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Prominente Jäger: Sven Fischer

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Sven Fischer
 

DJZ 3/2013

Er ist einer der erfolgreichsten deutschen Biathleten. 2007 beendete Sven Fischer seine Profilaufbahn. Seit 2000 hat der 41-Jährige den Jagdschein. Mit viel Demut macht er seitdem Strecke.

Von Hans Jörg Nagel

 

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Sven Fischer liebt die Berge – ob am Ötscher bei der Gamsjagd oder als Biathlet (Foto: Sven Fischer)
Der sichere Schuss. Darum dreht sich bei Sven Fischer alles. Oder andersherum: Keine Experimente! Das sei bei der Jagd noch viel wichtiger, als auf dem Schießstand an der Loipe. „Wir Jäger töten mit Vorsatz. Das ist eine riesengroße Verantwortung. Ich war und bin mir dessen stets bewusst“, sagt der 4-fache Olympiasieger im Biathlon. Seine aktive Laufbahn beendete der heute 41-Jährige 2007. Seit 2008 tritt er als Biathlon-Experte im ZDF auf. Anfang des Jahres war er oft zu sehen. Der Thüringer kommentierte unter anderem die Weltcuprennen in Hochfilzen (Tirol), Oberhof (Thüringen) und Antholz (Südtirol). Da bleibt nicht viel Zeit für seine Leidenschaft: „Tatsächlich habe ich aus dienstlichen Gründen und weil ich umgezogen bin, fast ein Jahr die Büchse nicht geführt. Um so mehr freue ich mich auf die anstehende Jagdsaison“, so Sven Fischer. Der geborene Schmalkaldener (Thüringen) hat erst seit 2000 den Jagdschein. Dabei hat ihn das „Grüne Handwerk“ schon lange gereizt: „Ich bin am Rennsteig aufgewachsen. Landschaftlich ist diese Gegend einmalig.
 
Oft habe ich als Junge beim Biathlon-Training Wild beobachten können. Manchmal sogar Bestzeiten verpasst, weil ich für ein Rudel Rotwild eine Pause eingelegt habe.“ Doch erst sein späterer und heutiger Ex-Schwager Frank Luck  sorgte für die Initialzündung. „Ich lernte Frank in der Sportschule Oberhof kennen. Irgendwann machte er den Jagdschein und sah es offensichtlich als seine Aufgabe an, auch mich zum Jäger zu machen.“
 
 

Eselsbrücke und Bockjagd

 

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Vor allem die Rehjagd hat es Sven Fischer angetan. (Foto: Sven Fischer)
Und das mit Erfolg: Luck nahm Fischer ab 1994 regelmäßig mit zur Jagd. Es ging auf Böcke im Harderholzgrund (Seligenthal/Thüringen) oder auch auf Gams am Ötscher (Niederösterreich). „Ich habe schnell die Ernsthaftigkeit und Verantwortung bei der Jagd verinnerlicht. Habe nachhaltig registriert:
 
Hier wird kein Larifari veranstaltet – es geht um Leben.“ Und ein weiterer Umstand machte aus Sven Fischer einen begeisterten Jäger: „Die gemütliche Stimmung in den Jagdhütten, bei Kaminfeuer, Quellwasser, Kerzenlicht und urigen Jagdgeschichten hat mir das Gefühl absoluter Behaglichkeit vermittelt.“
 
2000 war es dann soweit. Trotz hoher zeitlicher Auslastung durch seine Profi-Karriere machte Fischer den Jagdschein. „Ich durchlief einen 5-wöchigen Kompaktkurs im Saarland.“ Ganz leicht fiel ihm die intensive Lernerei nicht. Unter anderem die Wildvögel machten ihm Probleme. „Aber ich baute mir Eselsbrücken. So lernte ich die Tauchenten mit dem Buchstabenkonstrukt KoTaMoRei-BergSchell.“ Kurz und gut: Im April hatte er seinen ersten Jahresjagdschein in der Hand.
 
Schon kurz darauf gings auf Bockjagd in Lech am Arlberg (Vorarlberg). Sein 1. Stück bleibt für Sven Fischer unvergesslich: „Ich saß am frühen Morgen an. Der kalte Morgennebel verzog sich langsam, und gleichzeitig schälten sich auf rund 150 Meter die Konturen eines Rehbockes heraus. Ich sprach ihn an und schoss. Das Stück quittierte den Schuss sichtlich, sprang aber ab.“ Am Anschuss Lungenschweiß.
 
Keine Experimente! Der Schütze ließ den Bock mit einem Hannoverschen Schweißhund nachsuchen. Es war keine schwierige Arbeit für Vierläufer und Jäger, denn nach rund 300 Metern stand Fischer vor seiner ersten Beute: ein braver 6er, 7 Jahre alt. Am erlegten Stück stellte der Biathlet fest: Die .222 hatte zwar die Kammer des Stücks durchschlagen, aber offensichtlich reichte die Energie nicht mehr aus, um das Stück auf den Platz zu bannen. Eine frühe Erfahrung, aus der Fischer umgehend die nötigen Konsequenzen zog: Entfernung und Kaliber müssen zur bejagten Wildart passen.
 
„Ich habe in meiner aktiven Sportlerzeit rund 150.000 Schuss auf Scheiben abgegeben. Der jagdliche Schuss ist etwas ganz anderes. Der Jäger ist verpflichtet, die maximale Tötungswirkung zu erzielen“, sagt Fischer mit einem Seitenblick auf die derzeitige Bleifrei-Diskussion. Und eine weitere Erkenntnis hat er von seinem ersten Jagderlebnis mitgenommen: Die Notwendigkeit eines brauchbaren Hundes.
 
 

Vergebens auf Emil, die heilige Gams

 

Fischer bejagt am liebsten Gams und Rehwild. Die Bergjagd sieht er – ganz Sportler – als körperliche Herausforderung. „Es ist die Kombination von Belastung und Konzentration – genau wie beim Biathlon“, zieht der Thüringer Parallelen zwischen seiner sportlichen Laufbahn und seiner Passion. Er berichtet mit einem vielsagenden Lächeln, dass er bereits „mehr als 4 Gemsen“ erlegt habe. Nur Emil, die heilige Gams, habe er nicht bekommen. Emil? So nennt der bekennende Christ einen guten Bock am Ötscher. X-mal sei auf ihn geschossen worden, zur Strecke kam er bis heute nicht. „Auch ich hatte die Chance. 50 Meter entfernt stand er vor mir. Scheibenbreit und bewegungslos. Ich halte mich für einen guten Schützen, war mir absolut sicher und ließ fliegen. Gamsbock Emil ging hochflüchtig und kerngesund ab. Warum auch ich gefehlt habe? Keine Ahnung!“
 

Drückjagd flop, Pirschen top

 

„Ich brauche bei der Jagd den Bezug zu Nahrung. Deshalb reizt mich die Erlegung von Raubwild eher weniger“, bekennt Fischer, der alles erlegte Wild eigenhändig küchenfertig macht und schwärmt: „Samstagabend mit der Familie bei Rehrücken und Thüringer Klößen. Was gibt es Schöneres?“
 
Ebenso hat der 41-Jährige ein gespaltenes Verhältnis zu Drückjagden: „Ich nehme an solchen Jagden nur teil, wenn ich ein Großteil der Jäger und Helfer kenne. Leider habe ich in der Vergangenheit hierbei mehrere brenzlige Situationen miterlebt. Auch ein Blick in zurückliegende Ausgaben der DJZ zeigt mir, wie gefährlich es manchmal auf Gesellschaftsjagden zugeht.“ Pirschen ist das Ding des Schmalkaldener, aber er bekennt auch: „So richtig viel Erfolg hatte ich hierbei nicht. Gerade im Berg auf Gams ist das verflixt schwer. Irgendein Stück im Rudel kriegt dich immer mit. Ein kurzer Pfiff, und die Bühne ist leer.“ Beim Ansitz hat er da deutlich mehr Strecke gemacht, am ehesten
in der Kombination von beidem: „Ich liebe es, etwas zu pirschen und dann an einem Baum oder Fels zu verharren. Mindestens eine Stunde bleibe ich bewegungslos. Das klappt sehr häufig.“
 
Auslandserfahrung hat der ehemalige Profisportler jagdlich eher weniger. 2003 ging es mal nach Namibia. Östlich von Swakopmund erlegte er Kudu, Oryx und Bergzebra. „Spannende Pirsch durch den Dornenbusch mit blutigen Ellenbogen“, resümiert der 1,85 Meter-Mann. Wieder in heimischen Gefilden: Auch seine Olympiasiege brachten Sven Fischer eine Jagdmöglichkeit. Das Thüringer Forstministerium schenkte ihm 2001 für seine Erfolge den Abschuss eines 2b-Hirsches. „Dem laufe ich bis heute hinterher“, so die knappe Zwischenbilanz.
 

Jagen und singen kann man nicht erzwingen

 

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Kurzhaar Astor ist immer bei der Jagd mit dabei und auch seine Tochter nimmt Sven Fischer gerne mit. (Foto: Hans Jörg Nagel)
Vor allem für die Nachsuche führt der 41-Jährige „Astor“. Der 5-jährige Deutsch Kurzhaar sei ein Familienhund, aber jagdlich hervorragend, so Fischer. Ebenfalls schwört der Waffenspezialist auf seine Blaser R93 im Kaliber .308 Win. „Ideale Ballistik trifft auf geringe Seitenwindanfälligkeit“, betont er. Zudem führt Fischer eine Suhler Bockbüchsflinte im Kaliber .22-250 Rem. mit einem 20/76er-Schrotlauf. Der ehemalige Spitzen-Biathlet weiß natürlich, wie der Jäger nach stundenlanger Pirsch im entscheidenden Moment den Puls runterkriegt. „Es beginnt damit, dass man beim Pirschen häufig pausieren sollte. Das erhöht nicht nur die Chance auf Anblick, es verringert auch das Risiko, sich zu überanstrengen.“
 
Ist plötzlich jagdbares Wild in Anblick, empfiehlt der Olympiasieger bewusstes Atmen: „Das sorgt dafür, dass man recht schnell wieder in den Normalmodus kommt.“ Allerdings ist nach seiner  Erfahrung eine „leichte Belastung“ sogar besser als absoluter Ruhepuls. Bei schnellerem rhythmischem Atmen sei der Sauerstoffaustausch günstiger und das Jagdfieber mit seinen negativen Folgen gedämpft. Aber auch hier hat Sven Fischer eine klare Regel: „Bekomme ich keine Ruhe ins Glas, bleibt der Finger gerade. Denn: Jagen und singen kann man nicht erzwingen!“
 


Steckbrief

 

Autogram
Sven Fischer wurde am 16. April 1971 in Schmalkalden (Thüringen) geboren. Auf dem naheliegenden Rennsteig durchpflügte er bereits als 10-Jähriger die Loipen, ehe er mit 13 Jahren an die Sportschule Oberhof ging. Dort lernte er unter anderem Frank Luck kennen, der 1991 Fischers Schwester heiratete. Bei den olympischen Winterspielen in Lillehammer holte der Schmalkaldener seine erst Bronzemedaille im Einzel und Gold in der Staffel. Platz 1 in der Mannschaft folgte auch 4 Jahre später in Nagano und 2006 in Turin. Dort gab es für Fischer auch die Goldmedaille im Sprint und Bronze in der Verfolgung. 2002 holte sich der Thüringer 2 Silbermedaillen in Salt Lake City (Sprint, Staffel). Hinzu kommen 20 Weltcup-Siege zwischen 1993 und 2007 (Karriereende). Seit 2008 arbeitet Fischer als ZDF-Biathlonexperte. Sven Fischer ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.
 


 

 
 
 


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