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Prominente Jäger: Andreas Kieling – Mit dem Tod per Du

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Er ist beliebt, wie kein anderer deutscher Tierfilmer. Seine Naturdokumentationen werden
von bis zu 4,5 Millionen Menschen verfolgt. Andreas Kieling wird aber auch als Buchautor in den Bestsellerlisten geführt. Ein Abenteurer und Jäger ohne Fehl und Tadel? Nicht ganz!

 

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In seinen Filmen präsentiert Andreas Kieling Abenteuer in unberührter Natur. (Foto: A. Kieling)
Besuch bei Deutschlands bekanntestem Tierfilmer. Ein mächtiges Karibugeweih und gewaltige Elchschaufeln an der Fassade des Anwesens verraten: Andreas Kieling ist nicht nur Filmemacher, Buchautor und Showmaster, der 52-Jährige ist auch Jäger. „14 Jahre lang habe ich in Alaska verbracht, da erlebt man einiges“, sagt der drahtige Abenteurer zur Begrüßung. Der mächtige Karibu sei zum Beispiel vor seinen Augen beim Durchrinnen eines Flusses „geerntet“ worden. Zig Pfeile der Einheimischen setzten dem großen Hirsch ein Ende. „Weidgerechtigkeit spielt weder bei den Indianern, Inuit, Aborigines oder Buschmännern eine Rolle. Gejagt wird mit allen Mitteln, einzig, um Fleisch zu gewinnen.“ Jagdethische Gedanken sind hier, laut Kieling, fehl am Platz. Das Urvolk der Inupiat jage bereits seit 16.000 Jahren auf diese Weise. Trotzdem sei keine Wildart in diesem Teil Alaskas gefährdet. „Die Kinder gehen schon als 4-Jährige mit Pfeil und Bogen auf die Jagd und schießen auf alles, was sich bewegt“, hat der gelernte Berufsjäger beobachtet.
Viele Filme hat Kieling in Alaska gedreht und noch mehr erlebt. Am spektakulärsten ist sicherlich seine erste Begegnung mit Eisbären. „Ich war als Sozius von einem Motorschlitten gefallen, weil ich in den Händen Kamera und Stativ hatte und mich nicht festhalten konnte. Mein Fahrer war betrunken – Alkoholismus und Drogenkonsum sind bei den Inuit ein großes Problem. Kurz und gut: Ich lag im Schnee und sah den Einheimischen am Horizont verschwinden.“ Es habe nicht lange gedauert, und die ersten Eisbären seien mit der Nase im Wind auf ihn zugewechselt. Die gewaltigen Bären kamen bis auf 20 Meter heran. Andreas Kieling: „Ich hatte nichts, um mich zu verteidigen. Um überhaupt etwas zu tun, baute ich die Kamera auf, schaltete sie an und verabschiedete mich via Objektiv bei meinen Freunden und der Familie.“ Doch irgendwann verschwanden die weißen Riesen. 2 Einheimische klaubten Kieling später auf, und auf Grund seines Erscheinungsbildes gaben ihm die Inuit fortan den Namen „Nuvuk“ – der Zugeschneite.
Weitere Erlebnisse und Überraschungen folgten. Zum Beispiel: Auf einer abgebrochenen Eisscholle verbrachte er knapp einen Monat treibend auf dem Meer. In Folge einer Schneeblindheit mussten ihm 2 künstliche Pupillen eingesetzt werden. Nach einer von vielen Waljagden puhlte Kieling aus der Außenhaut eines uralten Grönlandwals eine abgebrochene Harpunenspitze. „Die war aus Jade. Meine Nachforschungen haben ergeben, dass das Tier als Jungwal damit harpuniert wurde – das war um das Jahr 1800.“
In unzähligen Filmen hat Andreas Kieling weitere Abenteuer in unberührter Natur einem Millionenpublikum präsentiert. Einzigartige Aufnahmen aus Afrika, Asien und Amerika haben ihn in die Liga eines Prof. Bernhard Grzimek oder Heinz Sielmann aufsteigen lassen.
Am liebsten hat der Abenteurer seine Objektive auf Grizzlys in Alaska oder Kanada gerichtet. Dabei sind ihm starke Bilder von jagenden und kämpfenden Bären gelungen. Und schnell hatte Kieling einen weiteren Spitznamen weg: der Bärenmann.
 

 

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Am liebsten richtet der Abenteurer Kieling sein Objektiv auf Grizzlys in Alaska oder Kanada. (Foto: A. Kieling)
 

Angeschweißt beim Fluchtversuch

 

Der in Thüringen geborene Kieling zieht Abenteuer magisch an. Eine der ersten Drückjagden,
die er erlebt habe, sei ein Treiben auf ihn selbst gewesen, erinnert er sich: „Damals war ich 17 Jahre alt. Ich hatte kein gutes Elternhaus, und die DDR wurde mir zu eng. Da entschloss ich mich zur Republikflucht.“ Für den illegalen Grenzübertritt wählte er die Donau zwischen der Tschechoslowakei und Österreich. Tagelang habe er die Grenzposten aus einem Versteck im Wald beobachtet, ehe er den gefährlichen Schritt in die Freiheit wagte. Zwischen 2 Grenzzäunen löste Kieling Alarm aus. Er hatte einen Stolperdraht übersehen. Trotzdem schaffte er es in den Grenzfluss. Da fiel ein Schuss. Im Rücken getroffen, erreichte der 17-Jährige so gerade noch das gegenüberliegende Ufer. „Was ich nicht wusste, war, ob ich tatsächlich in Österreich gestrandet war. Was ich wusste, war, dass ich einen Rückenschuss hatte und meine Beine nicht mehr bewegen konnte.“ Auf den Armen zog sich der Flüchtling mehrere 100 Meter ins nächste Dorf und wurde ohnmächtig. Im Spital erwacht war seine erste Frage: Wo bin ich? Die beruhigende Antwort kam von einem Polizeibeamten: „In Freiheit, in Österreich.“ Kaum genesen, zog der junge Kieling zu seinem Großvater nach Stade. Noch im gleichen Jahr heuerte er auf einem Handelsschiff der „Deutschen Afrika Linie“ an und fuhr 3 Jahre lang zur See. „Da habe ich natürlich auch einiges erlebt. Aber mein Wunsch, Berufsjäger zu werden, war mir stets gegenwärtig.“ Und so verwundert es nicht, was Kieling später mit seiner Heuer erwarb: eine Brünner Bockbüchsflinte mit einem 8 x 56 Zeiss-Glas.

 

Vom „Strolch“ zum Jäger

 

„Ich wollte schon als kleiner Junge Jäger werden. Für mich gab es keine Alternative“, betont Kieling. Mit Pfeil und Bogen habe er in Gotha (Thüringen) schon Ratten und Kaninchen gejagt. „Und später landete die Beute auf dem Grill und in meinem Magen – beide Arten“, erzählt er.
Mit 6 Jahren bekam Klein-Andi sein erstes Fernglas – zumindest ein Stück davon: „Das war die Hälfte eines Binokulars. Es hat mir lange gute Dienste geleistet“, erinnert er sich. Ein Jäger aus dem Dorf habe ihn häufig mit in den Thüringer Wald genommen. Dort beobachtete der Knirps sein erstes Rot- und Schwarzwild, ahnend, dass der Jäger dabei nicht ganz selbstlos handelte: „Er fand meine Mutter hübsch und hat auf diese Art bei ihr gepunktet.“
In der Jagdgesellschaft Finsterberg diente sich der Junge nach oben. Vom „Strolch“ wurde er zum „Jagdhelfer“. Andreas Kieling: „Das waren echte Titel für Jägeranwärter in der DDR.“ 1972 folgte ein Umzug nach Jena. Da war Kieling 12 Jahre alt. Schnell fand er auch hier Anschluss zur örtlichen Jägerschaft und beobachtete Tag und Nacht Muffel- und Rehwild. „Die ersten Jagderlebnisse und Bücher von Jack London haben in mir eine unstillbare Abenteuerlust erzeugt“, sagt er. Und schließlich kam noch sein großes sportliches Interesse (Boxen, Radfahren) und seine Begeisterung für Technik hinzu. Diese Kombination habe ihm zu dem gemacht, was er heute ist. Andreas Kieling: „Ich wäre kein so erfolgreicher Tierfilmer geworden, wenn ich nicht ein so passionierter Jäger wäre.“
 

Im Sperrfeuer der Öffentlichkeit

 

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Wegen Trickbildern in Kritik geraten: Andreas Kieling. (Foto: Archiv)
Andreas Kieling steht aktuell schwer in der Kritik. Ihm wird vorgeworfen, in der ZDF-Sendung „Terra X – Kielings wildes Deutschland“ (ausgestrahlt am 15. April, 19.30 Uhr) die Zuschauer betrogen zu haben (DJZ-Meldung: Kieling schummelt). In einem Teil des Beitrags zeigte der 53-Jährige angeblich Wölfe auf dem Truppenübungsplatz Altmark (Sachsen-Anhalt). Tatsächlich handelte es sich dabei um wolfsähnliche Hunde“. Sowohl die Sendeanstalt als auch Andreas Kieling haben diesen Fehler eingeräumt. Trotzdem hagelt es von überall Kritik. In vielen Zeitschriften und Veröffentlichungen wird der Filmer des Betrugs und der Irreführung bezichtigt. In einem offenen Brief wirft der bekannte Wildbiologe Ulrich Wotschikowsky dem Filmemacher Unglaubwürdigkeit vor und nennt ihn „einen falschen Botschafter“. „Es war naiv von mir, nicht im Abspann des Beitrags oder mit Untertiteln auf die Wolfshunde hinzuweisen. Das passiert mir nicht mehr“, zeigt sich Kieling einsichtig. Und er legt nach: „Mir war doch völlig klar, dass Jägern, Förstern, Wildforschern und anderen Fachleuten sofort auffällt, dass es sich um keine authentischen Bilder handelt.“ Einsicht ja, aber auch Wut beim Filmemacher: „Die böse Kritik von Wotschikowsky ärgert mich. Ich habe mit ihm bei den Dreharbeiten gesprochen – und er wusste ganz genau, dass wir mit Wolfshunden drehen. Und nun schießt er aus allen Läufen gegen mich. Das ist sehr unfair!“
Weitere Kritik aus Jägerreihen muss er wegen seiner Haltung zum Wolf einstecken. Nach seiner Ansicht gehört der Grauhund nicht ins Jagdrecht. Und dazu steht er. „Darüber, dass der Steinadler im Jagdgesetz aufgeführt wird, gibt es keine 2 Meinungen. Beim Wolf ist das ganz anders. Er wird immer polarisieren“, behauptet der Filmemacher. Er kenne viele Jäger, die die natürliche Rückkehr des Grauhundes befürworten: „Aber bitte nicht in meinem Revier!“ Die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht senke – nach Ansicht von Kieling – die Hemmschwelle, dem Großräuber heimlich nachzustellen: „Vielleicht fühlen sich dann manche Jäger eher berechtigt, den Eindringling zu eliminieren, als wenn dieser dem Naturschutzrecht unterliegt.“ Überhaupt würde die Rückkehr von Bär, Wolf und Luchs die Nation spalten. „Grundsätzlich befürworte ich deren natürliche Ausbreitung auf Truppenübungsplätzen oder in Nationalparks. Allerdings: Nicht überall in unserer Kulturlandschaft ist Platz für Großräuber.“
 

 

Bildergalerie mit Fotos von Andreas Kieling
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Steckbrief

 

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Andreas Kieling kam am 4. November 1959 in Gotha zur Welt. 1976 flüchtete er als 17-Jähriger aus der DDR. Von 1977 bis 1980 heuerte er als Seemann an. Seine Ausbildung zum Forstwirt und Berufsjäger absolvierte Kieling von 1980 bis 1983 in verschiedenen norddeutschen Revieren. 1988 lebte er für 1 Jahr als Forstberater in China. 3 Jahre später begann seine Karriere als Dokumentarfilmer. Für „Abenteuer Yukon“ wurde er 2008 mit dem Panda Award ausgezeichnet. Neben seinen Filmen hat der heute 52-Jährige bis heute 7 Bücher geschrieben. Kieling lebt in der Eifel, ist verheiratet und hat 2 Söhne.
 

 

 
 

 

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