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Gänse im Visier: Altes bewahren, Neues wagen

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Die Kombination aus alten Jägertricks und moderner Ausrüstung verspricht den größten Jagderfolg. Unterm Strich bleibt die Jagdmethode aber Geschmackssache, auch für Karl-Detlef Sönnichsen (67). Seit 50 Jahren geht er im nordfriesischen Rodenäs auf Gänsejagd.

 

Karl-Detlef Sönnichsen (67) kennt sich in Sachen Gänsejagd seit 50 Jahren bestens aus (Foto: privat)
Karl-Detlef Sönnichsen kennt sich in Sachen Gänsejagd seit über 50 Jahren bestens aus (Foto: privat)
DJZ: In Schleswig-Holstein werden seit Jahren mit die höchsten Gänsestrecken erzielt. War das bei Ihnen schon immer so?
 
Karl-Detlef Sönnichsen: In unserem Revier Rodenäs jage ich seit 50 Jahren. Als ich als Jungjäger in den 1950er Jahren anfing, waren Gänse eher die Ausnahme. Damals hatten wir viele Enten. Die fühlten sich auf den zahlreichen Wasserflächen des Festlandes wohl. Gänse waren nur ab und an zu sehen. Über das Jahr verteilt schossen wir vielleicht drei oder vier Stück.
 
Ab den 1960er Jahren bahnte sich ein Wechsel in der Landwirtschaft an. Es gab immer weniger Vieh, der Ackerbau nahm rasant zu. In der Folge wurden viele Entwässerungsgräben angelegt, um die Flächen zu beackern. Die Feuchtwiesen verschwanden und mit ihnen die Enten. Was kam, waren die Gänse.
 
 
DJZ: Wie haben Sie die Gänse damals bejagt?
 
Sönnichsen: Die Gänse übernachten nicht auf dem Land, sondern auf dem Wasser eines benachbarten Kooges. Morgens streichen sie zu ihren Äsungsflächen, abends wieder zum Übernachten hinaus aufs Wasser. Dieses Verhalten haben wir uns zu Nutze gemacht und uns hinter die Deiche gelegt. Von Vorteil war es bereits damals, wenn wir getarnt waren.
 
Neben der natürlichen Deckung haben wir auch die Dämmerungsstunden dahingehend genutzt. Besonders erfolgreich waren wir bei kräftigen Stürmen. Sie haben die Gänse weit ins Festland hineingedrückt.
 
 
DJZ: Tarnkleidung war noch kein Begriff?
Sönnichsen: Nicht im heutigen Sinn. Aber auch damals war uns natürlich schon bewusst, dass gerade Graugänse auf jeder Schwinge ein Auge haben. Unsere Kleidung haben wir deshalb nach der Farbe und Beschaffenheit der jeweiligen Deckung ausgesucht. Ausgewaschene Brauntöne sahen aus wie Schilf, schlammige Brauntöne haben wir zum Winter hin auf Ackerflächen getragen. Mit grünem Loden wäre man viel zu auffällig gewesen.
 
Tarnkleidung habe ich schon immer als sinnvoll erachtet. Auch der deutsche Markt bietet seit einigen Jahren ein breites Spektrum. Ebenso lange trage ich bereits die einschlägigen Tarnmuster.
 
 
DJZ: Stehen Sie damit in Ihrer Generation allein auf weiter Flur?
Sönnichsen: Jäger in meinem Alter sind nicht so offen wie jüngere. Aber auch unter uns Alten steigt die Akzeptanz der Tarnkleidung aufgrund ihrer Effektivität. Man kann darüber streiten, ob man dem Wild damit noch eine Chance lässt. Doch ist die Sache mit der Tarnung so alt wie die Jagd selbst. Wild muss überlistet werden – mit allen zur Verfügung stehenden Tricks. Jäger, die Tarnkleidung mit dem Argument ablehnen, wir seien nicht im Krieg, kann ich nicht verstehen.
 
DJZ: Haben Sie Lockattrappen und Gänse – liegen gegenüber eine ähnlich offene Haltung?

Sönnichsen:
Neulich habe ich mit den Gebrüdern Richardsen, die im Internet Lockjagdausrüstung verkaufen, so eine Jagd mitgemacht. Lockwirkung und Effektivität waren überzeugend. Jedoch ist es mir insgesamt zu aufwändig und kostspielig. Ich habe bislang auch ohne Attrappen gute Erfolge erzielt. In meinem Revier gibt es reichlich Gänse. Außerdem ist die Feldflur kleinstrukturiert und mit Reetflächen und Gräben durchzogen. Deshalb hat die moderne Lockjagd für mich eine geringere Relevanz als in Revieren mit riesigen Getreideschlägen. Dort ist sie mindestens sinnvoll, wenn nicht unabdingbar.
 
 
DJZ: Wie groß ist Ihre Strecke?
Sönnichsen: In den vergangenen Jahren habe ich häufig um die 100 Gänse im Jahr erlegt. Im Jagdjahr 2009/10 waren es sogar 150. Insgesamt bin ich in 50 Jahren auf über 1.500 Gänse gekommen. Allerdings kam ein Großteil davon in den vergangenen 20 Jahren zur Strecke.
 
 
DJZ: Wie schaffen Sie das ohne Lockgänse?
Sönnichsen: Wenn Sie sich bei der Aufklärung viel Mühe geben und sich Zeit nehmen, ist das bereits die halbe Miete. Gänse kommen am nächsten Morgen gerne wieder auf die Flächen zurück, auf denen sie bereits am Abend zuvor geweidet haben. Wenn man sich vor Ort eine geeignete Deckung sucht, braucht man sich dort nur früh genug einzurichten. Das reicht in der Regel für eine komfortable Strecke. Für gewöhnlich sitze ich in Gräben an, die perfekte Deckung bieten. Zugegeben, mit Lockgänsen, Gänseliegen und Lockinstrumenten sind die Chancen für größere Strecken deutlich höher. 150 Gänse im Jahr reichen mir aber.
 
 
DJZ: Fordern die Landwirte nicht mehr?
Sönnichsen: Die Bauern haben natürlich so ihre Probleme mit den Gänsen. Wenn es ihnen zu bunt wird, rufen sie mich an und fordern Unterstützung. Für gewöhnlich komme ich dann mit der Büchse. Es ist erstaunlich, welch große Vergrämungswirkung eine einzeln erlegte Gans haben kann. Gerade Graugänse sind sehr sensibel und reagieren darauf mit äußerster Vorsicht. Wenn man solche Aktionen an Schadflächen zwei- oder dreimal wiederholt, ist der Effekt enorm.
 
 
Das Interview führte Peter Diekmann
 


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