ANZEIGE

“Menschen, die auf Jagd gehen, sind keine Monster”

2178

Die Britin Louise Gray wagt einen Selbstversuch: Ein Jahr lang ernährt sie sich nur von Tieren, die sie selbst getötet hat. Der DJV hat das Buch gelesen und rezensiert …

Die Autorin ist Schottin, Umweltjournalistin und Tochter eines Landwirtes. Louise Gray beschreibt ein Experiment: Ein Jahr lang isst sie nur noch Fleisch von Tieren, die sie selbst getötet hat. Ihr Buch beginnt sie offen: „Mein erster Abschuss ist eine Katastrophe.“ Mit einer Büchse vom Kaliber .22 schießt sie ein Kaninchen. Es flüchtet und sie sucht es über Stunden. Als sie es findet, denkt sie: „Ich werde dafür sorgen, dass dein Tod einen Sinn bekommt. Ich werde herausfinden, was es bedeutet, Tiere zu töten und Fleisch zu essen. Und dann werde ich ein Buch darüber schreiben.“

Das Ganze im Blick

Den Auftakt des folgenden Selbstversuchs bilden Meerestiere. Die Autorin fährt mit zur Ernte, knackt Austern selbst und isst sie. Es folgen Kaisergranate und Hummer aus der Reuse, beim Fliegenfischen fängt sie ihre erste Forelle. Ihr Vater lehrt sie schließlich das Flintenschießen.

Buchcover: Edel Books Germany

Mit diesem Wissen erlegt sie später eine Taube. Immer beschreibt Louise Gray, wie sie sich dabei fühlt, immer hat sie das Tier als Ganzes im Blick, mit seinen Bewegungsabläufen, seinem Futterverhalten, seinem Aussehen: „Er (der Jäger) muss so vieles beachten: den Wind, das Terrain, wo die Hirsche grasen, wo die Hirsche sich hinbewegen, wo sie sich ausruhen.“

Buchrezension richtig tiere essen
Louise Gray mit selbst erlegtem Rothirsch in Schottland (Quelle: Louise Gray)

Jede Mahlzeit wird zum Event

Wenn sie die Tiere zubereitet, nimmt sie jede Mahlzeit bewusst wahr und schildert ihre Eindrücke bildhaft. Beispielsweise nimmt sie sich einen Tag Zeit, um ein Huhn zu rupfen und auszunehmen. Im Anschluss daran lädt sie ihre Freunde zum Essen ein: „Letzten Endes lohnt sich die Mühe. Meine Freunde sind begeistert, wie aromatisch das gebratene Huhn schmeckt. Die Haut ist knusprig, das braune Fleisch saftig.“ Aus jedem Tier macht die Autorin bewusst ein Event, ein Happening. Louise Gray nimmt noch mehreren Tieren reflektiert das Leben: Unter anderem schießt sie bei einer Treibjagd einen Fasan, tötet ein Lamm auf einem Magerrasen in Schottland und erlegt auf der Pirsch einen kapitalen Rothirsch.

Der Weg vom Tier auf den Teller

Die Autorin hat für den Leser umfassend recherchiert, Schlachthöfe (u.a. Dovecot, den größten Großbritanniens) besucht, Lämmer- und Kälberställe oder Bio- und Freilandhöfe. Sie führt mit ganz verschiedenen Protagonisten Interviews: Beispielsweise mit der Kommunikationsleiterin von McDonalds Dionne Parker oder mit der Verhaltensforscherin Temple Grandin. Louise Gray will wissen, wie Tiere zu Tode kommen, um anschließend auf dem Teller zu landen. Sie ist anwesend bei Halal-, Haus- sowie industriellen Schlachtungen. Sie nimmt teil an Einzel- und Gesellschaftsjagden und sammelt sogar Fallwild vom Straßenrand auf.

Eindrucksvolle Jagderlebnisse

Das Werk könnte insgesamt kürzer sein, hätte die Autorin dem Standpunkt contra Masttierhaltung von Schwein, Rind und Huhn sowie Fischzucht weniger Raum gegeben. Diese Themen haben andere Autoren vor ihr weit ausführlicher und besser thematisiert, etwas Rüdiger Dahlke in „Peace Food“. Das Buchprojekt sollte ein Jahr umfassen – es dauerte viel länger, denn: „Angeln, Schießen und Pirschen wollten gelernt sein“.

Die Jagderlebnisse selbst sind packend und eindrucksvoll beschrieben. Die Autorin stellt Jagd als etwas Natürliches und Ursprüngliches dar und führt dem Leser die Absurdität von Massentierhaltung vor Augen. Zu den Dingen, die sie bei Ihrem Selbstversuch gelernt hat, zählt unter anderem die Erkenntnis, dass „Menschen, die auf die Jagd gehen oder in Schlachthäusern arbeiten, keine Monster sind“. Viele der Jäger, die sie traf, hätten ein beeindruckendes Wissen über die Natur und über die Tiere, die sie jagten, schreibt sie. Wir finden: ein lesenswertes Buch!

PM/DJV

Mehr Jagdbuchrezensionen…

ANZEIGE
Aboangebot