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Alle wollen in die Natur – Auch im Wald gibt es Spielregeln

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Mehr Menschen mit mehr Freizeit. Die Natur leidet unter dem zunehmenden Druck der Gesellschaft. Verhaltensregeln und Verständnis für Wald und Wild fehlen. Das ist auch im DJZ-Testrevier zu spüren.

 

Alle wollen raus in die Natur
Überfüllter Waldparkplatz: Alle wollen raus in die Natur
Ob Waldbesitzer, Landwirte, Förster, Naturnutzer, Naturschutzverbände oder Jäger – alle haben ihre Vorstellung von einer heilen „grünen Welt“. Immer mehr Menschen haben immer mehr Zeit, und ein Teil dieser Zeit wird in der Natur verbracht. Das ist eigentlich eine schöne Sache, wenn man gewisse Spielregeln einhält. Die Realität sieht leider anders aus: Der Spaziergänger beklagt sich über die Mountainbiker, der Radfahrer über die Hundebesitzer, die Hundehalter schimpfen über die Reiter, Landwirte und Förster über die Jäger, die Jäger über die Naturschützer, die Tierschützer über die Angler und alle über die Politik. Jeder gegen jeden.
 
Die Ansprüche der Bevölkerung an die Natur scheinen unbegrenzt und oft maßlos. Dass aber Wildtiere ebensolche Ansprüche haben, die lebensnotwendig und seit tausenden von Jahren gleich sind, scheint die Masse der modernen Naturnutzer vergessen zu haben. Wir Jäger wissen das.
 
 

 

Alle wollen in die Natur
Und das bleibt übrig: Häufig wird in Feld und Flur Müll entsorgt, manchmal säckeweise
Jäger, macht den Mund auf!
 
Manchmal kommt man sich vor, wie Don Quijote und Sancho Panza, die gegen mächtige Windmühlen reiten. Wenn nicht wir Jäger, wer dann soll Initiative für unser Wild, deren Lebensraum und die Jagd ergreifen. Auch jede noch so kleine positive Handlung hilft, das Verständnis für Wild und Jagd zu wecken und zu stärken. Hierzu bedarf es in erster Linie einer Aufklärung der oft naturfremd gewordenen Bevölkerung.
Im DJZ-Testrevier in Bad Camberg (Hessen) beginnt die Aufklärung schon damit, dass wir bei den Jüngsten, Kindergarten- und Grundschulkindern, anfangen und mit den Lehrerinnen Waldführungen organisieren. Es ist schön zu beobachten, wie interessiert „unsere Kleinen“ sind. Kinder, die mehrere Waldführungen miterlebt haben, werden dem Thema Wild und Jagd als Erwachsene aufgeschlossen gegenüberstehen. Wie hoch das Interesse an der Jagd und an der genutzten Natur ist, zeigt sich in der großen Nachfrage von Kindergärten und Schulen an solchen Führungen. Wie man sich danach auch noch im Unterricht damit beschäftigt und wie dankbar man ist, dass man sich um die Jugend kümmert, zeigt ein 2 Meter großes Bastelbild – ein Geschenk der Grundschule Würges. Natürlich bieten wir auch Waldführungen für Erwachsene an.
 
Aber auch offene und freundliche Gespräche mit Waldbesuchern steigern bei vielen Menschen das Verständnis für die Jagd. Grundvoraussetzung hierfür ist jedoch, dass ich zum Beispiel nicht mit meinem Geländewagen an Spaziergängern vorbeidonnere und sie vollstaube. Ferner beginne ich jedes Gespräch damit, dass ich mich erst einmal vorstelle, meine Funktion erläutere und frage, ob ich die angesprochenen Passanten kurz stören dürfte. Sie werden erleben, dass Sie in den meisten Fällen ein offenes Ohr finden. Viel besser als mit: „Runter vom Pferd oder ich zeige Sie an!“
 
Mit solchen Gesprächen erreiche ich eine Art Lenkung der Waldbesucher. Vielleicht nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist sehr schwer, die Menschenmassen, die zu allen Tages- und Nachtzeiten in den Wald strömen, in irgendeiner Weise zu kanalisieren.
 
Nach dem Motto „viel hilft viel“, müssen wir jede Gelegenheit nutzen, die sich bietet. Hierzu benötigen wir in den meisten Fällen die Zustimmung und aktive Mithilfe des Waldbesitzers und der zuständigen Forstbehörde. Stößt man hier schon auf fehlende Resonanz und Unterstützung, ist viel verloren.
 

 

Alle wollen in die Natur
Schnappschuss garantiert. Wie der Hirsch sich dabei fühlt, ist egal
Wirkungslos, ohne Kontrollen
 
Im DJZ-Testrevier haben wir einige Schilder „Wildruhezone – Bitte nicht betreten“ an bestimmten Stellen  aufgehängt. Die, die nicht gestohlen wurden, erfüllen ihre Aufgabe. Zumindest manchmal.
 
Die Anordnung der Gemeinde Bad Camberg über einen Leinenzwang für Hunde mit einer teilweisen Beschilderung des Waldes ist zwar löblich, der Effekt aber gleich null, da es weder von der Gemeinde noch von der zuständigen Forstbehörde irgendwelche Kontrollen gibt. So steht „Jäger Bumann“ wieder alleine da.
 
Aber es gibt auch einfache Hilfsmittel, die eine große Wirkung haben können. Wenn Äsungsflächen zum Beispiel zu Wegen hin durch einen Sichtschutzstreifen geschützt sind, ziehen sie weniger das Interesse der  Waldbesucher auf sich. Auch das Fällen unterständiger, vom Förster markierter Bäume über „belaufene Rückegassen“ in den Kerneinstandsgebieten hat durchaus nennenswerte Wirkung, um Waldbesucher auf den  Wegen zu halten.
 
Bei dem Großteil der naturnutzenden Bevölkerung tragen solche Maßnahmen Früchte. Sehr viel komplizierter  wird es, wenn wir auf Extreme stoßen, die leider zunehmen: Motor-Paragleiter, die direkt über den Baumkronen segeln und das Wild in Panik versetzen. Menschen, die ihre Hunde im Wald frei laufen lassen, obwohl sie wissen, dass der Vierläufer ständig hinter Wild herhetzt. Motocross- und Freizeit-Quadtfahrer, Reiter und Querfeldeinläufer, die bis weit in die Nacht mit Taschenlampen und Scheinwerfern fernab der Wege durch die  Wälder brummen. Hier hat der Jäger meistens nicht einmal die Chance auf ein klärendes Gespräch, da diese Gruppen „Reißaus nehmen“ oder man erst gar nicht an sie herankommt.
 
In solchen Härtefällen hilft dann auch nur das Sammeln von Informationen, Erstellen von Beweisfotos und im bestätigten Verdacht eine Anzeige beim Ordnungsamt oder der Polizei.
 
Wir dürfen nicht nachlassen, vorbildlich in der Natur zu wirken und jederzeit gesprächsbereit zu sein. Denn  letztlich geht es uns um unser Wild, für das außer den Jägern wohl niemand mehr Partei ergreifen will.
 
 
Erich Kaiser
 

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