ANZEIGE

Fährtenlaut – Stöberjagd

7690


Bei den herbstlichen Schalenwild-Jagden werden verstärkt Stöberhunde eingesetzt. Über die Vorbereitung und Durchführung von Stöberjagden berichtet Jens Barkmann aus dem Müritz-Nationalpark.

Von Von Jens Barkmann

Stöberjagd

Die Zunahme von großräumigen Bewegungsjagden unter Einsatz von Stöberhunden in den letzten Jahren belegt die Effizienz dieser Jagdart. Während vor wenigen Jahren derartige Jagd-Strategien noch auf erheblichen Widerstand stießen, erfreuen sie sich heute zunehmender Beliebtheit. In einigen Bundesländern haben sich Arbeitsgruppen zum Thema „Stöberjagden“ gebildet, die den Einsatz von Stöberhunden landesweit koordinieren.

Die manchenorts überhöhten Schalenwild-Dichten mit einem entsprechenden Zuwachs der Bestände und ein gewisser Wertewandel in der Forstwirtschaft, hin zu einem naturnahen Waldbau, haben zu einer Erhöhung der Abschusspläne geführt. Sie sind gerade in schwierig zu bejagenden Gebieten wie den Hochlagen der Mittelgebirge oder in riesigen Dickungskomplexen (z.B. Sukzessionsflächen auf ehemaligen militärischen Übungsplätzen) allein mit der Einzeljagd nicht mehr zu erfüllen. Drückjagden mit Hilfe von Treibern und gegebenenfalls wenigen Hunden bringen häufig nicht die gewünschten Erfolge, weil das Schalenwild sich auf diesen Flächen erfolgreich zu drücken vermag. Bei solchen schwierigen Verhältnissen suchten einige Jagdleiter nach Alternativen. Eine dieser Alternativen ist die großräumige Bewegungsjagd unter Einsatz fährtenlauter Stöberhunde, kurz „Stöberjagd“ genannt.

Dabei wurde diese Jagdart nicht neu erfunden! Im Gegenteil, auch unsere jagdlichen Vorfahren bejagten gerade Kahlwild und Sauen häufig mit dieser Methode, die heute gern als „neumodisch“ abgetan und manchmal auch als nicht waidgerecht abgelehnt wird. Allerdings überzeugen die Erfolge, die bei gut organisierten Stöberjagden erzielt werden können, immer mehr Jagdleiter, besonders Forstamtsleiter, deren Revierförster und Besitzer größerer Eigenjagden. Es kommt in gewissem Umfang zu einer Renaissance dieser „Wildjagden“, wie sie von unseren Vorfahren genannt wurden.

Ziele der Stöberjagd

Der größte Vorteil der Stöberjagd liegt in der hohen Effektivität, das heißt in der oft hohen Strecke. Alle Maßnahmen bei der Vorbereitung und Durchführung von Stöberjagden sind, selbstverständlich unter peinlicher Berücksichtigung der Sicherheit, auf dieses Ziel auszurichten.

Es sollte versucht werden, einen möglichst großen Teil des Abschussplanes, vor allem an weiblichem Wild und Sauen, an einem Tag im Jahr zu erlegen. Damit kann der durch die Einzeljagd erzeugte, fast ganzjährige Jagddruck gesenkt werden, und dem Wild kommen längere bejagungsfreie Ruhephasen zugute. Ist der Abschussplan schon frühzeitig im Jahr erfüllt, kann auf eine Bejagung in der winterlichen Notzeit verzichtet werden, und das Schalenwild hat die Möglichkeit, seinen natürlichen Äsungsrhythmus einzuhalten. Dadurch können Verbiss- und Schälschäden im Wald ganz erheblich vermindert werden.

Das Ziel einer hohen Strecke kann nur erreicht werden, wenn es möglichst wenig Abschussbeschränkungen gibt, stets unter Beachtung der Waidgerechtigkeit. Dass führende Bachen nicht zu schießen sind oder dass Kälber vor den Alttieren erlegt werden, muss selbstverständlich sein. Nur Wildkälber oder Rickenkitze freizugeben, ist allerdings eine Behinderung des Jagderfolges.

Die mit der Organisation und Durchführung der Stöberjagd beauftragten Personen müssen ganz hinter der Sache stehen, und die geplante Jagd darf nicht nur als gesellschaftliches Ereignis angesehen werden.

Voraussetzungen und Grundsätze

Bei der Vorbereitung und Durchführung derartiger Jagden sind jedoch gewisse Grundsätze zu beachten. Zuerst müssen die örtlichen Gegebenheiten geprüft werden und in der Organisation Berücksichtigung finden.

Die zu bejagende Fläche, in der Regel Wald, sollte eine Mindestgröße von mehreren hundert Hektar aufweisen und nicht von Straßen oder Bahnlinien zerschnitten sein, um Unfälle mit Wild oder Hunden zu vermeiden.

Schützen-Stände gehören nicht auf Schneisen oder Gestelle, sondern in einiger Entfernung zu den Einständen in den Bestand. Dort hat sich das Wild wieder etwas beruhigt und kann, wenn es verhofft oder langsam zieht, sicher angesprochen und erlegt werden.

Hundeführer-Stände sind im oder am Einstand festzulegen, um die Hunde direkt ans Wild zu bringen und sie gegebenenfalls unterstützen zu können (gestelltes Wild wie Sauen oder kranke Stücke).

• Zirka vier Wochen vor der geplanten Stöberjagd sollte Jagdruhe herrschen.

Pro Jagdjahr sollte nur eine Jagd dieser Art auf derselben Fläche durchgeführt werden.

• Erstrebenswert ist der Einsatz der Schützen nach Schießfertigkeit.

• Bewährt haben sich Standkarten, die entweder vom Schützen selbst oder vom Ansteller auszufüllen sind. Mit den dadurch gewonnenen Informationen lassen sich gegebenenfalls Folgejagden verbessern und anfallende Nachsuchen kordinieren.

Für die Jagd sollte ein „Nachsuchenkoordinator“ eingesetzt werden, der zügig die Nachsuchengespanne je nach Leistungsgrad und Erfahrung den jeweiligen Nachsuchen zuordnet. Grundsatz sollte dabei sein, die leichten und erfolgversprechendsten Nachsuchen zuerst, die offensichtlich langwierigen am Folgetag durchzuführen.

Es ist klar, dass jede Jagd ihre spezifischen Anforderungen besitzt, die vor Ort von den Jagdorganisatoren in die Vorbereitung eingearbeitet werden müssen. Einer der wichtigsten Faktoren ist dabei die Auswahl der Hunde!

Die Arbeit vor dem Schuss

  • Für diese Arbeit kommen ausschließlich niederläufige und fährtenlaute Stöberhunde zum Einsatz. Durch diese Anforderungskriterien beschränkt sich das Rassenspektrum auf Bracken, Deutsche Wachtel, Spaniel, Teckel und Terrier.

    Hochläufige und stummjagende Hunde zwingen das Wild zu permanentem Fluchtverhalten. Sichere Schüsse lassen sich dadurch nur in den seltensten Fällen anbringen, wodurch der gesamte Jagderfolg gefährdet wird. Der fährtenlaute Hund ist dagegen vom Wild ständig akustisch zu orten und wird so zu einer einschätzbaren Gefahr.

    Folge ist ein wesentlich ruhigeres Fluchtverhalten mit Widergängen und zeitweisem Verhoffen, so dass in der Regel genau angesprochen und sicher geschossen werden kann. Auf diese Weise lassen sich Fehlschüsse und Fehlabschüsse vermeiden und Nachsuchen minimieren.

  • Ein zweiter Aspekt ist die nachgewiesene Brauchbarkeitsprüfung im Sinne der Landesjagdgesetze. Ungeprüfte Hunde dürfen laut Jagdgesetz bei der Jagdausübung nicht eingesetzt werden. Ausnahme dabei bilden Junghunde bis zu drei Jahren, die auf derartigen Jagden erste Erfahrungen zu Ausbildungszwecken sammeln sollen. Diese Junghunde sollten besonders gekennzeichnet werden, um ihr Leistungsvermögen überprüfen zu können.

    Die Hunde werden ausschließlich vom Stand aus geschnallt. Auf Treiber kann daher verzichtet werden. Dies vermindert die Kosten (häufig werden Forstwirte als Treiber eingesetzt und entsprechend verlohnt), andererseits erhöht sich der Sicherheitsfaktor, weil sich keine Personen im Treiben aufhalten und die Schützen in der Regel freies Schussfeld haben. Natürlich muss dabei auf die Hunde geachtet werden, die Warnhalsungen tragen müssen.

    Die Stöberhunde sollten in der Lage sein, einen gewissen Abschnitt des Treibens selbstständig abzusuchen und das Wild auf die Läufe zu bringen. Ausreichende Wildschärfe ist ebenfalls erforderlich, um gegebenenfalls krankes Wild niederzuziehen oder stärkeres Wild zu stellen, bis der Fangschuss angetragen werden kann.

    Bei auf Schwarzwild ausgerichteten Jagden müssen die eingesetzten Stöberhunde ein gewisses Maß an Sauschärfe mitbringen. Angeborener Orientierungssinn und Führerbindung sind ebenfalls wichtige Faktoren, die den Jagderfolg positiv beeinflussen können.

    Auch kurzjagende Hunde tragen – richtig eingesetzt – erheblich zum Jagderfolg bei. Während weitjagende Hunde häufig den ihnen zugedachten Dickungsabschnitt vernachlässigen, halten Kurzjager „ihren“ Einstand wildfrei.

    Die Anzahl der einzusetzenden Stöberhunde richtet sich nach der Flächengröße, den vorkommenden Wildarten und vor allem nach der Größe der eigentlichen Wildeinstände (Dickungskomplexe, Stangenhölzer, Schilfpartien usw.). Fünf bis zehn Stöberhunde pro 100 Hektar Einstandsfläche haben sich als Faustzahl bewährt.

    Die Arbeit nach dem Schuss

    Gute Nachsuchengespanne sind selten und sollten daher lange vor der Jagd eingeladen werden. Die Schweißhunde müssen speziell auf Schweiß geprüft sein und auch umfangreiche Praxiserfahrung haben, weil die Nachsuchen aufgrund der vielen Verleitfährten und des häufig aufgemüdeten Wildes äußerst schwierig sind. Das ist nun einmal Arbeit von Spezialisten. Das Leistungsvermögen der Nachsuchengespanne muss der Jagdleitung bekannt sein, um sie entsprechend der Schwierigkeitsgrade optimal einsetzen zu können.

    Die Anzahl der benötigten Nachsuchengespanne richtet sich nach der zu erwartenden Strecke. Bei mehr als zwei ungeklärten Anschüssen pro Schützen sollte für diesen Jäger Hahn in Ruh herrschen. Mehrere Nachsuchen, ausgehend vom selben Ort, sind auch für die besten Schweißspezialisten kaum noch zu entwirren.

    Krankes Wild sollte ohne Rücksicht auf Wildbretverluste solange beschossen werden, wie es sich in Sichtweite befindet (natürlich wieder Sicherheit beachten). Erlegte Stücke müssen vom Schützen beim Aufbrechen auf eventuell weitere Einschüsse untersucht werden, um die Koordination der Nachsuchen zu erleichtern.

    Für die hier angeführten Punkte wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Am besten, man verabredet sich vor der Jagd mit einem Schweißhundeführer mit Ortskenntnis und bespricht mit ihm die notwendigen Vorkehrungen.

    Befolgt man bei der Organisation und Durchführung von Stöberjagden die hier aufgezählten Grundsätze und Empfehlungen, so beteiligt man sich an einer selektiven, effektiven, tierschutz- und waidgerechten Bejagung von Schalenwild. Streckengarantien kann es selbstverständlich nicht geben, dafür gibt es bei jeder Jagd zu viele unbekannte Faktoren.

    Trotz all dieser grauen Theorie, die nun einmal dazu gehört, sorgt der helle Fährtenlaut der Wachtel oder der tiefe Standlaut der Bracken bei jedem Jäger für ein Kribbeln unter der rotbebänderten Hutkrempe, und man zieht den Schluss: Diese Jagd ist nicht nur effektiv, sie macht auch Freude.Foto: Kurt Hassenpflug

    F

  • ANZEIGE
    Aboangebot