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Frettieren im Weinberg

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DJZ 04/2012

Schon die Römer kannten das Frettieren und natürlich den Wein. Das Fretten blieb über die Jahrhunderte hinweg kurzweiliges Weidwerk, auch der Wein erfreut uns bis heute. Die DJZ war in Weinbergen auf Kanin unterwegs.

Von Dr. R. Roosen und H. Elbers

 

Rumms – rumms. Die Schrothagel stauben hinter dem grauen Flitzer ter auf. Durch ein Albinofrettchen aus dem sicheren Bau gejagt, sucht er sein Heil in zackiger Flucht. Doch der zweite Schuss lässt das Karnickel den Hang hinunterkullern. Eiko, ein noch junger Deutsch-Langhaar, apportiert es sicher.
 
Henrik und ich sind Gäste im Revier Bingen-Dromersheim und machen Jagd auf Wildkaninchen, die in den dortigen Weinbergen zu Schaden gehen. Kanin gibt es hier reichlich. Auf einer Fläche von 600 Hektar (250 Hektar Ackerland, 200 Hektar Rebfläche, Rest Brache, Hecken etc.) kommen jährlich zwischen 400 und 500 zur Strecke. In den Rebanlagen wird auschließlich mit Netzen frettiert, um nicht die Weinstöcke zu beschädigen. Auf dem Rest der Fläche wird vornehmlich buschiert, aber auch frettiert oder mit Kleinkaliber und Zielfernrohr gezielt auf Kanin (und natürlich Fuchs) angesessen.
Bei Winzer Gerd haben wir viel gelernt. Als erstes, dass in Bingen-Dromersheim der Eiswein erfunden wurde: Im Jahr 1829 ernteten örtliche Winzer mitten im Winter sowie nach starken Bodenfrösten Trauben, die sie wegen der schlechten Qualität eigentlich gar nicht einbringen wollten, nun aber doch pflückten, um sie ans Vieh zu verfüttern. Die Weinbauern stellten fest, dass die Trauben zwar wenig, aber einen wunderbar süßen Saft mit hohem Mostgewicht aufwiesen. Aus den daraufhin ausgepressten Trauben entstand 1830 der erste Eiswein.
 
 

Wie geht Frettieren?

 

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Der Frettchenführer hat ein Frett aus dem Bau gelockt (Fotos: Dr. Rolf Roosen)
Natürlich blieb es nicht bei der Theorie, wir haben auch reichlich Grauburgunder, Gewürztraminer, Dornfelder und Frühburgunder verkostet. Aber nicht der Wein stand im Mittelpunkt, sondern das Frettieren: Wir trafen uns gegen 12 Uhr im Revier. Frettchenführer Alwin hatte 4 der domestizierten Iltisse dabei. Sie werden abwechselnd eingesetzt, damit die kleinen Racker länger frisch bleiben. Die Baue werden nicht im Vorfeld mit dem Langhaar abgesucht, um zu prüfen, ob sie befahren sind. Die Frettchen schliefen nur ein, wenn auch Karnickel im Bau sind – oder ein Iltis (!), der auch zur Strecke kam.
 
Bei Bauen mit nur wenigen Röhren wird nur ein Frett angesetzt, und zwar möglichst nicht am Hauptrohr, weil dieses für das Springen der grauen Flitzer sehr günstig ist. Bei Bauen, die am Hang liegen, ließ Alwin das Frettchen stets in die unterste Röhre einschliefen. Bei Großbauen setzte er 2 Frett ein. Beide wurden an einer Seite des Baus, aber in verschiedene Röhren eingelassen. Würde man die Albinos an gegenüberliegenden Seiten ansetzen, kesseln sie die Kanin eventuell ein und können leicht selber Beute machen. Erfahrungsgemäß springen Karnickel rascher, wenn die Frettchen mit Wind einschliefen.
 
Alwin benutzt keine Glöckchen. Seine Frettchen sind vor ihrem Einsatz gut gefüttert worden, damit sie keine Karnickel im Bau reißen, sich sattfressen, um anschließend unter Tage „Mittagsschlaf” zu halten. Wenn sich die Albinos zu lange im Bau aufhalten, lockt Alwin sie auf originelle Weise an. Er benutzt dazu ein Quietschebällchen, mit dem normalerweise Kleinkinder spielen. Jedes Frett, das darauf reagiert, erhält als Belohnung ein wenig Multivitamin-Paste (!). Funktioniert das nicht, wird alternativ ein erlegtes Kanin in eine der Röhren gehalten und immer wieder herausgezogen. Meist beißt sich das Frett daran fest, und Alwin zieht es mit dem Kanin aus dem Bau.
 
 

Patronenwahl

 

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Zahn auf Zahn mit dem erlegten Iltis. Kameramann Ralf Bonnekessen beweist Humor.
Engschießende Läufe sind nicht sinnvoll, denn die Karnickel sind meist nicht weiter weg als 25 Meter, in aller Regel sogar näher. Optimal ist eine kurzläufige Flinte mit Zylinderbohrung, notfalls noch 1/4-Choke.
 
Wer nur hin und wieder zur Karnickeljagd geladen ist, wird sich keine Spezialflinte zulegen. Hier hilft die Wahl entsprechender Patronen. In den unteren oder rechten Lauf stopft man am besten eine Jagdstreu von 2,7 mm, in den oberen bzw. linken Lauf Schrote der Stärke 2,7 bzw. 3 mm. Beide gleichen aufgrund ihrer stärkeren Streuung die enge Bohrung etwas aus. Die zweite Patrone mit der stärkeren Ladung ist gut geeignet für den Schuss ins Dichte oder wenn es einmal weiter als 25 Meter wird. Eine Besonderheit bei der Karnickeljagd ist der Schnappschuss. Ohne ihn wird man bei schmalen Schneisen in undurchsichtigen Dickungen nicht auskommen: Man wirft den Schuss dorthin, wo das Kanin sich im Augenblick des Auftreffens der Schrote in etwa befinden wird. Rasche Reaktion und sicheres Ansprechen vorausgesetzt.
 
 

Eine Frage des Wetters?

 

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Frettchenführer Alwin hat den Geländewagen voll gepackt: Außer seinem Deutsch Langhaar Eiko sind 4 Frettchen mit von der Partie
Mit 3 Flinten und dem Frettchenführer waren wir gut 3,5 Stunden bei herrlichem Sonnenschein und klirrender Kälte (-8 Grad Celsius) in den Weinbergen unterwegs. Obwohl sich die Jagdzeit ihrem Ende näherte (Anfang Februar) brachten wir einen Iltis und 12 Kanin zur Strecke.
 
Von meinem Vater lernte ich als Jungjäger, dass speziell Nieselwetter, Wind oder Nebel ideal sind, um zu frettieren. Das muss nicht stimmen, wie ich nun beobachtete. Denn bei Sonnenschein und Minusgraden war immerhin die Hälfte der grauen Flitzer unter der Erde, die andere steckte in Brachen oder Weißdornhecken. Das bestätigte sich am zweiten Jagdtag, an dem wir zu viert mit Hilfe zweier Vorstehhunde buschierten. Wir kamen bei 4 Stunden Jagdzeit auf eine Strecke von 14 Kanin.
 
Und abends gab es dann Kaninchenkeulen in Rahmsauce und dazu einen Schoppen Grauen Burgunder. Es war eine fröhliche Runde. Kann ein Jagdtag schöner enden?
 
 
 


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