Die Besätze der Gänse in Deutschland steigen, mit ihnen auch die Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen. Trotzdem wird von Naturschützern die Abschaffung der Gänsejagd gefordert. Jann Bengen stellt den Argumenten des NABU jagdliche gegenüber.
Fotos: Helmut Pieper, Sven-Erik Arndt
Erhebliche Schäden durch Gänse im Sinne von § 43 BnatSchG sind nicht nachgewiesen.
Fakt ist, das gänsebedingte Ertragsverluste in Deutschland und hier speziell in Niedersachsen in Höhe von 30–50 Prozent durch langjährige Feldstudien belegt sind.
Jagd als Mittel zur Schadensverhütung ist unwirksam und (kann) Schäden in der Landwirtschaft sogar steigern.
Dieses Argument widerspricht dem voranstehenden. Hans-Georg v. Campen, Träger der Niedersächsischen Umweltnadel, kommt in seiner umfassenden Studie zum Gänsemanagement 3 zu folgendem Urteil: „Damit Gänse und Schwäne die ausgewählten Vertragsnaturschutzflächen als Äsungsflächen auch wirklich annehmen und auf den übrigen Flächen Flurschäden möglichst vermieden werden, ist ein durchdachtes Gänsemangement von Nöten. Hierzu gehört in erster Linie die gezielte Bejagung (auch von Bläß- und Saatgans) …“Nach deutschem Recht besitzt das Jagdrecht der Grundeigentümer (Art. 14). Durch eine Einschränkung der Jagd würden geschützte Rechtspositionen erheblich beeinträchtigt. In diesem Falle wäre eine Entschädigungspflicht des Landes Niedersachsen gegenüber den betroffenen Jagdrechtsinhabern zu prüfen. Hier drohen hohe Kosten.
Die Populationen von Wildgänsen nehmen nicht unbegrenzt zu, sondern sind dichtereguliert.
Dies ist ein spannendes Argument, weil es nicht gegen die Jagd auf Gänse spricht, sondern gerade für die Jagd! Das übergeordnete Naturschutzziel ist die Erhaltung eines gesunden Gänsebesatzes. Auch der NABU lehnt eine nachhaltig Bejagung von Tierbeständen nicht ab. Die populationsdynamische Forschung zeigt: Mit zunehmender Bestandsdichte steigt die Gesamtsterblichkeit. Sie ist umso höher, je mehr die Wasservögel ihren Lebensraum ausgefüllt haben und umgekehrt. Aus der Blessgansforschung von Dr. Helmut Krukenberg wissen wir: „267.968 Blässgänse wurden im Winter 2007/08 nach Alter differenziert – so viele wie nie zuvor! Der aus dieser Stichprobe ermittelte Jungvogelanteil von 11,1 Prozent war der drittniedrigste seit Beginn der Erfassungen 1961/62.“ Der Bruterfolg der Blessgänse war also in diesem Jahr sehr gering. Ein deutliches Zeichen für eine dichteabhängige Selbstregulation. Folgerung: Bevor sich die Gänsepopulation selbst reguliert, kann man verantwortlich einen Teil der Population jagdlich nutzen.
Durch die Zerstörung der Familienverbände wird das arttypische Verhalten schwer beeinträchtigt.
Bei diesem Argument werden menschliche Empfindungen auf Wildtiere übertragen. Lebenslange Paarbindung – Tod eines Partners – eine lebenslang trauernde Gans wird suggeriert. Dem ist nicht so. In der Natur ist der Tod allgegenwärtig. Prädatoren, Seuchen, Unfälle, etc. tragen zu einem stetigen Sterben im Tierreich bei. Wildtiere sind an diese Umstände gewöhnt und tragen dem durch entsprechendes Verhalten Rechnung. Stichwort: Wieder- oder Umverpaarung. Zudem fehlt der wissenschaftliche Nachweis, worin sich die schwere arttypische Verhaltensbeeinträchtigung äußert.
Unzumutbare Beeinträchtigung des „Naturerlebnisses Gänsezug“ von nichtjagenden Naturnutzern. Viele Menschen würden in ihrem Recht auf ungestörte Naturbeobachtung beschnitten. Zusätzlich wird behauptet, dass „fachmännisch geführte Touristengruppen in jagdbefriedeten Gebieten nicht als Störfaktor in Erscheinung treten“.
Dieses Argument ist rein polemisch. Was ist „unzumutbar“? Haben nichtjagende Naturfreunde /-nutzer keine Möglichkeit mehr, Gänse zu beobachten? Das Gegenteil ist der Fall. Der NABU selbst bietet aufgrund der hohen Gänsevorkommen seit Jahren kommerzielle Bus-Touren zu den Rast- und Überwinterungsgebieten an. Z.B.:
„Gans nah“ – Gänsesafari mit der NABU-Naturschutzstation – Bus-Exkursion zu den Wildgänsen. Seit Jahren ein lohnendes Geschäftsmodell. Es ist klar, dass bei diesen Einnahmen kolportiert wird, dass Touristengruppen nicht als Störfaktor in Erscheinung treten.
In Schutzgebieten darf nur gejagt werden, wenn dies dem Schutzzweck entspricht. In den Kernzonen von Nationalparken und Biosphärenreservaten darf keinerlei Jagd stattfinden.
Fazit: Die NABU-Hypothesen gegen die Jagd auf Wildgänse sind unter Berücksichtigung von belastbaren nationalen und internationalen Forschungsergebnissen aus dem Bereich Wasserwildjagd und Störökologie nicht haltbar und spiegeln nur ideologische Forderungen aus einem verklärten Naturschutzgedanken wider.
- Gänse sind jagdbares Wild und werden nach ihrer Erlegung dem menschlichen Verzehr zugeführt.
- Gänsejagd ist nachaltig.
- Die Jagd in Schutzgebieten ist mit dem EU-Recht vereinbar und stellt eine legitime Nutzungsform in NATURA-2000-Gebieten dar.
- Die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit versprechen ein solides, ethisch verantwortungsvolles Handeln bei der tatsächlichen Jagdausübung.
- Eine Novellierung der Landesjagdgesetze ist nicht erforderlich.