In einer am 2. Juli 2020 veröffentlichten Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz lobt Staatsministerin Priska Hinz die hessischen Jägerinnen und Jäger für ihren zeitintensiven Einsatz.
Statt einer flächendeckenden Bejagung nach dem Gießkannenprinzip plädiert der Landesjagdverband Hessen beim Rot-, Dam-, Muffel- und Rehwild für eine Schwerpunktbejagung (Foto: Markus Lück)
Der Landesjagdverband Hessen hält fest: „Die Anzahl der erlegten Wildtiere kann nicht generell mit einem zu hohen Wildtierbestand in einen kausalen Zusammenhang gesetzt werden.“
Rund 8.200 Stück Rotwild seien im vergangenen Jagdjahr in Hessen zur Strecke gekommen. „Diese Zahl beinhaltet jedoch auch die verunfallten und tot aufgefunden Wildtiere (insgesamt 283) und ist noch weit entfernt von den immer wieder erhöhten Abschussfestsetzungen bis derzeit aktuell 9.029 Stück, die seit Jahren nicht erfüllt werden können“, so LJV-Geschäftsführer Alexander Michel. Dies zeige, dass sich die hohen Abschussforderungen nicht überall erfüllen lassen.
„Das Rotwild sucht bevorzugt ruhige Waldbereiche auf, die als Lebensraum attraktiv sind. Häufige Störungen durch Spaziergänger, Hundehalter oder Mountainbiker treiben das Wild immer wieder in dichte Waldbereiche zurück, wo es dann in großen Rudeln auftreten kann, die wiederum schwer zu bejagen sind. Die oftmals unbewusste Störung durch die Erholungssuchenden erhöht den Stressfaktor für das Wild und es kann so zu einem stärkeren Verbiss an jungen Trieben oder dem Schälen von Baumrinde kommen, weil die Tiere in den dunklen Waldbereichen bleiben und oftmals die Lebensraumgestaltung für das Wild nicht genügend berücksichtigt wird. Erste Ansätze bieten die Lebensraumkonzepte unter Mitwirkung des LJV Hessen“, so LJV-Pressesprecher Markus Stifter.
Beim Rehwild, welches in Hessen vielfach auch auf Offenlandflächen vorkomme, habe der geforderte Abschuss durch das Engagement der Jägerschaft sogar in den Bereich der zulässigen Überschreitung geführt werden können. Mit knapp 12.500 verunfallten Rehen werde jedoch auch deutlich, dass die Warnschilder „Achtung Wildwechsel“ von vielen Verkehrsteilnehmern kaum wahrgenommen werden. Der zunehmende Pendlerverkehr und der stetige Ausbau des Straßennetzes, sowie hohe Geschwindigkeiten auf Überlandstraßen würden zu diesen hohen Unfallzahlen führen. Diese seien keinesfalls als Beleg für eine zu hohe Wilddichte anzuführen.
Statt einer flächendeckenden Bejagung nach dem Gießkannenprinzip plädiert der LJV für eine Schwerpunktbejagung beim Rot-, Dam-, Muffel- und Rehwild dort, wo Schäden durch Verbiss oder das Schälen von Baumrinde entstehen und insbesondere an Wiederaufforstungsflächen, wo Baumsetzlinge wachsen sollen. Gleichzeitig sollen in nicht gefährdeten Bereichen mit alten Baumbeständen Ruhezonen und Äsungsflächen für das Wild als Ausgleich geschaffen werden. Mit der neuen Broschüre „Bejagungsempfehlungen für einen klimastabilen Wald“ unter der Überschrift „Wald mit Wild ist möglich“ habe der LJV kürzlich einen wichtigen Leitfaden veröffentlicht, der den Dialog zwischen Jägern, Waldbesitzern und Förstern beflügeln soll. Eine Lösung könne nur gelingen, wenn alle beteiligten Akteure miteinander statt übereinander reden. Der LJV habe deshalb schon früh Vorschläge wie einen „4-Punkte-Plan – Wald mit Wild ist möglich“, sowie ein Papier zur Anlage von speziellen Verbissgehölzen vorgelegt, um die Wiederaufforstung voranzutreiben. Weiterhin war und sei der LJV stets gesprächsbereit, um gemeinsame Lösungen mit den privaten und kommunalen Waldbesitzern sowie dem Forst zu erarbeiten.
Auch beim Schwarzwild habe die Jägerschaft Chancen wahrgenommen und sei dem Aufruf des LJV nach einer scharfen aber waidgerechten Bejagung gefolgt. Durch milde Winter und ein meist reichhaltiges Nahrungsangebot z. B. durch Eichel- und Buchenmast, unterliege der Wildschweinbestand jährlich hohen Schwankungen. Um die Gefahr der Ausbreitung beim Auftreten der Afrikanischen Schweinepest sowie gleichzeitig Wildschäden auf landwirtschaftlich genutzten Flächen zu reduzieren, sei eine ständige und ganzjährige Bejagung insbesondere von Frischlingen und Überläufern (ein- bis zweijährige Wildschweine) weiterhin nötig.
Doch neben dem Schalenwild hätten die Jäger in Hessen mit einem enormen zeitlichen und teilweise auch finanziellen Einsatz (z. B. bei der Anschaffung von Fanggeräten) im vergangenen Jagdjahr auch beim Raubwild wieder hohe Strecken erzielt. Dies sei praktizierter Artenschutz und diene in hohem Maße der Biodiversität. So habe der stetig abnehmende Trend beim Rotfuchs wieder etwas aufgefangen werden können und auch beim Dachs sei die Jahresjagdstrecke 2019/2020 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich erhöht und erreiche mit 4.742 Dachsen nun wieder ein relativ hohes Niveau. Beim Waschbären habe mit 29.113 Tieren die bisher zweithöchste Strecke erzielt werden können. Nur im Jagdjahr 2012/2013 seien in Hessen mit 29.159 mehr Waschbären erlegt worden. Denn z. B. auch bei Waschbären und Füchsen steige die Gefahr für den Ausbruch von Krankheiten, wenn sich zu viele Tiere einen Lebensraum teilen, wie z. B. die immer wieder aufgetretene Räude zeige.
Ein Allzeithoch würden auch die Jagdstrecken von Nutria und Nilgans aufweisen. Auch hier sei den Jägern ein großes Dankeschön ausgesprochen, denn die intensive Bejagung dieser invasiven gebietsfremden Arten erfolge häufig auf Bitten von Dritten um wirtschaftliche Schäden durch Grabtätigkeit an Uferbereichen, Fraßschäden an landwirtschaftlichen Kulturen oder durch die Verkotung von Grünflächen abzumildern.
PM LJV/fh