Die Landesjägerschaft Niedersachsen e.V. (LJN) lehnt den im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung zu behandelnden Gesetzentwurf zur Änderung des Paragraphen 26 des Niedersächsischen Landesjagdgesetzes entschieden ab.
Die Landesjägerschaft wehrt sich gegen eine weitere Einschränkung der Jagdzeit (Foto: Rolfes/DJV) |
Bei der Gesetzesänderung geht es im Kern um die bereits im Jahr 2014 angekündigte Einführung einer Intervalljagd in Vogelschutzgebieten. Durch diese soll zukünftig in Vogelschutzgebieten die Jagd auf Wasserfederwild, wie Gänse und Enten, in der Zeit vom 1.Oktober bis zum 30. November nur noch alternierend in zuvor ausgewiesenen Teilräumen durchgeführt werden dürfen. Die Teilräume in denen gejagt werden darf bzw. nicht gejagt werden darf, sollen in einem festgelegten zeitlichen Rhythmus wechseln.
Im Ergebnis eine weitere Einschränkung der Jagdzeit. Angesichts der Bestandszahlen gerade der Gänsearten und der damit zusammenhängenden Konsequenzen schlichtweg nicht nachvollziehbar!, so Clemens Hons, Justitiar der Landesjägerschaft Niedersachsen. Im Rahmen der Verbändeanhörung Ende April 2016 haben sieben Verbände zu dem Gesetzentwurf eine Stellungnahme abgegeben: Neben der Landesjägerschaft lehnten fünf weitere Verbände den Entwurf aus grundsätzlichen Erwägungen ab; einem weiteren Verband ging der Gesetzentwurf nicht weit genug. Wenn die Verbändeanhörung und deren Ergebnis als das ernstgenommen wird was sie seien soll, kann der Ausschuss folglich nur eine Entscheidung treffen Ablehnung, so Hons weiter.
Bereits die Zielsetzung der Gesetzesänderung geht ins Leere: In der Begründung zur Implementierung der Intervalljagd wird ein zusätzlicher Regelungsbedarf für die Jagd in Vogelschutzgebieten konstatiert, ohne dies allerdings fachlich zu belegen. Im Gegenteil: Die Jagdausübung nach bisherigen Muster gefährdet in keinem dieser Gebiete ursächlich den geforderten guten Erhaltungszustand einer wertgebenden Art.
Verfassungsrechtlich bedenklich ist zudem, dass durch den Gesetzentwurf das Parlament sein eigenes Recht aufgebe, der Verwaltung für die Vogelschutzgebiete Vorgaben zu machen und diese zu kontrollieren. Durch den dynamischen Verweis im Entwurf auf die Vogelschutzgebiete, obläge es allein der Landesregierung, den Geltungsbereich des Gesetzes zu bestimmen. Mit der Jagdzeitenverordnung sind zudem erhebliche Eingriffe in das Jagdausübungsrecht und demnach ins Eigentumsrecht verbunden diese bedürfen einer gesetzlichen Grundlage.
Dies gilt auch für die inhaltlichen Parameter nach denen die oberste Jagdbehörde den Jagdbehörden vor Ort Vorgaben für die Bildung von Teilräumen und die Festlegung von abweichenden Jagdzeiten macht. Es ist allein die Aufgabe des Parlaments, solch weitgehende Regelungen zu treffen. Durch das Gesetz soll nun aber die oberste Jagdbehörde, also das Landwirtschaftsministerium, ermächtigt werden, solch einschneidende Eingriffe treffen zu können bzw. diese den Landkreisen vorzugeben.
Auch inhaltlich sei der Gesetzesentwurf nicht stimmig er reihe sich nahtlos in die Fehlleistungen ein, die schon bei der Jagdzeitenverordnung zu Normenkontrollanträgen geführt hätten: Losgelöst von der Frage der Rechtmäßigkeit der Jagdzeitenverordnung, über die das Oberverwaltungsgericht Lüneburg zu entscheiden hat, entbehrt auch eine weitere Verkürzung der Jagdzeiten so wie durch die Intervalljagd vorgesehen jeder wissenschaftlich fundierten Grundlage, so der LJN-Justitiar mit Blick auf die elf Normenkontrollanträge, die derzeit gegen die seit Oktober 2014 geltende Jagdzeitenverordnung vor dem OVG in Lüneburg anhängig sind.
Weder die immer wieder anzitierte Vogelrichtlinie, geschweige denn die Entwicklung der Gänsepopulationen seien als Begründung für die Notwendigkeit einer Intervalljagd tauglich. Bereits damals hatten im Rahmen der Verbändeanhörung zur Jagdzeitenverordnung 11 der 15 Verbände, die eine Stellungnahme abgegeben haben, Bedenken gegen diese vorgetragen.
Die Vogelrichtlinie (Richtlinie 2009/147 EG; Richtlinie zur Erhaltung der wildlebenden Vogelarten) sieht keine generelle Einschränkung der Jagd vor sie sieht in ihr eine vertretbare Nutzung der natürlichen Ressourcen. Für die Umsetzung der dort formulierten Beschränkungen der Jagd während der Nistzeit oder einzelner Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit oder bei Zugvögeln während ihres Rückzuges zu den Nistplätzen, bedarf es keiner Umsetzung durch eine Intervalljagd im Herbst und Winter. Gegenteilig verpflichtet die Vogelrichtlinie das Land in Artikel 11 aber ausdrücklich dafür Sorge zu tragen, dass sich die etwaige Ansiedlung wildlebender Vogelarten, die im europäischen Hoheitsgebiet nicht heimisch sind, nicht nachteilig auf die örtliche Tier- und Pflanzenwelt auswirkt.
Nil- und Kanadagänse beispielsweise, sind solche Neozoen der erweiterte Schutz, der auch diesen Arten durch die Gesetzesänderung zu Teil werden soll, widerspricht also der EU-Vogelrichtlinie.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist die vorgesehene Gesetzesänderung, da sie einer Entschließung des Landtages aus dem Jahr 2014 vorweggreift. Hierin wird die Landesregierung aufgefordert, ein wissenschaftlich fundiertes Gänsemonitoring und management am Beispiel der Regionen im Nordwesten des Landes zu entwickeln. Es umfasst also insbesondere die Gebiete, in denen sich die von der Landesregierung definierten Vogelschutzgebiete befinden. Ergebnisse dieses Projektes liegen noch nicht vor. Insofern greift der Gesetzesentwurf dem Ergebnis dieses, auf drei Jahre angelegten und etwa 1,2 Millionen teuren Forschungsvorhaben, vor und würde die Landtagsentschließung obsolet werden lassen.
PM LJN