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Verwerten von rauschigen Keilern: Operation Aufbruch!

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Was tun mit einem rauschigen Keiler? Verwerfen oder an den Hund verfüttern? Nein, sagt ein Wildmeister. Er verwertet das kostbare Wildbret nach fachgerechtem Aufbrechen.

Von Wildmeister Werner Siebern

 

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Den Pinsel anheben und zwischen Bauchdecke sowie Pinsel die Schwarte durchschärfen. (Foto: Beate Siebern)

Ein Keiler wurde erlegt. Zwar rauscht Schwarzwild inzwischen das ganze Jahr über, doch so richtig zur Sache geht es nach wie vor im November und Dezember. Nur hygienisch einwandfreies Aufbrechen, mit dem Ziel, dass Klötze, Samenstränge und Prostata eine Einheit bleiben, kann das Verwerfen oder Verderben des Wildbrets verhindern. Zum Aufbrechen stets Untersuchungshandschuhe aus Vinyl oder Latex verwenden. So setzt man sich nicht der Gefahr einer Blutvergiftung aus, nur weil es zuvor eine unbemerkte kleine Schnittwunde an der Hand gab, die dann verunreinigt wird. Beim nächtlichen Aufbrechen für gute Beleuchtung sorgen. Eine Stirnlampe ist besser als das Licht des  Autoscheinwerfers, das stets lange Schatten wirft. Optimal ist es, den Keiler in einer gut ausgeleuchteten Wildkammer aufzubrechen.

 

Brunftrute und Pinsel

 

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Die Harnblase wird am Ausgang zum Harnleiter zugehalten, dann der Harnleiter durchtrennt. (Foto: Foto: Beate Siebern)

Den Pinsel anheben und zwischen Bauchnabel sowie Pinsel die Schwarte durchschärfen. Unter Anheben des Pinsels wird die Schwarte weiter aufgeschärft. Darauf achten, dass die Klinge flach an der Bauchdecke entlanggeführt wird. Zwischen Bauchdecke und Brunftrute befindet sich eine große Duftdrüse, die keinesfalls angeschärft werden darf. Sie enthält ein stinkendes Sekret. Es ist derart konzentriert, dass es mit Wasser verlängert werden kann. So  entsteht ein hervorragendes Lockmittel. Dann zieht man die Brunftrute weiter heraus und schärft die Schwarte auch an der anderen Seite durch. Nun Brunftrute samt Pinsel zur Seite legen, die geschlossene Bauchdecke ist sichtbar. Ein vorsichtiger Schnitt erfolgt in die Mittelnaht der Bauchdecke. Aber vorsichtig, denn weder Harnblase, noch Dünndarm sollen verletzt werden! Die Bauchdecke wird in Richtung Brustbein aufgeschärft. Ist das erreicht, fasst man das Messer mit beiden Händen und durchtrennt das Brustbein bis zum Hals, dann die Schwarte bis zum Unterkiefer. Schärft man knapp neben dem Mittelpunkt des Brustbeins entlang, geht’s leichter, da hier das Brustbein verknorpelt und nicht verknöchert ist. Nun in die Brusthöhle greifen, Drossel und Schlund packen, beides durchschärfen. Das Geräusch an Drossel und Schlund herausziehen und vor dem Zwerchfell abschärfen.

 

Nicht am Zwerchfell ziehen!

 

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Der Blaseninhalt ist ein hervorragendes Lockmittel. (Foto: Beate Siebern)

Das Zwerchfell wird links und rechts leicht eingeschärft. Dann Magen und Dünndarm entnehmen. Darauf achten, dass das Zwerchfell nicht mit herausgerissen wird. Schließlich soll der Zwerchfellpfeiler als Trichinenprobe dienen. Magen und Dünndarm werden neben dem Stück abgelegt. Die Verbindung durch den Enddarm zum Stück bleibt bestehen. Bei dieser Gelegenheit: Es ist eine Unsitte, links und rechts am Zwerchfell zu ziehen und Magen und Darm gleich mit herauszureißen. Dabei wird die feine Bindehaut herausgetrennt, die über den Filets liegt. Verschmutzung und Austrocknung werden so beschleunigt. Diese Haut wird erst nach dem Reifen des Wildbrets, beim Zerwirken, entfernt.

 

Der kritische Punkt beim Aufbrechen

 

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Die Samentasche enthält Flüssigkeit. Sie darf nicht ab- oder aufgeschärft werden! (Foto: Beate Siebern)

Weder Harn noch Spermaflüssigkeit dürfen auslaufen. Die Harnblase wird am Ausgang zum Harnleiter zugehalten, der Harnleiter durchschärft. Die Blase ist somit samt Inhalt entfernt. Den Blaseninhalt gibt man in eine Flasche. Er ist wertvoll: Den Harnstoff des rauschigen Keilers kann man portionsweise einfrieren. Versprüht mit einem Zimmerpflanzenbefeuchter, leistet er im Jagdbetrieb gute Dienste. Sei es nun, dass damit eine Rotte Überläufer auf dem Wechsel gestoppt oder ein heimlicher Keiler aus der Dickung gelockt werden soll. Am besten wird der Harnstoff mit dem Inhalt der Pinseldrüse gemischt. Das Volumen der Prostata reicht nicht aus, um mehrfach täglich für die Fortpflanzung zu sorgen. So bildet sich eine Vorratskammer für Samen und Flüssigkeit, die beim Aufbrechen als dicker, unförmiger Klumpen zu sehen ist. Der liegt direkt vor der Beckenöffnung und darf nicht ab- oder aufgeschärft werden. Zwischen den Keulen wird die Schwarte bis zum Weidloch aufgeschärft. Nun streift man die Schwarte über den Keulen zur Seite, die Klötze werden sichtbar. Durch Aufschärfen des Bindegewebes legt man sie frei.

 

Samenstränge nicht durchtrennen!

 

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Die Samenstränge verlaufen an den Innenseiten der Keulen durch die Bauchdecke in den inneren Beckenbereich zur Prostata. Sie dürfen nicht durchtrennt oder abgerissen werden. (Foto: Beate Siebern)

Die Samenstränge verlaufen an den Innenseiten der Keulen durch die Bauchdecke in den inneren Beckenbereich zur Prostata. Sie dürfen nicht durchtrennt oder abgerissen werden! Vorsichtig wird an ihnen gezogen, um deren Durchgang in die Beckenhöhle zu erkennen. Die Klötze beidseitig ablegen. Sie bleiben durch die Samenstränge mit dem Stück verbunden. Die Keulen teilt man durch einen einzigen Schnitt genau in der Mitte. Bei gutem Licht ist das Bindegewebe sichtbar, das die Keulenhälften trennt. Hier schärft man durchs Bindegewebe bis auf den Beckenknochen. Die Beckenhälften werden durchs Schloss zusammengehalten. Fühlt man mit einem Finger an der Innenseite des Beckenknochens, bemerkt man die Schlossnaht. Hier lässt sich das Schloss leicht durchtrennen. Bei älteren Keilern ist es selten möglich, die Schlossnaht mit dem Messer Durchzuschärfen. Man benutzt eine Aufbrechsäge. Diese im flachen Winkel zur Schlossnaht halten, um die darunter liegende Prostata und den Weiddarm nicht zu verletzen.  Es folgt das Aufbrechen des Schlosses. Dazu zieht man beide Schlosshälften kräftig nach oben und zugleich auseinander, bis das Rückenteil des Beckenknochens vernehmlich knackt. Bitte die Keulen nicht auseinander biegen. Dann reißt wertvolles Wildbret der Keulen ein. Bei älteren Keilern fixiert man die Keulen mit den Knien und zieht den Pürzel nach oben, bis das Schloss knackt. Nach Entfernen des Weiddarms werden die Samenstränge freigelegt. Vorsichtig verfolgt man deren Weg durch die Bauchdecke bis zur Prostata und legt sie frei. Man nimmt Prostata mit Samentasche, Samensträngen und Klötzen heraus. Bei sauberer Arbeit ist kein Tropfen der extrem riechenden Flüssigkeit ans Wildbret gelangt. Das Aufschärfen der Brandadern bringt nichts. Aus ihnen treten nur wenige Tropfen Schweiß aus. Beim ordentlichen Kammerschuss schweißt das Stück in die Brusthöhle aus.

 

Maßnahmen bei rauschigem Wildbret

 

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Nach dem Entfernen des Weiddarms werden die Samenstränge freigelegt. Prostata mit Samensträngen, Samentasche und Klötzen werden komplett entnommen. (Foto: Beate Siebern)
Die Kochprobe findet nur statt, wenn der Geruch des bereits abgeschwarteten Keilers nicht aufdringlich ist, also im Zweifelsfall. Stinkendes Wildbret hingegen wird gleich als Hundefutter abgekocht. Vom Wildbret aus Blatt oder Keule ein etwa handtellergroßes Stück (ohne Gewürze) 10 – 15 Minuten kochen, bis es durch ist. Verbreitet sich dabei bereits beißender Geruch (Rausche), gibt es ein Problem. Man muss dann Schinken machen. Oft stinkt glücklicherweise nichts, obwohl die Schwarte des Keilers nichs Gutes hoffen ließ.
 
Führt die Kochprobe zum Ergebnis, dass das Wildbret des Keilers durch Rausche betroffen ist, gibt es eine Methode, die immerhin zu 90 Prozent der Fälle dazu führt, das Wildbret zu retten. Das Wildbret wird komplett ausgelöst, also alle Knochen entfernt. Dann wird es in Beuteln tiefgefroren. Möglichst bis zu -30 Grad. Nach 6 bis 8 Wochen taut man das Wildbret auf. Viel Flüssigkeit läuft aus. Nun wird das Wildbret durch einen Fachmann ausgiebig gepökelt, anschließend gewässert. Dann in Lake mariniert und geräuchert. Durchs Pökeln wird dem Wildbret sehr viel Flüssigkeit entzogen. Die unförmigen Teile umgibt man vor dem Räuchern mit einem Rollbratennetz. Es entsteht ein Wildschweinschinken, der nur roh verzehrt werden darf (stinkt sonst!), der aber von ausgezeichneter Qualität sein kann. Sehr viel hängt ja vom Fachwissen des Rauchmeisters ab. Es versteht sich von selbst, dass dieser Schinken, und sei er noch so delikat, nicht in den Handel gebracht werden darf. Er dient nur dem Eigenbedarf!
 


24.05.2012

Nicht jeden ekelt es!

US-Forschern um die Wissenschaftlerin Katherine Lunde entdeckten ein Gen, das beim Genuss von Eberfleisch über den Geschmack entscheidet. Damit empfinden nicht alle Menschen den Geruch und Geschmack gleich.

 

Der „Aromastoff“ Androstenon kann nur wahrgenommen werden, wenn er an speziell angepasste Sinneszellen andockt. Gene bestimmen darüber, ob und wie viele Rezeptoren im Menschen gebildet werden. Die Intensität der Wahrnehmung steigt, wenn von beiden Elternteilen die Fähigkeit zur Produktion dieser Androstenon-Rezeptoren vererbt wurde.
Androstenon ist ein Stoffwechselprodukt des männlichen Geschlechtshormons Testosteron. Im Wildbret ruft das Pheromon den typischen Ebergeruch hervor. Was die Bache beim Rauschen in Duldungsstarre versetzt, lässt den Verbraucher ekeln, wenn er ins Schnitzel beißt.
Im Experiment wurde den Probanden Fleischproben mit unterschiedlich hoch konzentrierten Androstenonzugaben vorgesetzt. Nur 70 Prozent bemerkten das Pheromon. Dabei beurteilten sie das Fleisch umso ekelerregender, je höher der Androstenongehalt war. Den 30 Prozent, die das Pheromon nicht wahrnehmen konnten, fiel bei den unterschiedlichen Fleischproben kein Qualitätsunterschied auf. 
 
Da nach dieser Studie ein Drittel der Menschen den Ebergeruch gar nicht wahrnimmt, ist zu überlegen, ob das Wildbret rauschiger Keiler doch noch seine Anhänger findet.
 
 red.
 


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