ANZEIGE

Fuchsjagd an Raps und Mais

8488


Im Sommer ist die Vegetation hoch. Wie gelingt es dennoch, Reineke an Raps- und Maisschlägen zu erbeuten? Und welche Möglichkeiten bietet die Erntejagd?

Von Wildmeister Werner Siebern

 

Raubwild_0412_001
Fürs Niederwildrevier und die Gesundheit der Füchse selbst ist eine ganzjährige, straffe Bejagung der Rotröcke nötig!
 
Ganzjährig ist aber leichter gesagt als getan. Von April bis Oktober – manchmal bis in den November hinein – gibt es im Feldrevier reichlich Deckung (Raps und Mais).
 
Falls eine Fuchsfähe nicht schon gleich einen Bau im Rapsfeld anlegt, verlässt sie sicher recht bald den Mutterbau, um mit dem ganzen Geheck in den Raps umzuziehen. Denn dort lässt es sich gut leben. Im Raps oder Mais auf Reineke zu jagen, ist fraglos unmöglich. Mit etwas Nachhilfe ist es allerdings machbar, den neugierigen und relativ unerfahrenen Jungfüchsen am Rand der Schläge oder gar in Fahrspuren der großen Landmaschinen nachzustellen.
 
 

Am Spielplatz

 

Wer im April oder Mai bei bestem Büchsenlicht einen Fuchs beobachtet, kann getrost annehmen, dass es sich um eine Fähe handelt. Der Finger bleibt gerade (auch beim Rüden)! Aber wo steckt das Geheck? Oft bringt ein Reviergang dies an den Tag. Der Raps ist so dicht, dass Jungfüchse in diesem Gestrüpp nicht richtig herumtollen können. Deshalb verlagern sie ihren Spielplatz an dessen Rand. Zudem sind Jungfüchse sehr neugierig und wollen nicht immer nur Rapsstängel sehen.
 
Den Spielplatz erkennt der Heger an der völlig festgetretenen Erde, an umgewalzten Pflanzen, zerbissenen Maisstängeln und Fraßresten. Solch ein Spielplatz kann sich über 100 Meter lang am Feldrand verteilen. Ist der Spielplatz gefunden, hilft, wie bei vielen anderen Gelegenheiten, eine freistehende, transportable Ansitzleiter. Direkt am Rapsrand wird sie nicht aufgestellt, denn die Jungfüchse würden vielleicht Wind bekommen. Man beachtet den Wind und stellt die Leiter in 50 Metern Entfernung aufs Nachbarfeld. Mit der KK-Büchse und leiser Unterschall-Munition mit Hohlspitzgeschossen werden bei präpräzisen Schüssen beste Ergebnisse erzielt.
 
Vorsicht ist schon geboten, denn die Jungfüchse sind bereits 8–12 Wochen alt, wenn sie am Rapsrand spielen. Aus diesem Grund wird die Leiter mit einem Tarnnetz verblendet. Die Füchse sollen nicht die Silhouette des ansitzenden Jägers eräugen. Bereits Jungfüchse nehmen die Veränderung der Landschaft durch die kleine Leiter wahr. Allerdings werden sie auch von massiver Neugierde getrieben und müssen sich das Ding immer wieder anschauen. Ich habe mehrfach erlebt, dass Jungfüchse meine Anmarschspur aufnahmen, bis zur Leiter schnürten und die untere Leitersprosse bewindeten.
 
 

Nur mit Sitzfleisch

 

Am ersten Tag der Jagdaktion ist Daueransitz gefragt, möglichst von der Morgen- bis zur Abenddämmerung. Jungfüchse sind in der Deckung und auf ihrem Spielplatz tagaktiv, ähnlich wie am Heckbau. Zwischendurch gibt es Ruhepausen von 2 Stunden, aber dann werden die kleinen Rotröcke wieder munter. Es kann gelingen, am ersten Ansitztag ein ganzes Geheck zur Strecke zu bringen. Erlegte Jungfüchse bleiben bis zum Ende des Ansitzes liegen. Dieser erste Tag des Ansitzes darf nicht schon nach 1 oder 2 erlegten Jungfüchsen abgebrochen werden, um Kaffee zu trinken und am Folgetag wieder anzusitzen.
Am 2. Tag werden die Spielplätze meist nicht mehr angenommen, denn die Fähe hat dies den restlichen Jungfüchsen „verboten“. Falls die Deckung im Nachbarfeld zu hoch ist, um den Blick auf den Spielplatz freizugeben, wird die transportable Leiter so aufgestellt, dass die Feldrandkante oder wenigstens die erste Fahrgasse im Nachbarfeld sichtbar sind. Auch ein Feldweg zwischen 2 Rapsfeldern kann für den Ansitz genutzt werden, selbst wenn zwischendurch mal ein Trecker vorbeikommt. Man versucht dann, die Jungfüchse mit einer kurzen Schleppe, 100–200 Meter weit, heranzuholen.
 
 

Duft-Autobahn

 

Raubwild_0412_002
Schleppe zum Spielplatz der Jungfüchse
Wenn ich Jagdhunde zur Schleppenarbeit ausbilde, halte ich es stets so, dass die Übung besonders schwer ausfällt, damit der Hund es bei der Prüfung leichter hat. Ich ziehe die Schleppe, indem bestenfalls Läufe oder Stoß des Schleppwildes den Boden berühren.
Bei Jungfüchsen mache ich es genau andersherum, denn die erste ausgearbeitete Schleppe soll ihre letzte sein. In der Nähe des Ansitzes platziere ich eine frische Rehdecke. Von hier aus ziehe ich den Aufbruch eines Stück Rehwilds bis zum Spielplatz der Jungfüchse und nehme ihn in einem Eimer wieder mit. Damit das Schweißbad gelingt, kommt der Aufbruch in ein Zwiebelnetz aus dem Supermarkt. Einerseits hält dieses den Aufbruch zusammen, andererseits ist es so offen, dass eine regelrechte Duftbahn entsteht. Es bleibt nicht aus, dass mit zunehmender Länge der Schleppe der Duft nachlässt. Denn die Ackererde lässt den Aufbruch immer mehr zum dunklen Klumpen werden. Allerdings entsteht der Effekt, dass die Duftbahn in Richtung Rehdecke deutlich stärker wird. Somit wird den jungen Füchsen signalisiert, in welcher Richtung sie der Schleppe zu folgen haben.
 
Die Rehdecke am Ende der Schleppe ist wichtig, da die Jungfüchse ja nicht gleich satt werden sollen. Schließlich wird das Ausbringen der Rehdecke und Anlegen der Schleppe schon am Nachmittag vor dem Ansitztag vorgenommen.
 
Bereits in der Nacht finden die Jungfüchse die Rehdecke. Die frische Haut samt Läufen und Lauschern ist so interessant, dass Reinekes Nachwuchs daran rupft und ständig wieder zurückkehrt, auch wenn er davon nicht satt wird. Die Rehdecke wird mit einem Pflock befestigt, damit die Füchse sie nicht unmittelbar in den Raps zerren. Ich schärfe in die Mitte der Decke einen Schlitz und schlage den Pflock richtig fest ein. Nach meinen Erfahrungen ist es unmöglich, alle Jungfüchse eines Geheckes zu erlegen, wenn man sie vom Spielplatz weglockt. Aber 2 oder 3 auf der Strecke sind ja auch schon etwas.
 
 

Wohnzimmerjagd

 

Sind die Rapsfelder besonders groß, befinden sich Spielplätze der Jungfüchse auch mitten im Raps. Da schlägt die Stunde des Jägers erst wieder, wenn das Nachbarfeld, etwa Gerste, abgeerntet wurde. Bereits am ersten Abend nach der Ernte suchen Jungfüchse auf den Stoppeln nach Fraß! Nun sind sie bereits in einem Alter, in dem sie sehr neugierig auf die Hasenklage reagieren. Fast immer bekommt man sie damit auf Büchsenschussentfernung heran. Aber bitte: nicht vorbei schießen! Die negative Erfahrung, die ein Jungfuchs mit der Hasenklage macht, wird er ein Leben lang nicht vergessen.
 
Nach der Rapsernte bietet der Mais schon beste Deckung. Im Idealfall ist der Landwirt von der Notwendigkeit einer Schneise im Mais zu überzeugen. Das ist nicht leicht. Es gelingt uns nur, wenn wir ein sehr gutes Verhältnis zum Landwirt haben. Manchmal lässt sich die notwendige Überzeugungsarbeit mit einem guten Rehbraten unterstützen. Schließlich macht ein Landwirt seine Arbeit nicht nur zum Vergnügen, sondern um seine Familie zu ernähren.
 
Übrigens: Die Betriebsprämie der EU wird nicht gemindert. Jagdschneisen zählen inzwischen als „gebräuchliche und fachgerechte Bewirtschaftungsform“ beim Maisanbau. So gibt es die Möglichkeit, bereits bei der Bestellung des Maisackers eine Schneise zu lassen. Diese Planung soll dem Landwirt keine Gewinneinbußen, sondern nur Vorteile bringen. Er könnte die Schneise mit Sommergerste oder Hafer bestellen. Dieses Getreide würde er schon im Sommer ernten, und der Jäger hat bis zum Herbst eine wunderschöne Jagdschneise. Solch eine Bahn im Mais hat nahezu magische Anziehungskraft auf Füchse. Schließlich ist ein Maisfeld ein eintöniger Lebensraum. In den Getreidestoppeln einer Schneise dagegen tummelt sich allerhand Kleingetier. Dies bemerken übrigens auch die Eulen, die nachts immer wieder über diese Flächen streichen. Natürlich sind Jungfüchse bereits im Sommer am Luder interessiert. Deswegen vergräbt man Teile von Aufbrüchen und überfahrenem Wild an verschiedenen Plätzen auf der Schneise. Die Füchse sollen nicht satt werden, sondern die Schneise immer wieder nach Fraß absuchen.
 
 

Erntejagd

 

Raubwild_0412_004
Auch bei der Erntejagd auf Rotröcke ist der erhöhte Ansitz aus Sicherheitsgründen Pflicht.(Fotos: Beate Siebern)


Steht keine Jagdschneise zur Verfügung, und das wird in den meisten Fällen so sein, ist man beim Ansitz auf die abgeernteten Felder rings um den Mais angewiesen. Dabei steht der Gedanke im Vordergrund, welche Pässe für Füchse nun besonders interessant sind. Wo ist die nächste Deckung? Ist ein Waldstück in der Nähe oder ein anderes Maisfeld? Gibt es eine Stilllegungsfläche mit vielen Mäusen? Am Abend setzt man sich am vermeintlichen Ziel der Roten an, am Morgen dagegen am Maisfeld, also am Tagesunterschlupf. Während der Maisernte ist bisweilen zu beobachten, dass der Schlag von etlichen „Weidmännern“ umstellt wird, die dann auf flüchtige Füchse warten. Mal völlig abgesehen von der Tatsache, dass solches Verhalten dilettantisch ist, es ist obendrein äußerst gefährlich. Sowohl für die teilnehmenden Jäger, als auch für die Erntemannschaft. Zudem nimmt man billigend in Kauf, dass die Füchse sich gar nicht mehr aus dem Schlag trauen, da sie die anstehenden Jäger mehr fürchten, als den Erntevorgang. Zuletzt kann es vorkommen, dass sie von den Erntemaschinen zermalmt werden.
 
Als Einzeljäger oder zu zweit kann man die Ernteaktion dennoch für einen möglichen Jagderfolg nutzen. Es stellt sich nur die Frage: Was würde ich machen, wenn ich Fuchs wäre? Wohin würde ich flüchten oder schnüren, wenn mich die Erntemaschinen derart in Bedrängnis bringen? Weitab vom Erntegeschehen wartet man als Einzeljäger vor einer Deckung – neben einem Graben oder in einer Hecke – auf den anschnürenden Reineke. Der verlässt das Maisfeld oft schon bald nach Beginn der Ernte, falls es ringsherum nicht abgestellt ist. Diese Jagd ist fair und sicher. Falls doch in der Nähe des Erntebetriebes angesessen werden soll, etwa weil der Wald direkt angrenzt, wird ein transportabler Ansitzbock aufgestellt, damit immer ein Kugelfang gegeben ist.
 
Wurde die eigentliche Raps- oder Maisernte verpasst, bietet sich am nächsten Morgen eine gute Chance 1 oder 2 Füchse zur Strecke zu bringen. Die immer noch relativ unerfahrenen Rotröcke suchen nämlich die Stoppeln ihres einstigen Einstandes nach Mäusen und Fallwild ab. Die schwierige Jagd auf den Fuchs in der deckungsreichen Jahreszeit ist eine Herausforderung, die einem jagdliches Können und Ausdauer abverlangt. Für das Revier wird aber eine unverzichtbare Hegearbeit geleistet.
 
 
 
 


ANZEIGE
Aboangebot