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Äugen – wittern – vernehmen

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Die Sinnesorgane Auge, Gehör und Geruch sind beim Wild besonders sensibel ausgebildet. Sie dienen dem Schutz vor Feinden und haben noch viele andere Funktionen.

Von Hans Joachim Steinbach

Rotwild
Rotwild ist mit außerordentlich wachen Sinnen ausgestattet: Das Wild äugt gut, windet und vernimmt ausgezeichnet.

Wild und Tiere überhaupt sind in ihren sinnlichen Wahrnehmungen, in der Leistungsfähigkeit ihrer Sinnesorgane, dem Menschen weit überlegen. Besonders gut ausgebildet sind dabei: Gesichtssinn – das Äugen, Gehörsinn – das Vernehmen, Geruchssinn – das Wittern oder Winden.

Auf jeder Feder ein Auge

Von allen Sinnen ist der Gesichtssinn bei Säugern in der Regel weniger leistungsstark. Die Augen des Wildes heißen beim Schalenwild „Lichter“, beim Nieder- und Raubwild „Seher“. Das Sehen beim Wild heißt „Äugen“. Die Augen der Vögel haben ein besonders gutes Auflösungsvermögen, somit können sie selbst aus großen Höhen scharf sehen und Einzelheiten erkennen. Von Tauben und Wildgänsen heißt es sprichwörtlich: „Auf jeder Feder ein Auge“. Bei vielen Säugetieren ist dagegen nur das Bewegungssehen besonders ausgebildet. Von unserem heimischen Schalenwildarten äugen Muffel- Dam- und Rotwild besonders gut. Die Anordnung und die Ausformung der Augen spielt eine Rolle für die Größe des Sehfeldes, so können „Fluchttiere“ wie der Feldhase auf Grund ihrer seitlich am Kopf sitzenden Augen auch nach hinten sehen und haben ein Gesichtsfeld von fast 360 Grad.

Mit der Nase sehen?

Ist der Gesichtssinn schon – im Vergleich zu dem des Menschen – hervorragend ausgebildet, dann ist der Geruchssinn noch eindrucksvoller. So sind beispielsweise Raubtiere häufig Wildtiere, die ihre Umgebung (Beute) über die Nase realisieren. Wenn Wild riecht, „wittert“ oder „windet“ es. Die Nase heißt „Windfang“ oder beim Schwarzwild „Wurf“. Die Luft, den Geruch, den Wild oder Hunde aufnehmen, nennt der Jäger „Wittrung“. Zum Anlocken von Wild (Lockjagd) wird sogar spezielle Wittrung hergestellt und im Revier ausgebracht (Schleppe, Luderplatz).

Wegen der besonderen Bedeutung des Geruchssinnes von Wildtieren, spielt der Wind bei der Jagdausübung und beim Beobachten von Wild eine herausragende Rolle. Wild wittert den Jäger bei der praktischen Jagdausübung oftmals über mehrere hundert Meter. Der Jäger muss deshalb immer die Hauptwindrichtung beachten. „Schlechter“ Wind ist Nackenwind. Dagegen bezeichnet man Augenwind als „guten“ Wind. Neben den Hauptwindrichtungen muss der Jäger aber auch die Geländeformationen und die Bewaldung einbeziehen, es gibt Küsel- und Kesselwind, Kippwind, Auf- und Abwind. Auch hohe Hochsitze sind nicht völlig unabhängig vom Wind. Wild zieht meist instinktiv gegen oder wenigstens mit halbem Wind.

Bei starkem Wind sind die Sinnesleistungen (auch das Vernehmen) der Wildtiere stark beeinträchtigt, es zieht erfahrungsgemäß bei Sturm nicht oder nur ungern. Deshalb lautet eine überlieferte Jägerregel: „Wenn der Wind jagt, sollte der Jäger nicht jagen!“

Die Wittrung spielt für das Wild eine entscheidende Rolle bei der Nahrungssuche, beispielsweise bei Raubwild auf Beutezug oder Schwarzwild beim Auffinden von Fraß im Boden. Über den Geruchssinn verständigen sich Artgenossen und Familienmitglieder (Sozialverhalten, Familienverbände). Über den Geruchssinn werden brunftige (rauschige) Tiere erkannt oder Feinde wahrgenommen. Spezielle „Duftdrüsen“ wie die „Viole“ beim Fuchs, die „Brunftfeige“ beim Gamswild oder die „Laufbürsten“ an den Hinterläufen beim Rot- und Rehwild haben eine große Bedeutung im Sozialverhalten des Wildes. Wild hat spezielle Duftdrüsen, über die Signale weitergegeben werden, um das Revier zu markieren, Partner und Familienmitglieder zu kennzeichnen oder Feinde abzuschrecken.

Röhren wie ein Hirsch

Über das Gehör nimmt das Wild Geräusche in seiner Umgebung wahr und verständigt sich durch Laute auch miteinander. Das Hören des Wildes nennt der Jäger „Vernehmen“. Die Ohren des Schalenwildes sind die „Lauscher“, beim Schwarzwild die „Teller“, beim übrigen Wild die „Gehöre“. Die Ohren des Feldhasen nennt man „Löffel“, die der Jagdhunde „Behänge“.

Die Lauscher und Gehöre des Wildes sind trichterförmig geformt und innen wie außen stark behaart. Besonders große, trichterförmige und sehr bewegliche Lauscher sind ein äußeres Zeichen für gutes Hörvermögen. Rot- und Schwarzwild haben ein ausgezeichnetes Hörvermögen, aber auch anderes Wild vernimmt sehr gut, kann vor allem fremde Laute wie metallisches Klicken deutlich von natürlichen Lauten unterscheiden.

Wild verständigt sich durch Laute, beispielsweise durch „Mahnen“ oder „Schrecken“. In der Blattzeit des Rehwildes werden von den brunftigen Stücken Fieplaute als Signale an die Böcke weitergegeben. Kitze rufen fiepend ihre Ricke. In der Brunft des Rot-, Dam- und Elchwildes „rufen“ oder „röhren“ die Hirsche. Die Brunft des Rotwildes ist dabei besonders lautstark und eindrucksvoll.

Das Nachahmen der Brunftlaute wird bei der Blattjagd auf Rehböcke und der Rufjagd auf Hirsche oder Elche als besonders interessante und reizvolle Jagdmethode angewendet. Dazu ahmt der Jäger die Fieplaute der Ricke oder den Brunftschrei des Rothirsches nach, um Rehbock oder Hirsch zum Zustehen zu bewegen. Mit dem Ruf kann man einen bestimmten, rufenden Hirsch auch im Einstand angehen. Dabei entwickelt sich ein spannendes Hin und Her zwischen Ruf und Antwort.Foto: Jürgen Schiersmann

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