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Objektivdurchmesser-Vergleich – Wertvoller Sekundenvorteil?

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Für viele deutsche Jäger steht fest: Für den Abend- und Nachtansitz muss es ein 56er sein. Doch wie groß ist der Vorteil gegenüber kleineren Objektivdurchmessern wirklich? Wir haben die Modelle der Minox BL-Serie (8 x 33, 8 x 44 sowie 8 x 52) miteinander verglichen. Von Peter Diekmann

Novembermond 2017. Wenige Tage vor Vollmond sitze ich im Feld. Das Licht ist annehmbar, es ist etwas diesig. Doch bis 150 Meter ist alles gut sichtbar. Auf der Brüstung steht nicht wie gewohnt nur 1 Glas, es sind 4. Neben dem dämmerungsstarken Referenzglas Steiner Nighthunter Xtreme 8 x 56 mit einer Nachttransmission von „sauguten“ 93,5 Prozent, thronen dort die 3 Minox-Ferngläser BL HD 8 x 33, 8 x 44 sowie 8 x 52.

2 entscheidende Faktoren

(Fotos: Peter Diekmann)

Heute soll verglichen werden, wie groß die Vorteile von mehr Objektivdurchmesser beim Thema Dämmerungsleistung wirklich sind. Wenn es um diesen Faktor bei einem Fernglas geht, gibt es nur 2 Ansitzsituationen, in denen er entscheidend ist: beim Ansitz in der Dämmerung sowie in der Nacht. Abends bei schwindendem Licht bekommt der Jäger den kompletten Lichtbereich von Tageslicht bis Dunkelheit mit. Der Nachtansitz hingegen beschränkt sich auf Mondphasen mit teils ausgezeichneten, weitgehend gleichbleibenden Lichtverhältnissen. Der Ansitz in der Dämmerung unterscheidet sich also deutlich von einer „Nachtschicht“.

Versuchsaufbau

Laborwerte sind reine Theorie. Natürlich helfen sie, die Qualität einer Optik einzustufen und vor allem, das Glas mit anderen zu vergleichen. Was mich aber deutlich mehr interessiert, ist die Praxistauglichkeit. Mit anderen Worten: Bin ich mit Objekt X jagdlich erfolgreicher als mit Objekt Y?

Das zeigt sich am besten im Revier, weshalb ich wie eingangs beschrieben bei gutem Mondlicht in der geschlossenen Kanzel hocke. Der Reihe nach probiere ich hier bei Lichtwerten zwischen

5,8 und 6,5 (helles Mondlicht nach Tischoffschem Mondkalender) die beschriebenen Optiken aus. Dabei variiere ich in der Entfernung und konzentriere mich auf prägnante Punkte.

Wichtig sind aus meiner Sicht Auflösungsvermögen und Detailerkennbarkeit. Sie sind entscheidend beim Ansprechen von Geschlecht, Milchleisten, Gehörnen und Geweihen oder aber kleinen Frischlingen im hohen Gras. Als Zwischenfazit aus diesem Vergleich lässt sich festhalten, dass mit steigendem Objektivdurchmesser auch die Helligkeit des Bildes zunimmt. Bei der Detailerkennbarkeit ist unter diesen Lichtbedingungen für mein Auge allerdings kaum ein Unterschied feststellbar. Lediglich zwischen dem 33er Minox und dem Dämmerungs-Klassenprimus Steiner Nighthunter Xtreme 8 x 56 waren Nuancen erkennbar.

Die Optik aus Bayreuth liefert ein deutlich helleres Bild, die Schürze einer Ricke war mit ihr je nach Entfernung zum Wild aber lediglich minimal besser bzw. schlechter zu erkennen als mit dem 33er von Minox. Zugegeben: Das Licht war sehr gut. Doch der Mondhilft recht wenig, wenn es völlig zugezogen ist. Jäger nutzen diese Phasen nur, wenn genügend Licht bis zum Erdboden vordringt.

Fazit: Für helle Mondnächte brauche ich nicht unbedingt ein gutes 56er. Ein 42er reicht aus!

Knackpunkt Dämmerung?

Richtig punkten kann ein größerer Objektivdurchmesser also nur in der Dämmerung. Auch das probieren wir aus. Was das Thema Helligkeit angeht, zeigt sich hier ein ähnliches Bild. Mit steigendem Objektivdurchmesser erhöht sich auch die Helligkeit, wobei der Unterschied zwischen 44er und 52er am geringsten erscheint.

Da wir in diesem Fall nun vom Tageslicht bis in die Finsternis vergleichen, hat das Thema Detailerkennbarkeit eine ganz andere Relevanz. Und da fällt durchaus auf, dass mit jeweils 1 Stufe mehr Objektivdurchmesser auch einige Sekunden bis etwa 1 Minute länger Details erkennbar sind. Es ist sehr schwer, dies in Zahlen auszudrücken, da die Detailerkennbarkeit von vielen Faktoren abhängt. Beispielsweise von der Entfernung zum Stück.

Das Geschlecht von Rehwild, das auf 120 Meter austrat, war beispielsweise bereits 25 Minuten nach Sonnenuntergang selbst mit dem lichtstarken Steiner nicht mehr anzusprechen.

Das Testfeld von links nach rechts: Minox BL HD 8 x 33, 8 x 44, 8 x 52 sowie Steiner Nighthunter Xtreme 8 x 56

Fazit

1. Objektivdurchmesser unter 42 Millimeter sind für Ansitze in der Dämmerung allenfalls bedingt brauchbar.
2. Die Vorteile in der Detailerkennbarkeit des 52er Minox und des 56er Steiner gegenüber dem 44er Minox sind zwar sichtbar, bringen aber maximal 1 Minute Zeitvorsprung.
3. Die Bildhelligkeit steigt mit zunehmendem Objektivdurchmesser deutlich.
4. Jagdpraktische Vorteile eines 52ers oder 56ers gegenüber einem 42er sind in vielen Situationen irrelevant. Entweder ist das Licht gut genug zum Ansprechen oder eben nicht. Bei schlechtem Licht versagen auch Spitzenoptiken. Und selbst wenn die Ansprache mit dem teuren 56er noch klappt, ist der Schuss mit der 56er Zieloptik noch lange nicht sicher möglich. Dessen Dämmerungsleistung ist nämlich deutlich geringer.

Keinesfalls würde ich aber als Fazit von einem 56er abraten. Die Entscheidung über die Optik ist zum einen eine Sache der finanziellen Möglichkeiten, zum anderen eine des persönlichen Einsatzgebietes und Geschmacks. Möchte der Jäger viel Geld in Ausrüstung investieren, wird er mindestens 1 Pirsch- sowie 1 Nachtglas besitzen. Ist er sparsam und möchte nur 1 Universalglas für Pirsch und Ansitz besitzen, rate ich ihm zum leichten 42er. Reinen Ansitzjägern hingegen kann nur das 56er empfohlen werden!

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