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Gänse über Amsterdam

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Von Angela Stutz

 

NABU und ÖJV fordern in Niedersachsen die Einstellung der Gänsejagd in EU-Vogelschutzgebieten sowie der Jagd auf Bläss- und Saatgänse im Allgemeinen. In der DJZ 12/2013 betrachtet Jann Bengen diese Argumente jagdökologisch. Aus diesem Anlass blicken wir im Folgenden über die Grenze nach den Niederlanden.
 

Ein Blick zum Nachbarn zeigt verheerende Folgen

 

In den Niederlanden wird die Bejagung der Gänse seit Jahren hitzig diskutiert. 2002 trat das niederländische „Flora-Fauna-Gesetz“ („Flora- en Faunawet“) in Kraft. Es besiegelte das Gänsejagdverbot von 1999. Ein Vergleich verdeutlicht das rasante Populationswachstum: Im Jahr 2005 waren es noch 130.000. Mittlerweile brüten über 350.000 Wildgänse in den Niederlanden als Standvögel gezählt. Man rechnet, dass eine Gans etwa 1 Kilogramm Gras pro Tag frisst. Der jährliche Schaden in der Landwirtschaft, der durch die Langhälse entsteht, ist daher sehr hoch. Er wird auf 73 Millionen Euro geschätzt. Aber nicht nur der finanzielle Schaden stellt ein Problem dar – immerhin wird dieser teils von der Regierung und teils (76 Prozent) aus dem sogenannten Faunafonds erstattet. Doch durch die starke Verkotung der Wiesen und Weiden sind diese kaum mehr für die Beweidung durch Milchkühe geeignet. Der junge Milchbauer Klaas Hoogendoorn geht selbst regelmäßig auf Gänsejagd. Er ärgert sich vor allem über die für ihn unlogischen und gar nicht weidmännischen Jagdregelungen.
 

 

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Gänsejagd heißt viel Papierkram

 

Momentan werden in den Niederlanden die Standvögel Bläss- und Graugänsen sowie Exoten wie die Kanadagans bejagt. Diese Gänse stehen zwar nicht auf der Jagdliste jagdbarer Arten in Holland, doch gelten für sie als „Schädlinge“ Sonderregelungen. Die Landwirte müssen in den Wintermonaten mindestens 2 Mal pro Woche Vergrämungsaktionen und/oder Jagden organisieren, um gegebenenfalls Schäden erstattet zu bekommen. Die Jäger sind also stark gefordert. Denn in kurzer Zeit sollen immer mehr Gänse geschossen werden. Ziel ist es, den enormen Zuwachs an Standgänsen zu stoppen und Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen kleinzuhalten sowie die Sicherheit des Flugverkehrs zu gewährleisten oder auch die Verschmutzung der Gewässer und die Zerstörung seltener Vegetation in Schutzgebieten einzudämmen.
Doch nicht nur die Jagd an sich auf die schlauen, wachsamen Vögel ist eine Herausforderung. Auch die zu bewältigende Bürokratie ist nicht ohne. Der Jäger Gerard Terpstra geht jeden Mittwoch mit seinen 4 Jagdgenossen vor den Toren Amsterdams auf Gänsejagd. Alle Jagderfolge müssen in das neu eingeführte Faunaregistratie System (FRS) eingetragen werden. Im DJZ-Interview erzählt er von seinem Einsatz als Gänsejäger.
 

 

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Die G7 und das Gänse-Abkommen

 

Seit dem Jahr 2011 hat sich auf Forderung des damaligen Staatssekretär Bleker (CDA) eine Art Task Force „Gans“ gebildet, die sogenannte „Gänse 8/G8“. In dieser sollten Vertreter der 12 Provinzen, der Vereinigung Privater Grundbesitzer (FPG), die Staatsforsten, Jägerschaft, Naturschutz-, Vogelschutz- und Landwirtschaftsverbände zusammen eine Lösung des Gänseproblems finden. Nach dem Austritt des Königlichen Niederländischen Jagdverbandes (KNJV) im Jahr 2011 (siehe unten) wird die Organisation „G7“ genannt.
Die von der „G7“ getroffene Vereinbarung zur Gänsebejagung in Holland, der sogenannte „Ganzen akkoord“, soll am 1. Januar 2014 in Kraft treten. (Anmerkung der Redaktion vom 5. Dezember 2013: Das „Ganzen akkoord“ ist nicht zustandegekommen, da sich die Beteiligten – sowohl die G7, als auch die IPO – nicht einigen konnten. Die einzelnen Bundesländer werden eine eigene Lösung suchen müssen.)
Die Gänsepopulation an Standvögeln (Grau- und Brandgans) und Exoten (Bläss-, Nil-, Kanadagans, Hybriden von Hausgänsen) soll in den nächsten 5 Jahren etwa auf das Niveau von 2005 (ca. 130.000) gebracht werden. Um diese Reduktion zu erreichen, müssen etwa 350.000 Standgänse geschossen werden. Exoten und Hybriden (geschätzte 200.000) dürfen dabei mit vorheriger Genehmigung ganzjährig bejagt werden. Die Jagd auf Standgänse soll auf die Zeit zwischen 1. März (15. Februar in Süd-Holland) und 1. November beschränkt werden. Wobei die Jagd während der Brut- und Aufzuchtzeit oder in der Mauser aus weidmännischen Gesichtspunkten nicht möglich ist.
Um die durchziehenden Gänse zu schonen, darf zukünftig vom 1. November bis 1. März (15. Februar in Süd-Holland) nicht gejagt werden. Eine Ausnahme bildet das Vergrämen und die Bejagung von Exoten sowie die Jagd zum Schutz empfindlicher Kulturen wie Winterweizen vor Gänsen. In ausgewiesenen Ruhezonen dürfen die Wildgänse nicht gejagt oder gestört werden. Hier soll der Schadenersatz bis zu 130 Prozent betragen. Der durch Standgänse in den Sommermonaten verursachte Schaden wird durch den Faunafonds erstattet. Der Schadensersatz aus diesem Fonds soll zukünftig auf maximal 2 Millionen Euro pro Jahr begrenzt werden. Insgesamt soll er nicht höher als 12,5 Millionen Euro pro Jahr liegen. Experten des niederländischen Zentrums für Landwirtschaft und Umwelt (CLM) rechnen damit, dass die Anzahl der Gänse in den Niederlanden bis 2018 auf 1,3 Millionen Standgänse und 2,2 Millionen Wintergäste ansteigen wird und kalkulieren einen Schaden im Jahr 2018 von über 38 Millionen Euro.
Zur Schadensbegrenzung ist das Vergasen von Gänsen und das Einölen/Schütteln von Gelegen weiter angedacht. Aber auch die Schonung von Prädatoren wie dem Fuchs wird gefordert.
Rund um den Flughafen Schiphol gelten zudem Ausnahmeregelungen. Hier werden den Jägern auch Prämien gezahlt. Jan-Tjerk Schuurmans ist einer von ihnen. Etwa 600 Gänse erlegt er pro Jahr. Das Wildbret verarbeitet er zu Bitterballen (Hackbällchen), einer niederländischen Spezialität.
 

Was sagt der Jagdverband KNJV dazu?

 

Marlies Kolthof von der Koninklijke Nederlandse Jagers Vereniging (KNJV) gab im DJV-Interview zu bedenken, dass in den Niederlanden wohl nicht mehr von Gänsemanagement gesprochen werden kann – vielmehr von Vernichtung. Der Verband ist aus dem damaligen „G8″ ausgetreten, da es unmöglich war unter den gegebenen Voraussetzungen den Besatz vernünftig zu regulieren. Der KNJV steht aber in regelmäßigem Kontakt zu den „G7″ und dem zuständigen Ministerium. Die Jäger fordern, ähnlich wie die Landwirte, eine verantwortungsvolle Gänsejagd – sowohl im Sommer als auch im Winter. Dazu zählt aber nicht die Jagd auf Muttergänse, möge sie noch so effektiv sein, oder das Schießen flugunfähiger Gänse in der Mauser. Der KNJV hält das Gänseabkommen mit einer Schonzeit im Winter praktisch und ethisch nicht durchsetzbar. Ein Wachstum der Wildgänsepopulation von bis zu 20 Prozent im Jahr 2013 spricht nicht für den Erfolg des Gänseabkommens.
 

 

Im Gegensatz zur niederländischen Regierung, wird in Deutschland eine nachhaltige Bejagung der Gänse nicht abgelehnt. Neben den Landesverbänden fordern auch der Deutsche Jagdverband sowie neu gegründete Interessengruppen in der Politik eine nachhaltige Bejagung, zum Beispiel die „Waidgenossen in der Niedersachsen-SPD“ oder die „Initiativkreis sozialdemokratischer Jägerinnen und Jäger in Nordrhein-Westfalen“.
Die aktuellen Jagdzeiten finden Sie regelmäßig in der DEUTSCHEN JAGDZEITUNG und hier auf unserer Internetseite veröffentlicht.
 

 

Quellen: KNJV, LTO, IPO, Faunabeheereenheid, Natuurmonumenten, Staatsbosbeheer, Faunafonds, CLM

 

 

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