20.10.2015
Im Juli 2015 brach er sich den Flügel. Sein Glück: Er wurde rechtzeitig gefunden und dem Greifvogel-Schutzverein Aquila übergeben. Am Sonntag (18. Oktober 2015) wurde der Seeadler in der Nossentiner Heide bereits wieder in die Freiheit entlassen.
Jäger des Aquila e.V. entlassen den Seeadler in sein Revier (Quelle: Kapuhs/DJV) |
Die Voliere des Greifvogel-Schutzvereins ist die einzige in ganz Deutschland, die für Seeadler mit bis zu zweieinhalb Meter Spannweite geeignet ist. „Die Rettung war nur möglich, weil der Adler schnell bei uns gemeldet und kompetent in der Uniklinik Berlin behandelt wurde“, sagt Karsten Matschei, Vorstandsvorsitzender Aquila e.V.
Je ein Drittel aller verletzt oder tot aufgefunden Seeadler in Deutschland kam durch Windkraftanlagen oder Verkehr zu Schaden. Ein weiteres Drittel wies eine Bleivergiftung auf. Verletzte oder tote Greifvögel sollten unbedingt gemeldet und deren Ringe eingeschickt werden. Diese enthalten Informationen über Herkunft und Alter der Tiere.
Im Großraum Berlin und Brandenburg gibt es derzeit etwa 120 Seeadler-Brutpaare. 2009 wurde der Seeadler von der Roten Liste der bedrohten Arten genommen, da sich der Bestand positiv entwickelt hat. Derzeit gibt es etwa 600 Brutpaare in ganz Deutschland.
PM DJV/fh
Der Deutsche Jagdverband sprach mit Karsten Matschei über die Auswilderungsaktion in der Nossentiner Heide.
DJV: Woher kommt das Engagement für die Greifvögel?
Matschei: Als gelernter Zootierpfleger habe ich seit 1983 intensiv mit Tieren zu tun. Insbesondere Greifvögel haben mich schon immer interessiert. 2011 habe ich während meiner Tätigkeit als Ranger bei dem Forstgut Johannismühle den Jagdschein gemacht. Die Jagd hilft mir dabei, das komplexe Gefüge unserer heimischen Flora und Faune besser zu verstehen. Ebenfalls als Ranger bei der Sielmann-Stiftung tätig, setzte ich mich anschließend aktiv für den Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt ein. Seit April 2015 bin ich Vorstandsvorsitzender des Aquila e.V. und helfe verunfallten Greifvögeln, wie dem Seeadler.
Welche Vorgeschichte hat der Seeadler, der jetzt ausgewildert wird?
Gefunden wurde der Seeadler von einem Förster in der Nossentiner Heide mit einem gebrochenen Flügel. Ein absoluter Zufallsfund. Anschließend brachten wir den Greifvogel zu Kerstin Müller in die Freie Universitätsklinik Berlin, eine Expertin für Greifvögel. Nach einer Computertomographie und der anschließenden Diagnose, blieb der Adler weitere sechs Wochen zur Beobachtung in der Klinik. Die Auswilderung haben wir dann in der Greifvogelstation Himmelpfort vorbereitet.
Was ist bei der Haltung der Seeadler zu beachten?
Wichtig für eine Auswilderung ist ausreichend Platz und viel Ruhe. Deshalb benötigt die Anlage einen seitlichen Sichtschutz. Wenig Kontakt ist dabei von besonderer Bedeutung. Die Vögel dürfen ihre natürliche Scheu vor dem Menschen nicht verlieren. In Deutschland gibt es keine vergleichbaren Anlagen, die genügend Raum für einen Greifvogel dieser Größe bieten.
Was ist bei der Auswilderung zu beachten?
Der Greifvogel muss unbedingt dort ausgewildert werden, wo er gefunden wurde. Weitere Vorbereitungen sind nicht notwendig. Das Anlegen von Kunsthorsten, macht nur bei nicht-horstbauenden Greifvögeln, wie Wanderfalken, Sinn. Ansonsten benötigt der Seeadler nur seine heimatlichen Gefilde. Hier kennt er Nist- und Futterplätze.
Wird die weitere Entwicklung des Seeadlers überwacht?
Die Greifvögel bekommen von uns einen Ablesering, um sie später wieder identifizieren zu können. Ehrenamtliche Horstbetreuer und Förster beobachten regelmäßig das Gebiet der Auswilderung und dokumentieren ihre Beobachtungen. Verschlechtert sich der Zustand der Vögel erneut, können wir zeitnah eingreifen. Im Frühjahr werden zudem die Jungvögel beringt. Dies geschieht bei den Arten Uhu, Seeadler, Fischadler, Wanderfalke, Milan und Baumfalke im Raum Brandenburg.
Was sind die häufigsten Unfall-Ursachen bei Greifvögeln?
Ein Drittel aller Unfälle werden durch Windkraftanlagen verursacht. Hierbei sind besonders Milane, Schrei- und Seeadler aber auch Fledermäuse betroffen. Ein Drittel aller gefunden Greifvögel hat eine Bleivergiftung. Ein weiteres Drittel aller verletzt oder tot aufgefunden Seeadler verunglücken an Bahnstrecken und Straßen. Die Seeadler erspähen verunfallte Beutetiere an den Verkehrstrassen und werden dann selbst von, beispielsweise, vorbeifahrenden Zügen verletzt. Wenn uns ein verletzter oder toter Greifvogel gebracht wird, versuchen wir am Fundort die Ursache für die Verletzung zu finden.
Was gilt es zu beachten, wenn man einen verletzten Greifvogel auffindet?
Nicht eigenmächtig handeln. Finder sollten den zuständigen Förster kontaktieren. Nur eine schnelle und professionelle Versorgung kann das Leben der Greifvögel retten. Wir sind unter folgender Nummer erreichbar: Festnetz: 033089/41204, Mobil: 0171/7533873 oder kontaktieren Sie die Untere Naturschutzbehörde des zuständigen Landkreises.
Wie viele gefundene Seeadler können wieder ausgewildert werden?
Von etwa 16 Seeadlern schaffen es nur fünf zurück in die Natur. Jedoch wird nur eine geringe Zahl verunfallter Vögel gefunden. Das sind echte Zufallstreffer. Oftmals sind Fuchs, Marder und Co. vor uns am Unfallort.
Wie finanziert sich die Greifvogelstation?
Die Station finanziert sich durch das Land Brandenburg und durch Spenden aus der Bevölkerung. Die Kosten für die Untersuchung und Computertomographie werden von der Universitätsklinik Berlin getragen. Die Fahrtkosten zu den Revieren, zur Auswilderung und Beobachtung übernehmen wir selbst. Das ist unser persönlicher Beitrag für den Erhalt der Artenvielfalt.