Heft 02/2011
Die Haenel Jäger 10 fand sofort reges Interesse beim Fachpublikum. Nicht nur wegen der gelungenen Aufmachung, sondern vor allem der Preis von unter 1 000 Euro rückte den Repetierer in den Blickpunkt.
Von Norbert Klups
|
Der Kammerstängel wirkt etwas dünn. Die Sicherung liegt griffgünstig rechts am System. (Foto: Norbert Klups) |
Preisgünstige Repetierbüchsen gibt es reichlich, doch die kommen in der Regel aus den USA oder Fernost. Der Haenel-Repetierer wird dagegen in Suhl gefertigt und ist auf den Geschmack deutscher Jäger abgestimmt. Der Preis: 949 Euro. Für dieses Geld ist aber eine Handspannung oder eine Wechsellaufmöglichkeit kaum zu erwarten.
Zurzeit (Stand Februar 2011) gibt es den Jäger 10 nur in einer einzigen Modellvariante. Lediglich zwei verschiedene Lauflängen werden je nach Kaliber verwendet. 56,5 Zentimeter für die Standard- und 61,5 Zentimeter für die Magnumkaliber.
Schlank und rank
Die Jäger 10 hat eine ausgesprochen schlanke Silhouette. Völlig anders, als die geraden maschinengerechten Aufmachungen vieler preiswerter Büchsen, denen man die Fertigung auf CNC-Maschinen ansieht. Die weitgehend geschlossene Systemhülse ist elegant und geht fast nahtlos in den Lauf über.
Der Schaft hat einen geraden Rücken und eine langgezogene deutsche Backe. Der Pistolengriff verfügt über eine rechtsseitige Verdickung.
Lauf und Schaft sind sehr schlank gehalten, was der Waffe ein schnittiges Aussehen verleiht. Auffällig ist der recht lange und dünne Kammerstängel, der nach hinten gebogen ist. Er macht einen etwas „schwächlichen“ Eindruck. Das Magazin, oder genau genommen die Magazinbodenplatte, ist so breit wie der Schaft. Um das Magazin bündig einzulassen, hat der Schaft einen entsprechenden Ausschnitt. Durch das in den Schaft eingreifende Magazin wirkt die Büchse im Bereich des Systems noch schlanker. Eine gelungene optische Täuschung. Bis auf die Kammer sind alle Metallteile matt schwarz brüniert. Diese Oberfläche erwies sich als etwas kratzempfindlich.
Verschluss
|
Kammer mit 6 Warzen (Foto: Norbert Klups) |
Er verriegelt über sechs große Warzen am Kammerkopf, die in zwei Reihen angeordnet sind. Hinter drei großen Verriegelungswarzen vorn liegen noch drei kleinere Warzen. Auszieher und Ausstoßer sind ebenfalls am Kammerkopf angeordnet. Der Kammerkopf ist ein separates Teil und mit der Kammer verschraubt. Der Schlosshalter sitzt an der linken Seite des Systems und ist als leicht zu bedienende Drucktaste ausgeführt.
Der Öffnungswinkel beträgt nur 60 Grad, wodurch eine sehr flache Zielfernrohrmontage möglich ist. Die Jäger 10 lässt sich sehr weich und schnell repetieren, die Kammer läuft verkanntungsfrei im System.
Im gespannten Zustand ragt die Schlagbolzenmutter aus dem gut vor Staub geschützten Schlösschen nach hinten heraus. Der Schütze kann den Spannzustand sofort erkennen.
Die Hülsenbrücken sind bereits mit Gewindelöchern für die Zielfernrohrmontage versehen. Die Testwaffe hatte eine Montageschiene für die Haenel-Schnellspannmontage.
Abzug
|
Abzug mit Sicherung (Foto: Norbert Klups) |
Der Abzug der Haenel verfügt über einen Rückstecher, ist aber auch ungestochen brauchbar. Er löste trocken bei 1 600 Gramm Abzugsgewicht aus. 300–400 Gramm weniger wären optimal für Bewegungsjagden, aber hier lässt sich mit etwas Einstellarbeit nachbessern. Er entsticht automatisch beim Öffnen der Kammer. Das Abzugszüngel steht ganz hinten im Abzugsbügel. Damit ist Platz auch für die Bedienung mit Handschuhen. Abzugsbügel und Magazinhalterung bestehen aus Kunststoff und sind aus einem Stück gefertigt.
Das Magazin besteht aus einem Stahlblechkörper, der auf eine große Bodenplatte aus Kunststoff aufgesetzt ist. Auch der Zubringer ist aus Kunststoff. Das Magazin fasst drei Patronen und hat einen Schulterstopp. Der Magazinhalter ist vorn am Abzugsbügel angebracht.
Im Magazinschacht sind zwei gefederte Druckstifte montiert, die dafür sorgen, dass auch ein leeres Magazin nach Betätigung des Magazinhalters aus dem Schaft fällt. Der Magazinwechsel geht dadurch sehr schnell. Durch eine schmale zulaufende Oberseite lässt sich das Magazin in den breiten Magazinschacht ohne Fummelei einführen und zentriert sich praktisch selbst.
Fluchtvisier
|
Das rote Leuchtkorn ist höhenverstellbar. (Foto: Norbert Klups) |
Als Visier hat sich Haenel für ein Fluchtvisier entschieden und eine neue Form gewählt. Die Kimme besteht aus einem Stück Kunststoff und hat einen 2,6 Millimeter breiten V-Einschnitt. Zum Schützen hin ist ein weißer Visierstrich vorhanden, um das Auge zum Kimmeneinschnitt zu lenken. Das rote Kunststoffkorn hat einen Durchmesser von 2 Millimetern und ist in der Höhe verstellbar. Der langgezogene Kornträger ist mit dem Lauf verschraubt. Die V-Kimme ist etwas zu eng und harmoniert auch nicht besonders gut mit dem runden Korn. Ein U-förmiger Einschnitt wäre hier die bessere Wahl gewesen.
Die Sicherung liegt rechts neben dem Schlösschen, wirkt auf den Abzug und lässt sich leicht und geräuschlos bedienen. In der hinteren, gesicherten Position ist auch die Kammer gesperrt. Ist der Sicherungshebel hinten, wird ein zweiter kleinerer Hebel sichtbar, der im entsicherten Zustand verdeckt wird. Damit lässt sich auch
in gesichertem Zustand die Kammer öffnen.
Schaft
Der einteilige Schaft besteht aus Nussbaumholz. Der zeigte bei der Testwaffe einen leicht rötlichen Farbton mit deutlich helleren Partien. Der Hinterschaft verläuft gerade und hat eine deutsche Backe. Der Vorderschaft ist sehr schlank ausgeführt und endet in einer nasenförmigen Verdickung. In die Stirnfläche ist der vordere Riemenbügel eingeschraubt. Er hat dadurch einen Abstand von 30 Zentimeter zur Laufmündung. Bei einem 56er-Lauf gerade noch ausreichend zum bequemen Tragen über der Schulter. Die dicke Gummikappe ist weich und dämpft den Rückstoß gut. An der Oberseite ist ein kleines, glattes Kunststoffteil eingelassen, wohl um die Gleiteigenschaften beim schnellen Anschlag zu verbessern. Der Schaft hat zwei Querstollenverschraubungen, die auch zum markanten Aussehen beitragen. Eine Kunststoffbettung ist nicht vorhanden.
Montage
|
Die Testwaffe war mit einem 1,5–6 x 42 Kaps ausgestattet. (Foto: Norbert Klups) |
Das System der Testwaffe war mit einer 11-Millimeter-Montageschiene bestückt, die vorn drei und hinten zwei Einfräsungen hat. Diese Schiene ist für die Haenel-Schnellspannmontage konzipiert.
Das Montageoberteil mit Ringen hat einen rechtsseitig angebrachten großen Hebel, der das große Klemmstück bewegt. Über einen Umlenkhebel wird gleichmäßig vorn und hinten angezogen. In der Endposition rastet der hinten angebrachte Verriegelungsbolzen automatisch ein. Zum Lösen der Montage wird der hinter dem Verriegelungsbolzen liegende Schieber nach hinten gezogen, und durch Federkraft schnappt die Montage sofort auf. Eine Sicherung für den Verriegelungsschieber gibt es nicht.
Am Montage-Unterteil sind vorn und hinten zwei Anfräsungen vorhanden, die in die Ausfräsungen der Montageschiene eingesetzt werden müssen. Das bedarf etwas Übung, wenn man nicht einfach die Montage aufsetzen und hin und her bewegen will bis sich Nasen und Vertiefungen gefunden haben. Das verursacht jedoch schnell Kratzer.
Das Zielfernrohr lässt sich 15 Millimeter weiter vorn aufsetzen. Damit kann man im Winter bei dicker Bekleidung das Glas im richtigen Augenabstand anbringen.
Beim Testschießen zeigte sich, dass die Montage schussfest und wiederkehrgenau ist. Der Wechsel von der vorderen zur hinteren Montageposition verursachte nur einen geringen Hochschuss, der bei gerade einmal 2–3 Zentimetern lag und nur bei der präzisesten Laborierung erkennbar war.
Die Testwaffe war mit einem Kaps Zielfernrohr 1,5–6 x 42 mit beleuchtetem Absehen ausgestattet. Das neue Kaps mit Tageslichtabsehen ist ein sehr kompaktes Glas, das lediglich 300 Millimeter lang ist.
Schießstand
Die Büchse im Kaliber .308 Winchester wurde auf 100 Meter aus dem Schießgestell geschossen. Es wurden Patronen mit Geschossgewichten zwischen 140 und 180 Grains eingesetzt. Die Waffe zeigte eine Vorliebe für die mittelschweren 165- und 168-Grains-Geschosse. Die beste Leistung erreichte sie mit der Winchester Supreme mit 168-Grains Ballistic Silvertip-Geschoss. Diese Laborierung schoss einen Streukreis von 21 Millimetern bei 5 Schüssen. Die Brenneke-TOG mit dem 165-Grains-Geschoss lag mit 23 Millimetern nur knapp dahinter. Für den dünnen Jagdlauf eine sehr gute Leistung. Auch das Warmschussverhalten ist brauchbar. Erst ab dem achten Schuss begann die Waffe zu streuen.
|
Einsteckmagazin aus Stahlblech mit Zubringer und Magazinboden aus Kunststoff. (Foto: Norbert Klups) |