Ulrich Umbach lebt unweit des Nürburgrings. Eine Nachsuche während eines Autorennens ist ihm besonders in Erinnerung geblieben.
Von Ulrich Umbach
So manche Nachsuche begann ich unter dem Motorengeschrei startender und rasender Formel-1Fahrzeuge. Aber auch andere Großveranstaltungen waren oftmals Kulisse bei meinem Hundeeinsatz. Besondere Rahmenbedingungen, von denen ich hier berichten möchte.
Die wohl dramatischste Nachsuche spielte sich so ab:
Es ist ein Junisonntag in den 1990er Jahren. Am Nürburgring läuft das traditionelle 24-StundenRennen. Stuck, Maas, Ludwig und wie sie alle heißen, drehen ihre Runden auf der Nordschleife. Tausende Zuschauer wohnen das Wochenende in den Wäldern und belagern die Rennstrecke. Aus einem Revier des Adenauer Forstes werde ich am Morgen zu einer Nachsuche auf einen Überläufer angefordert. Anschuss-Untersuchung und vorgefundene Pirschzeichen deuten auf einen Weidewundschuss hin.
Keine große Schwierigkeit, nur zu dumm, dass die Fährte genau oberhalb in der Dickung, parallel entlang der Rennstrecke verläuft. Schnallen kommt nicht infrage, sollte das Stück noch leben, denn der Zaun zur Fahrbahn ist löchriger als ein Schweizer Käse. Nicht auszudenken, wenn Hund und Sau die Fahrbahn erreichen würden. Eine Katastrophe, wahrscheinlich noch live aus Hubschraubern übertragen, wäre nicht auszuschließen. Mein damaliger Hannoverscher Schweißhunde-Rüde Donar vom Prinzkopf und ich arbeiten zügig und ohne größere Schwierigkeiten die Wundfährte. Plötzlich stellt der Rüde die Behänge auf Angriff. Augenblicke später verlässt eine deutlich kranke Sau den Wundkessel und zieht relativ langsam vor uns weg.
An der Rennbahn
An einen Schuss ist nicht zu denken: flach und ohne Kugelfang am Rande eines Autorennens wäre er unverantwortbar. Außerhalb dieser Dickung befinden sich hunderte von Menschen, die den rasenden Boliden zuschauen. Ich verfolge also, mit Hund am Riemen, die vor uns wegziehende Sau. Mehrmals bekomme ich sie in Anblick, kann aber jedes Mal wegen fehlender Sicherheit nicht schießen.
Endlich erreichen wir ein Steilstück, ich positioniere mich etwas tiefer, damit der Hang als Kugelfang dienen kann. Der Schuss sitzt, die Sau zeichnet. Ein Felsklotz fällt mir vom Herzen. Doch der Schwarzkittel rutscht schlegelnd den Hang hinunter und dann passiert´s: In Richtung Rennbahn und Zuschauerspalier stürzt das Borstentier kopfüber die Böschung hinab in die Beine der erschrockenen Zuschauer. Hier verendet das Stück wenige Augenblicke später. Ich wage nicht, die Dickung zu verlassen, denn die Zuschauer sind etwas aufgebracht. So schicke ich die mich begleitenden Jäger herunter, das Stück zu bergen. Der Protest der erschrockenen Zuschauer wird schnell leise. Meine Aufgabe hatte ich erledigt, die Sau liegt. Die Kommunikation überlasse ich gerne den anderen.