Mit Halla fing in Stockholm die große Karriere von Hans Günter Winkler an.
Von Hans Jörg Nagel
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Foto: Hans Jörg Nagel |
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Er war und ist der erfolgreichste Springreiter der Welt. Keiner konnte es ihm hoch zu Ross gleichtun. Titel und Auszeichnungen sind fast unzählbar. Aber zur Legende wurde Hans Günter Winkler durch Halla. Es ist der 17. Juni 1956. In Stockholm werden die Olympischen Spiele ausgetragen. Hans Günter Winkler vertritt die schwarz-rot-goldenen Farben sowohl in der Mannschafts- als auch in der Einzelwertung. Es passiert in der ersten Runde am Hindernis Nummer 13. Der damals knapp 30-Jährige zieht sich beim Schenkeldruck zum Absprung einen Muskelriss in der Leiste zu. Trotz heftiger Schmerzen tritt Winkler auch zum 2. Durchgang an. Und obwohl er Halla kaum mehr Hilfe leisten kann, trägt ihn die Stute ohne Fehler und als Zeitschnellste ins Ziel. Gold für die deutsche Mannschaft und für den schmerzverzerrten Reiter.
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Ich glaube die meisten Jagdeinladungen hatte ich Halla zu verdanken. Jeder interessierte sich damals für das Pferd. Hans Günter Winkler denkt heute noch viel an seine Wunderstute von Stockholm. Er erinnert sich aber auch gerne an seine jagdlichen Anfänge und so manche Trophäenjagd.
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Bis heute muss der gebürtige Barmer (Ortsteil von Wuppertal) die Geschichte der Wunderstute erzählen, bis heute nennt er sie eine Mischung aus Genie und irrer Ziege. Mit der irren Ziege und 6 weiteren Pferden nahm HGW, wie er gern genannt wird, von 1956 bis 1976 an 6 Olympischen Spielen teil und gewann insgesamt 5 Gold-, 1 Silber- und 1 Bronzemedaille. 1986 beendete er mit 60 Jahren seine Reitsportkarriere. Danach hatte ich mehr Zeit für die Jagd, resümiert Hans Günter Winkler im Interview mit der Deutschen Jagdzeitung. Noch mehr Zeit, legt er nach, denn Büchse und Flinte führte er auch häufig während seiner aktiven Zeit. Ferdinand Baron v. Korff war Schuld, dass aus dem Reiter Winkler auch der Jäger Winkler wurde.
Das war Anfang der 1950er Jahre. In einem Stall der Reiterstadt Warendorf traf ich den Baron. Wir unterhielten uns über dies und das und merkten schnell, dass wir gleich tickten, erinnert sich HGW und setzt nach: Daraus entwickelte sich eine Lebensfreundschaft. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er keinen Bezug zur Jagd gehabt.
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Statt Jagdschein Freifahrtschein
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Über die Reiterei bekam Hans Günter Winkler einen Zugang in jagdliche KreiseFotos: privat |
Zu dieser Zeit waren fast alle Reiter Adlige mit Landbesitz. Die meisten zudem Jäger. So auch Baron v. Korff, und es kam, was kommen musste, sagt der Reiter mit einem Grinsen. Zusammen mit Ferdinand gings auf die Pirsch. Schnepfenjagd war das erste Abenteuer in grün, das Hans Günter Winkler miterleben durfte. Kaum im Revier angekommen, drückte mir mein Gastgeber eine Flinte in die Hand. Ich war seinerzeit Soldat gewesen, konnte also nicht nur schießen, sondern traf auch deshalb hatte ich keine Scheu, ein Gewehr zu führen. An diesem Tag kamen die Schnepfen noch davon, ohne Federn zu lassen.
Das änderte sich am Folgetag. Winkler beschreibt: Die erste Schnepfe ließ ich noch durch und machte nur eine Anschlagübung. Die zweite holte ich vom Himmel. Ziel erfassen, vorhalten und bumm der Vogel fiel mausetot vor meine Füße. Und das ohne Jagdschein, also gewildert? Das spielte damals noch keine große Rolle, gibt der Olympiasieger gelassen zu. Zudem war der Baron Vorsitzender der örtlichen Jägerschaft. Somit hatte ich einen gewissen Freifahrtschein. Andere Zeiten, andere Sitten.
In jedem Falle war Hans Günter Winkler von diesem Moment an jagdlich infiziert und drängte darauf, seine Passion so schnell wie möglich offiziell zu machen. 1951 hielt er seinen ersten Jahresjagdschein in der Hand. Und auch seine Wunderstute war künftig in das Weidwerk involviert. Ich wurde bei fast jedem Reitturnier auch zur Jagd eingeladen. Ich bin mir sicher, das verdanke ich in erster Linie der Berühmtheit von Halla. Sie hat mir reichlich und fast weltweit Jagdgründe eröffnet, erinnert er sich voll Dankbarkeit.
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Jagen weltweit dank Promistatus
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Einer der letzten großen Jagderfolge von Winkler: Ein Goldmedaillenschaufler in UngarnFoto: privat |
Erst nach Beenden der aktiven Laufbahn band sich der Reiter jagdlich. Winkler berichtet: 1986 pachtete ich zusammen mit einem Freund ein Revier in Polen. Auf mehr als 3.600 Hektar bejagten wir nahe der russischen Grenze vor allem Rot- und Schwarzwild sowie Rehe.
Allerdings herrschte hier nicht nur eitel Sonnenschein. Es gab Ärger mit den Einheimischen: Wir mussten fast 1.000 Kilometer von Warendorf bis ins Revier zurücklegen, konnten also nicht oft vor Ort sein. Das nutzten die Polen schamlos aus und wilderten während unserer Abwesenheit fast das ganze Revier leer. Spätestens als mein Mitpächter 1989 überraschend an einem Herzschlag starb, war mir klar: Ich gebe diese Pacht auf.
In den Folgejahren führte Winkler vor allem im Ausland die Büchse. Hatte er in Spanien zum Beispiel Anfang der 1970er Jahre schon auf Einladung des Diktators Franco gejagt, war es nun König Juan Carlos, der ihn auf Hirsch und Niederwild weidwerken ließ. Er nennt den spanischen Monarchen einen guten Freund und legt nach: Durch meine Bekanntheit war es mir auch nach dem Karriereende möglich, auf Einladung der Regierungschefs in weiten Teilen Afrikas, Amerikas und Europas zu weidwerken. Besonders gerne bejagte der heute 86-Jährige Böcke und Rothirsche. Die besten erlegte er in Ungarn, vorrangig am Balaton. Wildbretgewichte und Trophäen habe ich zwar mit Interesse registriert, aber nie Buch geführt, betont Winkler.
Besieht man sich allerdings die Trophäenwände in seinem Warendorfer Haus, bleibt dem Betrachter die Spucke weg. Gewaltige Damschaufler hängen neben etlichen Ia-Rothirschen. Die Schultermontage eines gewaltigen Keilers zieht ebenso den Blick auf sich, wie Springbock-, Oryx- und Kudupräparate. Zumindest den europäischen Trophäen ist eines gleich: Kaum eine Stirnzier, an der keine Medaille hängt.
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Krönender Abschluss: ein Medaillen-Schaufler
Gesellschaftsjagden hat Winkler viele mitgemacht. Allerdings nicht unbedingt erfolgreich. Mit einem Lachen erinnert sich der alte Jäger: Obwohl ich vorrangig die Prominentenplätze sprich Kaiserstände bekam, blieb der Büchsenlauf meistens kalt. Da kann man nichts machen. Es sollte eben nicht sein.
Wild- und revierabhängig machte HGW vor allem auf der Pirsch oder beim Morgenansitz Strecke. So ist ihm die Erlegung eines gewaltigen Bockes noch gut in Erinnerung: Das war in Westungarn. Eigentlich waren wir auf dem Heimweg, als ich durch eine Hecke auf gut 200 Meter einen roten Fleck ausmachte. Quer über das Feld schoss ich das Reh tiefblatt. Nach kurzer Zeit stand ich vor meinem kapitalsten Bock. Er hatte genau 500 Gramm auf dem Haupt.
Einen Jagdhund hat Winkler nie geführt. Die Umstände ließen das einfach nicht zu. Dafür kommt die Frage nach seiner Lieblingswaffe wie aus der Pistole geschossen: Eine Blaser R 93 im Kaliber 7 x 64. Mit diesem Repetierer gab er auch seinen letzten Schuss ab. In Csokonyavisonka (Ungarn) erlegte HGW vom Ansitz aus einen gewaltigen Damschaufler. Die Trophäe wurde schließlich mit 192,5 Punkten bewertet. Goldmedaille. Das war am 21. Oktober 2010. Seitdem ist für Hans Günter Winkler Hahn
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Steckbrief:
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Foto: Hans Jörg Nagel |
Hans Günter Winkler kam am 24. Juli 1926 im Wuppertaler Ortsteil Barmen zur Welt. Nach seinem Dienst in der Wehrmacht zog es ihn in die Reiterhochburg Warendorf (Nordrhein-Westfalen). 1952, 1953, 1954, 1955 und 1959 wurde er Deutscher Meister im Springreiten. 1957 Europa-, 1954 und 1955 Weltmeister. Von 1956 bis 1976 nahm HGW an 6 Olympischen Spielen teil und gewann insgesamt 5 Gold-, 1 Silber- und 1 Bronzemedaille. Zweimal wurde er zum Sportler des Jahres gekürt und zweimal gar zum Sportler des Jahrzehnts (19501960 und 19601970). 1986 beendete Winkler seine Reitsportkarriere. In den Folgejahren übernahm er noch Funktionen im Deutschen Reiterverband (u. a. Bundestrainer) und schrieb einige Fachbücher. Etliche Auszeichnungen (so auch das Bundesverdienstkreuz) wurden ihm zuteil. Ein Denkmal wurde ihm bislang nicht gesetzt, dafür aber seiner Halla, die 1979 starb. Am Sitz der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf steht eine lebensgroße Bronze-Plastik der Wunderstute. Hans Günter Winkler lebt in 4. Ehe und hat 2 Kinder.
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