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Lotse in Loden – Besucher im Revier lenken

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Foto: Markus Lück

Von Wildmeister Werner Siebern

Das Lenken der Besucherströme im Wald wird vor allem in Eigenjagden der Länder und des Bundes seit Jahren praktiziert. Auch in großen, privaten Eigenjagdbezirken werden Spaziergänger gelenkt. Es kommt darauf an, wie man die Sache angeht und verkauft. Letztlich sollen Waldbesucher sich nicht reglementiert fühlen, sondern ihnen soll vielmehr ein Service angeboten werden, den sie anerkennen und annehmen. In kleinen Revieren ist es schwieriger, Besucher zu lenken. Man selbst hat sich eine Ruhezone auserkoren, die nicht betreten wird, in der man noch nicht einmal einen Hochsitz aufstellt! Mit Tränen in den Augen sieht der Revierinhaber dann, wie Pilzsammler darin herumwuseln und Motorradfahrer sich sogar einen Parcours anlegen.

Wir Jäger sind nicht allein auf der Welt. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen. Jagd tritt quantitativ eindeutig hinter andere Nutzungsarten in der Natur zurück. Fraglos unterscheidet man legale von der verbotenen Nutzung. Obwohl Jagd gegenüber der verbotenen Nutzung, etwa Motocrossfahren im Wald, Vorrang hat, gibt es für Revierinhaber kaum eine Handhabe, gegen diesen Missstand vorzugehen.

Knackpunkt: Crosser

Eine Marotte, die immer mehr an Beliebtheit gewinnt, obwohl sie verboten ist. Nach einem amtlichen Kennzeichen schaut man meistens vergeblich. Dennoch, das Wild wird weniger gestört, als man glaubt – sofern nicht in der Dämmerung gefahren wird (Fotos: Beate Siebern)

Solange die Crossmaschinen nur am Tag auf Waldwegen herumknattern, wird das Wild weitaus weniger gestört, als gemeinhin angenommen. Schalenwild kann die Geräusche vom Einstand aus einordnen und gewöhnt sich daran. Spaziergänger fühlen sich dagegen oft gestört und verlangen vom Jäger, dass er gegen die Motorräder im Wald vorgeht. Keinesfalls darf der Grünrock aber, womöglich mit der Waffe auf dem Rücken, Crossfahrer anhalten. Als Jäger ist man für derartige Verstöße in Wald und Feld nicht zuständig. Das ist was für Polizei oder Forstbeamte. Revierinhaber laufen Gefahr, eine Strafanzeige zu riskieren. Ihr Fehlverhalten, einen Crossfahrer im Wald angehalten zu haben, wiegt weitaus schwerer als dessen Tat: nämlich unberechtigtes Befahren von Waldwegen.

Falls mehrere Crossfahrer durch den Busch heizen, werden sie auch noch geltend machen, sich durch das Vorhandensein der Jagdwaffe bedroht gefühlt zu haben. Dann ist der Jagdschein in Gefahr! Mit Crossfahrern, die im nächsten Ort wohnen, kann der Jäger reden und vielleicht erreichen, dass sie wenigstens morgens und abends auf ihr Hobby verzichten. Anders ist es mit Geschäftemachern, die mit einem Lkw voller Motorräder anreisen und ihren zahlenden Gästen eine Rallye durch etliche Reviere vorbereitet haben. Wenn der Jäger im Revier an bestimmten Kreuzungen oder Gabelungen kleine Holzkästen findet, die mit Nachweiszetteln versehen sind, sollte Wachsamkeit geboten sein. Hat der Jäger eine solche Wettfahrt im Revier, muss er Kontakt mit der Polizei aufnehmen und darf sich keinesfalls selbst mit den Fahrern anlegen.

Falls sich die „Extremsportler“ einen Pfad angelegt haben, wo vorher keiner war, könnte man an einigen Stellen Bäume fällen, die den Weg blockieren. Langfristig kann man auch beidseitig der Wege, die weder belaufen noch befahren werden sollen, Bäume fällen. Auf diese Weise gelangt Licht an den Waldboden, und das Wachstum der Sträucher wird gefördert. Außerdem können die Stümpfe der gefällten Bäume Stockausschläge bilden. All das führt dazu, dass der Weg mehr oder weniger zuwächst. Mit Forstmaschinen ist er aber noch befahrbar.

Nach dem Forstgesetz dürfen Waldwege nicht gesperrt werden. Das muss auch nicht sein. Zwar gibt es bundesweit ein freies Waldbetretungsrecht, aber kein Waldbesucher hat Anspruch auf ordentlich freigeschnittene Wege. Die Waldwege sind in erster Linie für die Forstwirtschaft da. Im Gegenzug dazu, sollte man die Wege, auf denen die Besucher laufen sollen, recht ordentlich pflegen und freihalten.

Reiter im Busch

Mit Reitern kann man das Gespräch suchen. Jäger und Reiter haben gemeinsame Wurzeln

Das Problem kenne ich aus beiden Sichtweisen: vom Hochsitz aus und auch vom Pferderücken. 2 Beispiele: Ich reite also auf einem Weg am Waldrand entlang. Auf einem Hochsitz, in einiger Entfernung, erblicke ich einen Jäger. Ich reite langsam weiter und erhebe lediglich eine Hand zum Gruß. Der Jäger erwidert den lautlosen Gruß, und nach einer Minute bin ich schon um die nächste Waldecke verschwunden. Einem erfolgreichen Ansitz steht so nichts im Wege.

Diese Situation habe ich auch schon anders erlebt: Wieder reite ich am Waldrand entlang. Der ansitzende Jäger fängt schon von Weitem an zu brüllen. Schimpft und schreit auf seinem Hochsitz herum, um seinem Ärger Luft zu machen. Diesmal erhebe ich keine Hand zum Gruß, bin auch nach einer Minute weg, aber der Jäger kann seinen Ansitz vergessen und nach Hause fahren. Mit seinem Geschrei hat er alles vergrämt!

Tatsache ist, dass die Störung, die von einem Pferd ausgeht, eher gering ist. Je mehr Pferde und Reiter in einem Revier unterwegs sind, um so weniger interessiert sich Wild dafür. Die Stücke äugen zwar neugierig, springen aber oft nicht ab. Nicht umsonst hat man früher die klassische Jagd mit Kutsche und Jäger ausgeübt. Dabei ließ das Wild die Pferdekutsche passieren und bemerkte nicht, dass ein Jäger den Jagdwagen verließ. Nachdem die Kutsche hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden war, durfte der Schuss fallen, den das Wild dann nicht mit der Kutsche in Verbindung bringt.

In allen Bundesländern gibt es Landesforstgesetze, die das Reiten im Wald regeln, und überall gibt’s Reiter, die sich nicht an die Regeln halten. Das ist nun einmal so. Welcher Jäger will ständig Anzeigen erstatten und sich vor Gericht herumärgern? Besser ist man doch bei der eigentlichen Jagdausübung aufgehoben. Gibt es im Ort eine Reitanlage, von der regelmäßig Ausritte ins Gelände gestartet werden, kann der Grünrock mit den Betreibern reden und das Reiten auf die Haupttageszeit reduzieren.

Gibt es einen Reitverein, so ist auch das Gespräch mit dem Vorsitzenden zu suchen. Er wird die Mitglieder darauf einstimmen, in der Dämmerung nicht mehr zu reiten. Im Gegenzug ruft der Jäger die Pferdehalter an, sobald er eine Treibjagd plant. Reiter haben so die Möglichkeit, ihre Pferde an diesem Tag im Stall zu lassen. In aller Regel sind sie dankbar für diesen Hinweis.

Passionierte Pilzsammler

Angesichts solch einer Ausbeute an Steinpilzen kann man auch die Sammler verstehen. Das bei der Schwammerlsuche Störungen auftreten ist fast unvermeidlich

Im Gegensatz zu den Reitern, die meist ortsansässig sind, kommen Pilzsammler von überall her. Auch aus den Großstädten strömen sie in die Wälder und gehen ihrer Passion nach. Ein Trost ist, dass dies nicht jedes Jahr geschieht, denn nicht jedes Jahr ist ein Pilzjahr. Ein weiterer Trost ist, dass alle Reviere betroffen sind. Hat man ein Jagdgebiet mit Feldteil, steht der Mais noch zur Hauptpilzzeit.

August und September sind Steinpilzmonate. Schwarzwild, das dann noch den Wald als Einstand nutzt, wird durch Pilzsammler ins Feld verdrängt. Wildschaden hat also mehr Ursachen, als man glaubt. Selbst Schwarzwild erkennt Pilzsammler. Es verlässt zwar den Einstand, jedoch nicht in Panik.

Meist suchen sich Sauen in der Nähe einen anderen Tageskessel. An Pilzwochenenden gehe ich bereits am Morgen mit 1—2 Jagdfreunden ins Revier, und wir setzen uns an guten Wechseln an, die bei passendem Wind zwischen den Dickungen liegen. Schon manch ein Überläufer und Damkalb kamen so zur Strecke. Die Pilzsammler spielen dabei ihre Rolle als unfreiwillige Treiber, die man anschließend noch nicht einmal zum Schüsseltreiben einladen muss.

Moderne Schatzsucher

Zeitgleich mit der Verbreitung von Navigationsgeräten für Wanderer entwickelte sich das Geocaching zu einer weltweiten Bewegung. Kleine, wetterfeste Schatztruhen werden von Geocachern versteckt. Entweder über eine Plattform im Internet oder über eine App auf dem Smartphone bekommen andere Schatzsucher Hinweise zum Auffinden der Plastikbehälter. Es handelt sich dabei um geographische Koordinaten. Was als nette Freizeitbeschäftigung für Wanderer begann, artet nun teilweise aus. Höher, schneller, weiter und schwieriger lautet die Devise. Nun muss jeder Revierinhaber damit rechnen, auch des nachts Geocacher im Busch zu treffen. Ausgerüstet mit Nachtsichttechnik suchen sie nach Markierungen an Bäumen oder Felsen, die nur bei Nacht im Schein des Infrarotlichtes reflektieren und damit sichtbar werden. Es geht nun nicht darum, den Leuten ihren Spaß zu verderben.

Wanderer brauchen ein Ziel – hier ist es die „Hufeisenbuche“
Hinweistafeln zu den Sehenswürdigkeiten sind wichtig. Sie lenken den Besucherstrom durch den Wald

Der Jäger kann jedoch passiv eingreifen, wenn wirklich sensible Revierbereiche häufig und nachhaltig gestört werden. Vermutlich hat fast jeder einen Geocacher im Bekanntenkreis. Dieser könnte im Revier einen sogenannten Multicache verstecken. Dabei wird der Suchende über mehrere, ebenfalls versteckte Hinweise, zum Schatz geführt. Auf diese Weise kann man Schatzsucher lenken. Sie können ihrem Hobby nachgehen, ohne das Wild zu stören.

Leider gibt es auch uneinsichtige Leute in der Szene, die sich nicht scheuen, Verstecke in Fledermaus-Unterkünften oder gar in einsamen Mooren und Schilfpartien anzulegen. Auch dagegen gibt es ein erprobtes Mittel. Nichts ist für Geocacher schlimmer, als wenn ein Versteck von Unkundigen entdeckt wird. Dabei ist eine Entdeckung manchmal gar nicht so schwer. Oft genug führen regelrechte Trampelpfade zu den kleinen Truhen.

Die Unkundigen werden in der Szene als Muggles bezeichnet. Jäger nennt man Greenmuggles. Ein Versteck, das entlarvt wurde, wurde gemuggled. Nach einem Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 4. März 2013, hat ein Geocachebehälter auf jeden Fall einen Eigentümer, dessen Rechte nicht verletzt werden dürfen. Deswegen muss man den gefundenen Gegenstand direkt im Fundbüro abgeben. Nun bringt es möglicherweise Nachteile, einen Cache zum Fundbüro zu bringen. Die Sucher lassen nicht locker und halten sich um so länger an dem Ort auf.

Auf der deutschen Internetseite www.geocaching.de werden Hinweise gegeben, wie man den Eigentümer dazu bringt, den Behälter zu entfernen. Entweder man legt einen Zettel in den Behälter, indem man sich vorstellt, und darum bittet, die Box an einer anderen Stelle zu deponieren, oder man meldet sich bei der Internetplattform an und nimmt Kontakt zum Eigentümer auf. Auf der Internetplattform www.opencaching.de sind die Koordinaten von Verstecken frei zugänglich.

Ein Plätzchen zum Verweilen. Selbst einheimische Wanderergruppen nehmen solch einen idyllischen Ort immer wieder gern an

Jäger als Osterhasen

Zielgerichtet: Auch ein Gedenkstein ist für Waldbesucher ein Anlaufpunkt. Wer hierhin geht, stört anderswo nicht

Die mit Abstand am häufigsten benutzte Plattform ist www.geocaching.com. Mit Hilfe dieser Seiten kann der Jäger auch selbst Osterhase spielen und passende Verstecke anlegen (siehe auch DJZ 2/2010, ab Seite 22). Inzwischen hat zum Glück ein Umdenken in der Leitung der Szene stattgefunden. Durch Fortbildungsveranstaltungen, Hinweise in Fachliteratur und Benutzerregeln im Internet sensibilisiert man die Mitglieder für den Naturschutz.

Hat man sein Revier in einer Region mit überwiegend fremden Besuchern, sind Hinweistafeln zu bestimmten Zielen durchaus hilfreich. Gibt es solche Ziele noch nicht im Revier, so recherchiert man in alten Ortschroniken. Überall gab es vor Zeiten bemerkenswerte Personen, denen ein Gedenkstein gewidmet werden kann. Leider hat auch jede Region durch Wildererhand ermordete Förster vorzuweisen, deren Andenken in jedem Fall Wert sind, auf einem Stein eingemeißelt zu werden. Als Revierinhaber sponsort man den Stein, und der Heimatverein oder der Wanderverein ist sicher gern bereit, den Ort des Gedenkens zu gestalten.

Am besten gibt es noch einen Grillplatz oder eine Wetterschutzhütte in der Nähe — fertig ist das Ziel für Spaziergänger und Wanderergruppen. Leider gibt’s Reviere, die aufgrund der Erholungsuchenden nicht mehr bejagbar sind. Oft sind es Landstriche, die an Ballungszentren grenzen. Einheimische Spaziergänger lassen sich nicht lenken. Sie haben es satt, eine bestimmte Strecke mehrmals abzulaufen. Manchmal bleibt nur noch die Möglichkeit, ein solches Revier aufzugeben, auch und selbst dann, wenn noch so schöne Erinnerungen daran hängen.

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