ANZEIGE

Kanin: Fastenspeise und Plagegeist

5045

Wissenswertes über das Kanin

In welchem Jagdjahr wurden die meisten, in welchem am wenigsten Karnickel erlegt? Warum waren Jungkaninchen Fastenspeise? Von Dr. Rolf Roosen

Jahresjagdstrecken

Die Grafik zeigt die Streckenentwicklung in Deutschland beim Kanin. Die Zahl für 1936/39 ist gemittelt. Ab dem Jagdjahr 1992/93 sind auch die Strecken der neuen Bundesländer enthalten. Das beste Streckenergebnis mit 1.592.841 Kaninchen wurde 1977/78 erzielt, die geringste 2003/04. Damals wurden nur 143.582 Karnickel erlegt. Danach sind die Besätze der Grauen Flitzer in Deutschland wieder angestiegen, die Jahresjagdstrecke hat sich im Mittel bei knapp 260.000 Stück eingependelt (2007/08–2012/13).

1978/79 herrschte ein schneereicher Winter, und seit 1976 waren Greifvögel geschont

Im Jagdjahr 2012/13 rangierte das Wildkaninchen an 8. Stelle in der Streckenstatistik (259.818). Höhere Strecken wurden erzielt bei Rehen
(1.191.827), Wildtauben (703.865), Sauen (637.515), Rabenvögeln (532.967), Füchsen (531.932), Wildenten (411.696) und Feldhasen (315.965). Auf das Kanin folgten mit deutlichem Abstand Fasan (153.339) sowie Waschbär (104.201).

Spanien = Kaninchenland

Um 1100 vor Christus segelten die Phönizier bis zur Iberischen Halbinsel. Dort beeindruckten sie die starken Wildkaninchenpopulationen so sehr, dass sie das neu entdeckte Land nach ihnen benannten. In Phönizien war das Kanin allerdings nicht bekannt. Und so erinnerten sich die Phönizier an den heimatlichen Klippschliefer (Hyras syriacus) und prägten deshalb das Wort Klippschlieferland in phönizischer Sprache. Daraus wurde latinisiert Hispania bzw. Spanien, Espagne und Spain.

2 Damen beim Frettieren. Das Bild entstammt Queen Mary’s Psalter, einer englischen Handschrift aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts. Es belegt, dass damals adelige Frauen weidwerkten (Foto: PPZV)

Im 6. Jahrhundert berichtet Bischof Gregor von Tours, dass die ungeborenen Jungen des Kanins eine geschätzte Fastenspeise waren. Man rechtfertigte ihren Genuss seitens der Kirche damit, dass sie aus dem Wasser, dem Fruchtwasser, kamen. Und da sämtliche Wassertiere, also insbesondere Fische, während der 40-tägigen Fastenzeit verzehrt werden durften, schloss man sie kurzerhand mit ein. Mönche dürften damit begonnen haben, Wildkaninchen planmäßig zu domestizieren. Einerseits bot ihnen diese leicht zu haltende Tierart eine ständige Fleischreserve, andererseits waren die Fastentage leichter durchzustehen. Um nicht gegen die Gebote der Kirche zu verstoßen, zeigten sich die Mönche einfallsreich: Beispielsweise, indem sie die frisch gesetzten, noch nassen Jungkaninchen als Fastenspeise genossen. Denn sie wollten bei dem Entnehmen der Jungtiere keinesfalls das Muttertier töten.

ANZEIGE
Aboangebot