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Der Flintenmann: Gregor Schmidt-Colberg

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Die Flinten-Lehrgänge der DJZ waren blitzartig ausgebucht, und das hatte seinen Grund. DJZ-Flintenausbilder Gregor Schmidt-Colberg sagt warum.

Gregor Schmidt-Colberg
DJZ: Ist die Flintenjagd noch zeitgemäß oder gehört die Flinte zu einer aussterbenden Jagdwaffe?

Schmidt-Colberg: Die Flinte ist nach wie vor aktuell. Der Flintenschuss ist die beste Möglichkeit, Federwild sauber zu erlegen. Allerdings kann nur ein gut ausgebildeter Schütze diese Möglichkeiten auch nutzen. Wir sollten uns alle darüber klar sein, dass nur der saubere tödliche Schuss auf Dauer ethisch vertretbar bleibt.

Generell müssen wir darauf achten, professionell genug zu bleiben, um nicht als nicht mehr zeitgemäß abgetan zu werden. Dies gilt für jede Art von Jagdausübung. Unsere Interessenverbände müssen schon daher für mehr Schießstände, mehr Schießzeiten und bessere Trainingsprogramme sorgen.

Der Jäger muss sich der Bevölkerung als besonnener und professioneller Jagdschütze darstellen, auf den nicht verzichtet werden kann.

DJZ: Haben Sie eine eigene „Philosophie“ des Flintenschießens?

Schmidt-Colberg: Der Begriff „Philosophie“ ist mir zu hochtrabend. Eher sollten wir von einer Kultur des Flintenschießens sprechen. Diese müssen wir hierzulande besser pflegen, damit sie uns nicht gänzlich verloren geht. Das Flintenschießen ist für mich Herausforderung, Hingabe und Vergnügen.

Bei seiner Ausübung in Jagd und Sport kann man eine Menge über sich – seine Fähigkeiten und Grenzen – erfahren. Vor allem ist Flintenschießen eine durchaus anspruchsvolle Bewegungs-Sportart für die man – neben etwas Talent – eine Anleitung, Konsequenz und Konzentration benötigt.

Ich begnüge mich damit, dieses im Einzelfall möglichst effektiv zu vermitteln und zu schulen. Als Schütze bemühe ich mich selbst um eben das. In beiden Fällen sehe ich mich allerdings eher als Handwerker.

DJZ: Was sind die Hauptfehler der Flintenschützen?

Schmidt-Colberg: Die Hauptfehler der Schützen sind gleichzeitig die Fehler ihrer Ausbilder, beziehungsweise ihrer Ausbildung. Die Flintenschützen hierzulande folgen zu wenig einem Konzept, weder bewegungstechnisch noch ausrüstungstechnisch.

Weil Anfänger zu wenig individuell betreut werden und auch systematisches Ausbilderwissen flächendeckend fehlt, erlernen Neulinge das Basiswissen nicht. So bleibt Grundlegendes von Bewegungslehre und Ausrüstungsfragen ungeklärt.

Deshalb findet man auch bei langjährigen Jagdschein-Inhabern mittlerweile so viele Flintenschützen auf relativ niedrigem Niveau. Ausnahmen sind talentierte Autodidakten, die sich selbst durchgebissen haben.

Die verantwortlichen Verbände haben es versäumt, flächendeckend für genügend Übungsmöglichkeiten zu sorgen, und haben auch kein Ausbildungskonzept entwickelt, das den Schützen eine Entwicklungsmöglichkeit in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen eröffnet.

Zum Beispiel sollte ein Jagdschein-Anwärter in ein bis zwei Nachmittagen dazu gebracht werden können, die Anforderungen einer Jägerprüfung sicher zu erfüllen. Egal, ob Mann oder Frau, ob Rechts- oder Linksschütze, oder als Schütze mit Augendominanz-Problemen. Dies geht jedoch nur mit einer konsequenten Ausbildungsmethode in einer ungezwungenen Atmosphäre.

DJZ: Worauf kommt es bei einer guten Flinte an?

Schmidt-Colberg: Zunächst muss sie verlässlich funktionieren. Dann muss ihr Schaft dem jeweiligen Schützen individuell passen, sonst kann er mit ihr nicht treffen. Mit der verwendeten Munition sollte die Flinte eine gleichmäßige Garbe werfen und dabei ein angenehmes Rückstoßverhalten haben. Schließlich sollte sie über eine gute Balance verfügen.

DJZ: Wie wurden Sie selbst ausgebildet?

Schmidt-Colberg: Ich selbst habe mit dem Flintenschießen beim Bayerischen Wurftaubenclub in Erlangen als Sportschütze begonnen. Als ich dann einige Jahre später die Jägerprüfung ablegte, hatte ich bereits so viel praktische Erfahrung, dass die Jagd mit der Flinte sofort ein eher erfolgreiches Vergnügen war.

Während meiner Jagdausbildung hatte ich entdeckt, dass ich ein gewisses Talent habe, Leute mit der Flinte zum Treffen zu bringen. Nachdem ich einen Flintenschieß-Ausbilderkurs bei einer hiesigen Landesjagdschule besucht hatte, war ich so enttäuscht, dass ich begann, mich in England umzusehen.

So kam ich zur Clay Pigeon Shooting Association (CPSA), deren Ausbilder-Trainingsprogramm ich schließlich durchlief und wo ich meine Trainer-Prüfungen ablegte. Dort stellte man mich sozusagen vom Kopf auf die Füße. Das war eine harte Schule. Das Trainer-Programm ist unerbittlich erfolgsorientiert.

Damals kam mir der Gedanke, daraus einen Beruf zu machen. Weiter nahm ich selbst vor und nach meiner CPSA Ausbildung immer wieder Unterricht in englischen Schießschulen, um quasi eine Art Selbsterfahrung als Schütze zu machen.

Ich besuchte die Royal Berkshire Shooting School, Holland & Holland, und West Wycombe Shooting School. Erst relativ spät wurde mir bewusst, wie unterschiedlich die Anforderungen an Schütze und Trainer sind und welches Maß von Einfühlungsvermögen ein Trainer braucht.

Die Unterrichtsmethoden werden dort quer durch das Land stimmig durchgehalten. Als Schütze in Italien unterwegs, bekam ich Kontakt zu einem Flinten-Hersteller, von dem ich viel über Schäftung, Flintenbau und Schrotballistik lernte. Seither besteht dorthin ein Kontakt, den ich heute noch pflege.

DJZ: Wie hat sich das DJZ-Flinten-Forum im Internet bewährt?

Schmidt-Colberg: Das DJZ-Forum Flintenschießen gibt es noch nicht sehr lange. Das anfängliche Interesse hat gezeigt, dass damit eine Plattform für den Erfahrungs- und Meinungsaustausch rund um das Flintenschießen begründet wurde. Es ist wichtig, auch im deutschen Sprachraum eine solche Informationsquelle bereitzustellen.

DJZ: Sind Einwände gegen Bleischrote berechtigt?

Schmidt-Colberg: Die Verwendung von Bleischroten in Feuchtgebieten ist bei massiver Anwendung zu Recht in Frage zu stellen. Allerdings wäre die generelle Verdammung von Bleischroten Hysterie. Dies wird besonders dann deutlich, wenn man die gesamte industrielle Schadstoff-Ausbringung mit dieser jagdlich bedingten Ausbringung ins Verhältnis setzt.

DJZ: Was halten Sie von Eisenschroten?

Schmidt-Colberg: Im Nahbereich hat Eisenschrot beinahe eine Sprengwirkung, auf weitere Entfernungen nimmt die Energie schnell ab. Das hängt mit dem geringeren Gewicht zusammen, wodurch zunächst eine sehr hohe Beschleunigung erzielt wird.

Man kann Eisenschrote jagdlich einsetzen, aber es muss ein Umdenken erfolgen. Der Choke wirkt anders als bei Blei. Möglicherweise müssen auch andere Schrotstärken, Pulver und Ladungsgewichte verwendet werden, um eine ähnliche Wirkung wie bei Blei zu erreichen.

Die oft gestellte Frage nach der höheren Abnutzung von Läufen lässt sich technisch lösen. Bei Verwendung eines Schrotbechers findet keine direkte Reibung von Metall an Metall statt. Mit Bleischrot können gute Finten Schusszahlen von 500.000 und mehr praktisch ohne Verschleiß vertragen. Ob das mit Eisenschrot genauso ist, muss sich zeigen.

Um eine verlässliche Antwort geben zu können, werde ich 2003 selbst Versuche mit den verschiedenen Alternativen anstellen. Eine Prozedur, die sich übrigens auch für die verschiedenen Bleischrot-Munitionsarten in einer jeweils verwendeten Flinte empfiehlt.

Die Frage nach alternativen Edelmetallen ist nicht so leicht zu beantworten. Es reicht nicht, dass ein Metall geeignet ist, es muss auch ausreichend vorhanden und erschwinglich sein.

DJZ: Wie tangiert die jagdfeindliche Politik den Flintenschützen?

Schmidt-Colberg: Jagdfeindliche Politik trifft jagdliche Flintenschützen härter als alle anderen Jäger. Die Ausübung ihrer Tätigkeit wird früher als Bedrohung für die Landschaft und Natur empfunden, als alle anderen Jagdausübungsarten.

Die Flintenschützen werden empfindlicher getroffen, weil sie bereits im Vorfeld durch Vorschriften ihrer Übungsmöglichkeiten beraubt werden, bevor die übrigen Jäger tangiert sind. Das ist eine Fehlentwicklung, denn nur geübte Schützen können auf Dauer umweltschonend und ethisch unbeanstandet jagen.

DJZ: Halten Sie die Flinte für die Jagd auf Schalenwild geeignet?

Schmidt-Colberg: Ich sehe keinen Vorteil und Sinn darin, die Flinte auch auf Schalenwild einzusetzen. Man muss mit der Büchse und der Flinte zunächst einmal treffen. Wenn man die Flinte im Nahbereich einsetzen will, um dann mit großer Streuung irgendwie Rehwild zu strecken, ist das weder tierschutzgerecht noch entspricht es der nachhaltigen Nutzung von Naturreserven. Wer mit grobem Schrot Rehwild zerschießt, um es zu dezimieren, missbraucht die Flinte als Jagdgerät. In Lehrgängen ist das Ansinnen noch nicht aufgetaucht, dass ein Schüler den Schrotschuss auf Schalenwild trainieren will.

DJZ: Wie wird im Ausland die Flintenjagd verstanden?

Schmidt-Colberg: In England beispielsweise ist die Flintenjagd definitiv ein landschaftserhaltender Faktor und gesellschaftlich auch als solcher akzeptiert. So verdanken zum Beispiel die Moorlandschaften ihre heutige Existenz hauptsächlich ihrer wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit zur Grousejagd.

Weiter ergaben Untersuchungen der dortigen staatlichen Forstkommission in den 90er Jahren, dass 60 Prozent der Waldbauern Neuanpflanzungen in der Hauptsache aus jagdlichem Interesse heraus vornahmen. Dies ist nachzulesen beispielsweise im „Handbook of Shooting“ von der Brtish Association of Shooting and Conservation (BASC), deren Ehrenvorsitzender Prinz Philipp ist und ein Dachverband ähnlich dem deutschen DJV ist.

DJZ: Was bedeutet in diesem Zusammenhang der Begriff Sport?

Schmidt-Colberg: Mit dem Wort „(blood)sport“ ist in der englischen Sprache die Jagd gemeint. Ein „sportsman“ ist ein Jäger. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit nennt sich „shooting“, womit zunächst wieder die Flintenjagd bezeichnet wird.

Der Begriff Sport im Zusammenhang mit Jagd ist hier nicht negativ besetzt. Vielmehr ist das Zusammenwirken von reinen Flinten-Sportverbänden und Jagd fließend. In England gibt es beinahe in jedem größeren Ort einen Tontaubenstand und Flintenschießen gehört hier einfach zur Normalität.

Das Interview führte Peter Brade.

 
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