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Prominenter Jäger: Karl-Heinz Funke

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Karl-Heinz Funke ist ehemaliger Bundeslandwirtschaftsminister. Der Friese war jahrzehntelang politisch aktiv. Aber so oft es seine Zeit zuließ, tauschte er den grauen Parlamentsanzug gegen „Grünzeug“.

Von Hans Jörg Nagel

 

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Lässt man seinen Reiterhof rechts liegen und durchfährt Strandbad Dangast kommt schon das Meer. Ein herrlicher Blick auf den Jadebusen entlohnt für die lange Anreise. Es ist gerade Ebbe, und noch sind ein paar Minuten Zeit bis zum Interview-Termin. Aussteigen und Nordseeluft schnuppern. Geschnatter am Himmel, von West nach Ost folgt Keil auf Keil. In wenigen Minuten beobachte ich unzählige Gänse auf ihrem Weg ins Sommerquartier. Ein wunderschönes Naturschauspiel, aber sicher nicht ganz unproblematisch. Prima Gesprächseröffnung – also nichts wie hin zu Karl-Heinz Funke.
 
Der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister empfängt mich auf seinem Hof. „Ja, mit den Gänsen ist das hier so eine Sache“, bestätigt er meinen Verdacht. „Der Vogelzug geht über Wochen. Und es sind zigtausende. Das Flugwild kommt aus wärmeren Gefilden und geht hier zu Schaden.“  Fallen die Gänse auf den landwirtschaftlichen Flächen ein, sind Felder und Wiesen innerhalb kürzester Zeit abgeerntet. „Das große Fressen“ betrifft den ganzen Küstengürtel.
 
Funke erklärt: „Mit der Ausweisung großer Flächen zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer hat sich die Situation von 1982 an verschärft. Seitdem dürfen Vordeichsflächen nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden. Durch Ebbe und Flut verklebt das Küstengras und ist so für das Niederwild unattraktiv. Deshalb zieht es die Gänse ins Binnenland, wo sie auf den Anbauflächen gewaltig zu Schaden gehen.“ Und er legt nach: „Die Bestrebung gewisser Naturschützer, die Jagd auf diese Zugvögel weiter einzuschränken, ist natürlich ebenso kontraproduktiv wie die Einstellung der Ausgleichszahlungen an betroffene Landwirte!“ Funke weiß, wovon er redet. Als Spross einer altansässigen Bauernfamilie kennt er die Folgen solcher Wildschäden. Als ehemaliger Fachminister sind ihm diesbezügliche politische Interessenskonflikte bekannt, und als begeisterter Grünrock vertritt er konsequent die Belange des Weidwerks.
 
 

Erwischt!

 

hund funke
Der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister mit seinem „eher untauglichen“ WeimaranerFotos: Hans Jörg Nagel
„In meiner Familie wurde schon immer gejagt. Alle meine männlichen Vorfahren waren mit Büchse und Flinte unterwegs. Auch mir ist das Weidwerk angewölft“, so der 68-Jährige.
 
Und die Passion brach schon ganz früh durch. „Bereits als 8-Jähriger zog ich mit der Kleinkaliberbüchse durch das Dorf und schoss Vögel aus den Bäumen“, erinnert er sich. Das ging auch meistens gut. Meistens …: „Einmal erwischte mich die Polizei auf frischer Tat. Ein Beamter entriss mir die Büchse auch noch so ungeschickt, dass sich ein Schuss löste. Ich wurde zu meinem Großvater geschleift, und der verpasste mir einen ordentlichen Anschiss. Erst als die Polizisten den Hof verlassen hatten, klärte er mich auf, dass ich nicht für meinen Jagdausflug bestraft worden sei, sondern weil ich mich habe erwischen lassen.“
 
Der junge Karl-Heinz war häufig dabei, wenn sein Großvater spontan das Pflügen eines Ackers unterbrach, um einen Hasen oder Fasan fürs Abendbrot zu erlegen. „Landwirtschaft und Jagd war damals eins“, fasst er zusammen. Und er ergänzt: „Die Landbevölkerung fühlte sich verantwortlich für das Wild, sah es nicht ausschließlich als Schädling, sondern tat viel dafür, die Mitgeschöpfe nachhaltig nutzen zu können.“
 
 
 

Jagd im Schweinetrog

 

Gerade Gänse und Enten auf den überfluteten Flächen hatte Funke als Knabe im Visier. Mit umgedrehten Schweinetrögen als Bootersatz ging es raus aufs Wasser, und die 6-mm-Flobert knallte häufig. Verjährte Wilderei.
 
Offiziell wurde Funke 1968 Jäger. Vorher ging es um die Karriere – Studium und Ausbildung. Für damalige Verhältnisse stieg der Niedersachse sehr früh in die Politik ein. Mit gerade mal 32 Jahren saß er schon im Landtag. „Deshalb habe ich auch nie ein eigenes Revier betreut. Es fehlte mir einfach an der Zeit.“
 
Aber an Jagdgelegenheiten hat es dem begeisterten Pfeifenraucher nie gemangelt. Neben Staatsjagden und vielen Einladungen aus dem Umfeld der Politik blieb er zeitlebens mit den Revieren rund um seine Heimatgemeinde Varel verbunden. Hier nahm er auch nach bestandener Prüfung an seiner 1. Treibjagd teil. „Im Vorfeld hatte ich noch einmal kräftig im Blase geblättert, um nur keine Fehler zu machen. Das hätte mich im Anschluss im Dorfkrug Lokalrunden gekostet“, bekennt er sich zu seiner damaligen Aufregung. Aber alles ging gut. Und er steuerte sogar ein paar Hasen zur hervorragenden Strecke bei.
 

Gute alte Zeiten!

 

Die Niederwildstrecken sind in den vergangenen Jahren auch rund um Varel deutlich zurückgegangen. Der Ex-Minister erklärt sich das unter anderem mit zunehmender Bebauung und Intensivierung der Landwirtschaft. Aber Hauptgrund sei die Zunahme von Raubwild und -zeug: „Wenn ich zu einer Niederwildjagd eingeladen werde, frage ich erstmal, wie viele Füchse bereits erlegt wurden. Das ist meist ein guter Indikator für den Erfolg der Treibjagd.“

 

 

Auf das 1. Stück Schalenwild musste der Pferdefreund 2 Jahre warten. Dann flatterte die Jagdeinladung des Pächters aus dem benachbarten Neuenburg ein. Ein Bock sollte es sein. Das Erlebnis ist für Funke unvergesslich: „Es war zur Blattzeit. In der Abenddämmerung trat ein Bock auf die Weide aus. Ich sprach ihn als reif an und ließ auf rund 100 Meter fliegen.“ Erst am erlegten Stück habe es ihn geschüttelt: „Es ist das Ablegen der Anspannung. Am erlegten Stück bin ich in tiefer Demut vorübergehend ein anderer Mensch.“
 
Ein Stück Damwild folgte. Zu ihm kam Funke auf Einladung eines Freundes aus dem Landkreis Bremervörde. Diesem folgten in den Jahren weitere gute Schaufler. Über nützliche Beziehungen aus Politik und Gesellschaft ging es auch auf Muffelwidder im Solling und Schwarzwild in Springe, wo er als Forstminister von 1990 bis 1998 als Jagdherr fungierte. Dort ist ihm eine spannende Keilerjagd besonders in Erinnerung geblieben: „Ich saß in einer Senke, als im Gegenhang vor mir ein Keiler erschien. Als er breit stand, schoss ich auf etwa 80 Meter und kam gut ab. Doch statt im Feuer zu liegen, warf sich das Stück herum und zog direkt auf mich zu. Bis auf 5 Meter kam er an meinen Erdsitz, um unmittelbar daneben sein Leben auszuhauchen. Ich sah den Tod in seinen Augen!“
 

Jagd und Politik

 

Schlendert man durch Funkes Trophäenstube erzählen Schaufeln, Schnecken, Stangen und Gewaffe von einem erfüllten Jägerleben. Aber es gab nicht nur schöne Momente. Der ehemalige SPD-Politiker berichtet: „Seinerzeit war Gerhard Schröder Chef und ich Minister in seinem Kabinett. Die große Staatsjagd in Springe stand für den übernächsten Tag an. Da klingelte mein Telefon. Am anderen Ende Hiltrud Schwetje, die 3. Frau von Schröder. Sie forderte mich auf, die Jagd umgehend abzusagen.“ Funke fragte nicht einmal nach einer Begründung und legte auf. Alleine die Tatsache, dass die Schröder-Gattin ihm in jagdpolitische Angelegenheiten reinreden wollte, war ihm zuviel: „Ich lehnte das natürlich ab. Hätte sich Schwetje durchgesetzt, wäre ich sofort von meinem Amt zurückgetreten!“
 
Aber es gab auch nützliche Zusammenspiele von Jagd und Politik. Mit einem bübischen Lächeln erinnert sich Funke an einen ganz besonderen Deal: „Es ging um eine neue Teststrecke von Mercedes-Benz. Baden-Württemberg und Niedersachsen standen zur Auswahl. Sie wurde schließlich bei uns im Emsland gebaut!“ Inwieweit die Einladung des damaligen Benz-Chefs auf einen Ier Hirsch eine Rolle spielte, bleibt offen. Funke: „Gleichzeitig ließ ich eine hochrangige Mitarbeiterin des Autobauers auf einen guten Keiler führen.“ Doppelt gemoppelt hält besser!
 


Steckbrief

 

funke
Karl-Heinz Funke wurde am 29. April 1946 in Dangast bei Varel (Landkreis Friesland/Niedersachsen) geboren. Von 1966 bis 2011 war er Mitglied der SPD. Als Niedersächsischer Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gehörte der studierte Germanist von 1990 bis 1998 der Landesregierung von Gerhard Schröder an. Nach der Bundestagswahl 1998 folgte er Schröder als Fachminister in die Bundesregierung. Im Zusammenhang mit der BSE-Krise trat Funke 2001 von seinem Amt zurück. 2011 geriet der Friese in den Fokus der Justiz. Funke soll als Verbandsvorsteher dem Geschäftsführer des Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverbandes ungerechtfertigterweise eine Gehaltserhöhung zugesprochen haben. Das Gericht verurteilte ihn wegen Untreue zu einer Bewährungsstrafe und Zahlung von 10.000 Euro. Bei der Kommunalwahl 2011 trat Karl-Heinz Funke als Spitzenkandidat der Wählergemeinschaft „Zukunft Varel“ auf. Dies führte zu seinem Ausschluss aus der SPD. Seinen Jagdschein machte der Pferdehof-Besitzer 1968. Seit 2003 ist er Vorsitzender des Bundesverbandes für landwirtschaftliche Wildhaltung. Karl-Heinz Funke ist verheiratet und hat 3 Kinder. na
 
 


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