfütterungen haben auch attraktiv bestellte Wildäcker eine wichtige Funktion, um Sauen im Wald zu binden. Sie haben den großen Vorteil, für den Heger nicht so arbeitsintensiv zu sein wie die Ablenkfütterungen.
 
 
Revieroberjäger
Erich Kaiser
 

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