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Prominente Jäger: Annemarie Moser-Pröll

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Vom Pistenblitz zur Bergjägerin: 1999 erhielt sie den Adelsschlag für eine beispiellose Karriere: Annemarie Moser-Pröll wurde zur „Sportlerin des Jahrhunderts“ gewählt. Doch längst hat die 58-Jährige Ski- gegen Bergstock getauscht. Jagd war und ist ihre große Leidenschaft.

Von Hans Jörg Nagel

 

Bergjagd war schon immer ihre größte Passion. (Foto: Annemarie Moser-Pröll)
Bergjagd war schon immer ihre größte Passion. (Foto: Annemarie Moser-Pröll)
Mit der Flinte bin ich eine Blinde!“ Entwaffnend ehrlich beurteilt Annemarie Moser-Pröll ihre Treffsicherheit mit Schrot. Aber das mache ihr wenig aus, legt sie nach: „Ich habe schon einige Male auf Hase und Fasan gejagt – aber das gibt mir nicht viel!“ Umso leidenschaftlicher jagt die ehemalige Weltklasse-Skifahrerin mit der Büchse. Und dabei vor allem auf Rotwild…
 
Mitte der 1970er Jahre waren die Liveübertragungen im Damen-Rennski wahre Straßenfeger. Jung und alt saß vor dem Fernsehgerät, um die verbissenen Kämpfe um die Medaillen, den Kampf um Zehntelsekunden, zu verfolgen.
 
In Abfahrt, Slalom und Riesenslalom war ein Platz auf dem Siegertreppchen meist reserviert: Annemarie Moser-Pröll gewann sagenhafte 62 Mal den Skiweltcup. Das schaffte vor und nach ihr keine mehr. Die deutschen Ski-Legenden, wie Rosi Mittermeier, Christa Kinzhofer oder auch Irene Epple, hatten meist das Nachsehen. „Und genau in dieser Zeit habe ich mich entschieden, den Jagdschein zu machen“, lächelt die Österreicherin und wird dann ernst: „1975 erkrankte Papa an Lungenkrebs. Er war ein hochpassionierter Jäger – und ich wollte ihm damit eine Freude machen.“ Das gelang auch.
 
„Ich bin mit der Jagd groß geworden. Mein Opa war auch Jäger“, erzählt die 58-Jährige, die in einer Bergbauernfamilie einige hundert Meter oberhalb von Kleinarl (Salzburger Land) aufgewachsen ist. „Mein Vater nahm mich schon als 8-Jährige mit in die Gemeindejagd.“ Dort pirschten die beiden auf Rotwild, Gemsen und Rehe. „Wenn Papa was schoss, war das das Größte für mich.“ Und „Papa“ erlebte sogar noch das erste Weidmannsheil seiner berühmten Tochter. Das war im Möllntal (Kärnten). Annemarie Moser-Pröll erinnert sich: „Zusammen stieg ich mit ihm etwa eine Stunde im Berg auf. Dann konnte er nicht mehr weiter und beobachtete meinen Aufstieg vom Weg aus. Mir gelang es, einen Gamsbock auf gut und gerne 150 Meter zur Strecke zu bringen. Wir durften uns noch einmal gemeinsam freuen.“ Im gleichen Jahr starb Josef Pröll an seiner schweren Krankheit. Er hatte noch miterlebt, dass auch das sechste seiner 8 Kinder ein Jäger wurde.
 
Auch bedingt durch ihre Berühmtheit mangelte es der Skirennläuferin von Beginn an nicht an Jagdeinladungen. Doch gerade deshalb legt sie bis heute auf eine Sache ganz besonderen Wert: „Ich lasse mich nicht als die berühmte Skifahrerin einladen, sondern komme nur als die Jägerin Moser-Pröll.“
 

„Als Frau im Focus“

 

Ski-Legende hautnah: Annemarie Moser-Pröll empfing erstmals Journalisten im eigenen Haus. (Foto: Hans Jörg Nagel)
Ski-Legende hautnah: Annemarie Moser-Pröll empfing erstmals Journalisten im eigenen Haus. (Foto: Hans Jörg Nagel)
Gerade der Bergjagd kann sie nicht wiederstehen. Und in Österreich sei es am schönsten. So erlegte sie in den zurückliegenden Jahren Gemsen in Kärnten, Hähne im Salzburger Land, aber auch Sauen im Burgenland. „Rot- und Muffelwild habe ich zudem im angrenzenden Ungarn gejagt“, ergänzt die Kleinarlerin.
„Ich brauche keine Trophäen. Prahlen steht mir nicht. Ich kann mich von ganzem Herzen über die Beute meiner Mitjäger freuen“, betont Moser-Pröll. Ihr ginge es bei der Jagd vor allem um das Erlebnis an sich, aber auch die Kameradschaft. Und die spürt sie als Frau ganz besonders. „Obwohl ich kein Problem damit habe, Wild selber aufzubrechen, lasse ich mir das auch gerne von Jagdfreunden abnehmen.“ Also hat eine Jägerin nur Vorteile? Annemarie Moser-Pröll lacht und schüttelt den Kopf: „Nicht nur. Wir Jägerinnen werden von den Männern ganz genau beobachtet. Als Frau musst du 100 Prozent  weidmännisch sein, dann wirst du auch akzeptiert.“ Und eine „Kleinigkeit“ käme noch hinzu: „Beim Pinkeln im Revier haben es die Männer viel einfacher …“
 
Ein eigenes Revier hatte Annemarie Moser-Pröll auch. Die Skifirma Atomic stellte ihr Ende der 1970er Jahre eine Bergjagd in Flachauwinkl (Salzburger Land) zur Verfügung. Dort bejagte sie nach Herzenslust und Abschussplan Murmel, Kleinen und Großen Hahn, Rotwild, Gams, Reh und Fuchs. Ein ganz besonderes Privileg, dass sie ihrer einzigartigen Karriere verdankt.
 
Inzwischen liebt es die Kleinarlerin, nachts auf Schwarzwild anzusitzen. Das sei früher nicht so gewesen, aber nachdem sie im Burgenland 2005 ihren ersten Schwarzkittel streckte, ist sie vom Sauenfieber infiziert. „Das ist eine super-spannende Jagd. Ich habe nicht geahnt, wie raffiniert dieses Wild ist.“
 
Mit leuchtenden Augen erzählt sie von weiteren Jagden auf Schalenwild. Eine passionierte Jägerin – keine Frage. Aber was braucht’s neben Leidenschaft noch dazu? „Ein guter Jäger muss Kenntnisse haben. Er muss in der Lage sein, Wild richtig anzusprechen und weidgerecht zu erlegen. Aber er muss auch willens sein, Bergung, Transport und Verarbeitung als Teil des Jagderlebnisses zu verstehen. Und schließlich muss ein guter Jäger bereit sein, stimmungsabhängig den Finger auch mal gerade zu lassen.“
 
14 Jahre lang führte Moser-Pröll eine Brandlbracke. „Fricka war Tag und Nacht bei mir. Jagdlich war sie hervorragend.“ 2010 starb die Hündin. Ein noch größerer Verlust: Bereits 2 Jahre vorher starb Moser-Prölls Ehemann. Er war ebenfalls Jäger und erlag auch dem Krebs. Ein kleiner Trost: Die gemeinsame Tochter Marion (29) hat auch einen Jagdschein.
 
Lieblingswaffe der 58-Jährigen ist eine Ferlacher Bockbüchse. „Die habe ich von meiner Heimatgemeinde zum WM-Titel 1978 geschenkt bekommen.“ Doch das war noch nicht alles. „Unser Landeshauptmann gab mir zudem einen Ia-Hirsch im Blumbachtal frei. Noch im gleichen Jahr erlegte ich während der Brunft einen Zwölfer vom 10. Kopf.“
 
Hat die Skilegende noch einen jagdlichen Traum? „Ja. Ich hätte gerne wieder ein eigenes Revier mit Gemsen.“
 


Steckbrief

 

Ihre sportliche Bilanz ist unerreicht: Annemarie Moser-Pröll sammelte Titel in Abfahrt, Slalom und Riesenslalom. Foto: Annemarie Moser-Pröll
Ihre sportliche Bilanz ist unerreicht: Annemarie Moser-Pröll sammelte Titel in Abfahrt, Slalom und Riesenslalom. Foto: Annemarie Moser-Pröll
Annemarie Moser-Pröll kam am 27. März 1953 in Kleinarl (Salzburger Land) zur Welt. Im Alter von 4 Jahren stand sie erstmals auf Skiern. 1970 holte sie in der Weltcup-Abfahrt von Saint-Gervaisles-Bains ihre erste Medaille (Silber). Danach folgte Titel auf Titel. Kurz vor der Saison 1975/76 erklärte Annemarie Moser-Pröll überraschend ihren Rücktritt. Sie nahm sich Zeit, ihren damals schwerkranken Vater bis zu seinem Tod zu pflegen. Dadurch verpasste sie die Olympischen Winterspiele in Innsbruck. Ihr gelang später ein erfolgreiches Comeback. Sportliche Bilanz: 3 Olympische Medaillen (1 x Gold, 2 x Silber), 9 WM-Medaillen (5 x Gold, 2 x Silber, 2 x Bronze), 62 Weltcup-Siege. 1999 wurde sie zu Österreichs „Sportlerin des Jahrhunderts“ gewählt.
 
 
 
 
 


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