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Blattjagdregeln: So springen Rehböcke

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Blattjagd_DJZ_0712_Frank Rakow
Blattjagdregeln?
Blattzeit. 9. August. Ich pirsche an einem Waldrand entlang zum nächsten Blattstand. Auf der Wiese arbeitet ein Landwirt. Sein Heuwender quietscht fürchterlich. Doch dann will ich meinen Augen nicht trauen: Ein mittelalter Bock „treibt“ den Heuwender…
So stürmisch verläuft die Blattzeit nicht in jedem Jahr. Bisweilen springen Böcke zögerlich oder überhaupt nicht. Doch wann ist der rechte Zeitpunkt, um zu blatten? Und wo und wie gelingt es, einen möglichst alten Bock heranzulocken?
1. Die optimalen Blatt-Tage
Nach detaillierten, langjährigen Aufzeichnungen des österreichischen Baron Meyr-Melnhof sind für das Gebirge der 4. bis 15. August die Tage, an denen Böcke gut aufs Blatt zustehen. Im Flachland und Mittelgebirge versprechen nach meiner Erfahrung die ersten 12 Augusttage gute Aussichten. In diesem Zeitraum ist jeder Tag möglichst vom aufgehenden Sonnenlicht bis in die einbrechende Dämmerung zu nutzen. Nicht einmal Regen befreit den Blattjäger von dieser Regel. Das gilt besonders in stadtnahen, von Spaziergängern, Mountainbikern und anderen „Naturfreunden“ überlaufenen Revieren. Denn hier herrscht gerade bei Regen Ruhe. Es gibt keinen bestimmten Augusttag, an dem das Blatten stets erfolgreich ist. Bei mir ist es statistisch betrachtet der 9. August. Aber die Statistik trifft leider nicht auf jedes Jagdjahr und -revier zu. Das hat die Konsequenz, dass der Bockjäger Anfang August mit einem Minimum an Schlaf zurechtkommen muss. Denn am 1. August geht die Sonne gegen 5.40 Uhr auf und erst ab 21 Uhr wieder unter. Unterm Strich bedeutet dies nicht mehr als 5 Stunden Schlaf, und das gut 10 Nächte in Folge.
 


2. Die perfekte Tageszeit

 
Mein väterlicher Freund Friedrich Karl (Friedel) v. Eggeling zitiert gern den alten Oberförster Göhrs, wenn er auf die Blattjagd zu sprechen kommt. Göhrs stand bei seinem Vater in Diensten und dozierte einst in breitem Ostpreußisch: „Jungchen, Jungchen, merke dir eins! Der Bock treibt um 11 Uhr im Stangenholz.“ Derselben Überzeugung war mein Großonkel Carl. Er behauptete: „Mittags ist es im Walde am besten.“ Und in der Tat: Wer sich an diese Maxime hält, fährt gut. Der späte Vormittag bis in den frühen Nachmittag ist im Allgemeinen der beste Zeitpunkt, um suchende Rehböcke zum Zustehen zu bewegen. Übrigens gerade die Senioren unter den Böcken lieben den schattigen und übersichtlichen mittelalten Wald.
Das Stangenholz bietet ihnen zugleich Deckung und Sicht. Und dem Blattjäger ergeht es dort ja Gott sei Dank nicht anders. Die Mittagsstunde, die Zeit zwischen 11 und 14 Uhr, ist also ideal, um zu blatten. Nicht ganz so einfach wird dies in den frühen Morgenstunden oder am Abend. In der Feldmark schaut dies allerdings anders aus. Dort spielt das Wetter eine gewichtigere Rolle. Denn die Tageshitze wird nicht durch das ausgleichende Waldklima gemildert. Am sichersten ist es deshalb im Felde, sich danach auszurichten, um welche Stunde während der Hochbrunft am meisten getrieben wurde.
 


3. Das passende Wetter

 

Eine alte Jägerweisheit lautet: Den Bock verwirrt der Sonne Glut. Sie ist unzutreffend. Eine anhaltende Schönwetterlage mit Hitze (um die 30 Grad) beeinflusst das Brunftgeschehen nicht positiv. Die Brunft verläuft während unerträglich schwüler Hitze sehr konzentriert, aber eben nur während der Nächte. Davon hat der Jäger nichts. Eine Blattzeit, wie man sie sich erträumt, wird man erleben, wenn das Barometer nach einer Schlechtwetterlage steigt. Also nach einigen Tagen des Regens und des Windes mit niedrigen Temperaturen gibt es fabelhafte Blattjagdtage. Auch in Schlechtwetterphasen spielt sich die Brunft still und leise ab. Wind verhindert, dass die Locktöne gut und weit zu vernehmen sind.

 


4. Geschlechterverhältnis

 

In Revieren, in denen das Geschlechterverhältnis stark zu Gunsten von Schmalrehen und Geißen verschoben ist, wird man in der Blattzeit nur jüngere Böcke vor die Büchse bekommen. Das ist nach meiner Erfahrung dann der Fall, wenn auf jeden 3-jährigen und älteren Bock 4 bis 6 Geißen kommen. Will sagen, wer seine Jagdfreunde nur auf Böcke einlädt und den Abschuss des weiblichen Rehwildes vernachlässigt, bringt sich mit Sicherheit um die Freude während der Blattzeit reife Böcke zu strecken. Denn die alten Kameraden sind unter diesen Umständen meist schon völlig abgekämpft, bis der August beginnt.

 


5. Die rechte Kondition

 

Sind Schmalrehe und Ricken aufgrund eines harten Winters, zu hoher Wilddichte oder zu karger Äsung untergewichtig, also aufgebrochen unter 11 Kilogramm, wird die Brunft schleppend, ja still verlaufen. Denn vor allem Schmalrehe werden unter diesen Bedingungen nicht brunftig. Im Eifelforstamt meines Vaters standen in den 1980er Jahren etwa 18 Stück Rehwild auf 100 Hektar Waldrevier. Das Gewicht der Jährlinge lag bei durchschnittlich 10 Kilogramm. Die Blattzeit war enttäuschend. Nach Verbesserungsmaßnahmen im Revier (Wildäsungsflächen, Fütterungen) und Reduktion des Bestandes auf 10 Stück pro 100 Hektar wurde das Blatten weitaus erfolgreicher. Eggelings Erfahrungen im Nürnberger Reichswald bestätigen dies. Er kam zu den gleichen Ergebnissen und Erfolgen.

 


6. Das richtige Blatten

 
Blattjagd_DJZ_0712_001

Der Volksmund weiß: Weniger ist oft mehr. Dies gilt auch fürs Blatten. Wenn die Böcke springen wollen, dann in der Regel auf die zarten, leisen Töne. Anders ist es im Juli, wenn sie mit Hilfe des Angstgeschreis von der Geiß weggelockt werden sollen. Dann – und nicht nur dann – hilft es sehr, wenn der Blattjäger seine „Musik“ mit dem Nachahmen des Plätzens tatkräftig unterstützt. Eine andere Variante ist der Kitzfiep, um die Ricke heranzulocken. Ihr Kavalier wird ihr folgen. Während der Blattzeit ist es erfolgversprechend, 4 bis 6 Mal zarte Töne erklingen zu lassen. Nach einer 10-minütigen Pause wiederholt man diese Arie. Man ruft also den Bock herbei und brüllt ihn nicht an. Übrigens sind mir 2 Drittel der Böcke binnen der ersten 5 Minuten zugestanden.

 


7. Das flotte Ansprechen

 
In der Blattzeit gilt eine weitere Volksweisheit. Sie lautet: Unverhofft kommt oft. Will sagen, dass die Böcke für den Jäger häufig überraschend auftauchen. Dann heißt das oberste Gebot: Nerven bewahren! Angesprochen wird mit dem bloßen Auge oder durchs Zielfernrohr, möglichst nicht mittels des Fernglases. Denn meist ist die Distanz zum Bock zu gering. Da verprellen ihn unnötige Bewegungen des Jägers nur. Die Waffe, die quer auf dem Schoß liegt, wird vorsichtig, also im Zeitlupentempo, in Anschlag gebracht. Persönlich bevorzuge ich die Blattjagd vom Boden aus. Ich hocke auf einem Sitzstock, habe vor mir den Bergstock in der linken Hand und hinter mir Deckung, damit meine Konturen verschwimmen. Am liebsten locke ich mit einem Mundblatter, da dann die Hände an der Büchse bleiben. Sehr gut wirkt allerdings der Buttolo-Blatter. Tarnklamotten sind bestens geeignet, um sich weniger sichtbar zu machen. Und dann muss noch der Wind stimmen und genügend Sicht- bzw. Schussfeld gegeben sein.
Fazit: Wer die angeführten Regeln beherzigt, wird sich bei der Blattjagd leichter tun. Freilich ist Weidwerk nicht programmierbar. Das wäre ja auch langweilig. Es kann also immer anders kommen, als man denkt. So bleibt die Jagd letztlich alle Tage neu. Und das wollen wir ja oder nicht?
 

 


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