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Gemsen unter Feuer

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Vernichtungsfeldzug des Freistaates Bayern gegen das Wild. Fast 5.000 Gemsen wurden im vergangenen Jagdjahr in Deutschland erlegt. 90 Prozent davon in Bayern.

Den Mammutanteil des Abschusses verantworten die Staatsforste des Landes Bayern. Dort gilt noch immer der Grundsatz „Wald vor Wild“, und der wird mit dem Brecheisen durchgesetzt, kritisiert Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung. Er spricht von einem „Vernichtungsfeldzug des bayerischen Staatsforstes gegen das Wild“.

Foto: Peter Diekmann

Dabei reicht den Bayerischen Staatsforsten nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene Jagdzeit vom 1. August bis zum 15. Dezember. Im Bezirk Oberbayern wurde beispielsweise die Schonzeit auf knapp 260 qkm vollständig aufgehoben. Dort wird das ganze Jahr gejagt. Die Bayerischen Staatsforste erlegen fast jede fünfte Gams in der Schonzeit. Dagegen hat der Verein Wildes Bayern unterstützt von der Deutschen Wildtier Stiftung jetzt beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen Normenkontrollantrag gestellt. „Damit kommt die wildfeindliche Politik Bayerns auf den juristischen Prüfstand“, erklärt Münchhausen. Selbst im Nationalpark Berchtesgaden gibt es ein Gebiet, in dem die Schonzeit aufgehoben wird. „Jagd während der Schonzeit in einem Nationalpark ist nicht vereinbar mit dem Ziel eines derartigen Schutzgebietes, in dem Natur und Wildtiere Vorrang haben sollen“, so Münchhausen.

Bei der Jagd auf die Gams in Bayern würden zu viele Tiere in der jungen und mittleren Altersklasse geschossen. Alte Tiere fehlen deshalb. Der Staatsforst selbst folge nicht den geltenden Regeln der Hegerichtlinie zum Abschuss, kritisiert die Stiftung. Das ist für das Überleben der Gemsen fatal, denn es sind die alten Tiere, die mit ihrer Erfahrung das Gamsrudel sicher durch harte Winter führen. Mehr als Reh oder Rothirsch leidet die Gemse unter einer natürlichen Sterblichkeit im Winter. Das wird beim Abschussplan zu wenig berücksichtigt. Der lebende Bestand wird dadurch zu hoch eingeschätzt.

Verlässliche Zahlen darüber, wie viele Gemsen in den bayerischen Alpen leben, gibt es überhaupt nicht. Dabei müssten die Bestandszahlen der über die Fauna – Flora – Habitat Richtlinie der EU geschützte Gemse regelmäßig der EU gemeldet werden. Deutschland kommt seinen Verpflichtungen aber nicht nach. „Bislang meldet Bayern einfach nach Brüssel, dass alles in Ordnung sei und verweist dabei auf die Zahl der geschossenen Gemsen“, so von Münchhausen. Rechtlich darf die Gams nur bejagt werden, solange dadurch die Population nicht gefährdet wird.

Ist es nicht absurd, dass Deutschland sich international zum Fürsprecher der angeblich gefährdeten Elefanten in Afrika macht, von denen es immerhin noch einige hunderttausend gibt, zu Hause aber eine eigene Wildart, deren Zahl im niedrigen fünfstelligen Bereich liegt, von staatlichen Beamten schonungslos zusammenschießen lässt?

rdb

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