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Habicht, Hunde, graue Flitzer

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Zwischen Industriegebiet und Autobahn im Revier Mühlheim-Kärlich liegen große Obstplantagen. Hier wimmelt es von Kaninchen. Die Möglichkeit, mit dem Habicht zu jagen. Unterstützung bekommt der Vogel von drei Hunden.

Von Armin Liese

 

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Alles hat gepasst. Der Habicht mantelt auf dem Kaninchen. Die Falknerin übernimmt die Beute (Fotos Armin Liese)
Drei Hunde, zwei Menschen, ein Rothabicht, keine Waffe: Beizjagd auf Kaninchen. Die Jüngste ist der Star der Truppe. „Zita“ ist erst ein halbes Jahr alt. Auf der ersten Beute wurde sie auf diesen Namen getauft. Doch der ist ihr egal. Sie weiß mittlerweile, dass sie auf dem Falknerhandschuh Atzung findet, das Federspiel immer mit leckeren Taubenteilchen bestückt ist und ihr die Hunde nichts streitig machen. Trotzdem ist Zita sehr aufgeregt, was sich in häufigem Lahnen (Schreien) äußert.
 

Zusammenspiel

 

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Der Habicht wird mit Lederbändern (Geschüh) auf dem Handschuh gehalten.
Unterstützt wird der junge Rothabicht über der Erde von „Kim“, einer dreijährigen Kleinen Münsterländerhündin. „Fee“, die Irish-Setter-Dame darf auch mal auf größeren Brachen helfen. Eigentlich ist die Hühnerjagd mit zwei Falken ihr Spezialgebiet. Über und unter der Erde hat die kleine „Hexe“, ein Zwergteckel, ihren großen Auftritt. Stehen die Großen einen Bau vor, schlieft Hexe ein und schmeißt die Laputze raus. Auch für Reisighaufen ist sie besonders gut geeignet, da sie überall dort hin kommt, wo sich die Kaninchen sicher fühlen. Gejagt wird heute nachmittags. Momentan wird jeden zweiten Tag geflogen, denn das große Treffen des Deutschen Falkenordens steht kurz bevor. Bis dahin muss der Vogel noch Routine sammeln und vor allem ruhiger werden. Das geht nur durch Praxis.
 
Zwischen Industriegebiet und Autobahn liegt das Revier Mühlheim-Kärlich mit gutem Kaninchenbesatz. Der ist auch an dem angenagten Pross holz deutlich sichtbar. Viel kleines Dornengestrüpp liegt verstreut zwischen den Obstplantagen. Haufen mit Wurzelstöcken und dicken Ästen bieten zusätzliche Versteckmöglichkeiten. In fast allen Böschungen sind Baue, die meist frisch befahren sind.
 
Hier beizen Brigitte Rudolf und Volker Conrad schon seit vielen Jahren. Alles dreht sich um die Falknerei. Volker ist schon seit 20 und Brigitte seit 7 Jahren Falkner. 75 bis 80 Jagdtage verbringen sie gemeinsam mit dem Habicht bei der Jagd auf die grauen Flitzer. Dabei erbeuten sie mit ihrem Team, dass im Winter noch durch drei Frettchen erweitert wird, rund 100 bis 150 Stück Wild. Fast ausschließlich Kaninchen. Eine Ente oder ein Fasan ist auch mal dabei.
 
 

Jagdflug

 

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Falknerei ist Vertrauenssache. Vogel und Mensch müssen ein Team bilden.
In den Obstplantagen ist nicht viel Platz für den Greifvogel. „Der Habicht jagt am härtesten, der fliegt auch durch Gestrüpp durch“, erklärt Volker. Daher ist er für dieses Gelände am besten geeignet. Während die Hunde am Suchen sind, wartet Zita auf der Faust von Brigitte. Springt ein Kaninchen aus der Deckung, ist der Vogel schon in der Luft. Das geht so schnell, dass man es kaum mitbekommt. „Der Habicht hört die Kaninchen bereits beim Verlassen der Röhre“, erklärt Brigitte. „Meist startet er, bevor ich das Kaninchen selber sehe.“
 
Oft sind es nur wenige Meter bis zum nächsten Unterschlupf. Zita muss sich beeilen, bevor der Laputz den nächsten Bau erreicht. Der Vogel streicht dem Kaninchen hinterher und schlägt mit sicherem Griff zu. Sofort mantelt Zita auf der Beute. Obwohl die Hunde gebührend Abstand halten, traut sie den Vierläufern noch nicht ganz.
 
Damit der junge Vogel den Jagdflug und die Beute positiv verknüpft, lässt Brigitte Zita auch etwas an der Beute rupfen. Danach wird das Kaninchen gegen ein kleines Stück Taube auf dem Handschuh getauscht. Zweimal klappt es an diesem Nachmittag, bis der Regen das Gefieder durchnässt hat. Dadurch kann Zita nicht mehr fliegen. Höchste Zeit zum Auto zurückzukehren und alle abzutrocknen.
 

Weite Reisen

 

Nicht nur zuhause jagen die zwei Falkner mit ihren Vögeln. Jedes Jahr fahren sie tausende Kilometer. Für eine Kaninchenjagd reisen sie auf die Nordfriesischen Inseln, zwischen Weihnachten und Sylvester geht es zur Schnepfenjagd sogar bis nach Irland: natürlich mit dem Auto wegen des „Tiertransports“. Und überall treffen sie auf Gleichgesinnte.
 
„Leider sind die Rebhuhnbesätze in unserem Revier nicht mehr so hoch“, berichtet Volker Conrad. „Durch unsere Hegebemühungen können wir aber immer noch jedes Jahr ein paar Hühner im eigenen Revier mit den zwei Falken beizen. Die Krönung der Jagd für einen Falkner.“
 


Ein Leben für die Beizjagd

Brigitte Rudolf und Volker Conrad sind durch und durch Falkner. Mit der Waffe jagen sie nur noch selten. Frettchen, Hunde und Vögel sind ihre Jagdhelfer.

 

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DJZ: Woher haben sie den Habicht, und wie alt ist er?
Brigitte Rudolf:
Zita ist etwa ein halbes Jahr. Wir haben sie in Nordrhein-Westfalen ausgehorstet.
 
DJZ: Warum in Nordrhein-Westfalen?
Rudolf:
Wir sind dort Mitglieder des Landesverbandes. Man braucht eine Genehmigung der Obersten Jagdbehörde. Grundsätzlich steht aber das Aushorsten von Habichten den Falknern überall zu.
 
DJZ: Welche Voraussetzungen sind für die Falknerei notwendig?
Rudolf:
Jagdschein, Falknerschein und eine Voliere. Sie muss 3 auf 5 Meter groß und 3 Meter hoch sein. Ansonsten braucht man vor allem Jagdmöglichkeiten und viel Idealismus. Für Kaninchenjagd
noch Hunde und Frettchen.
 
DJZ: Heute waren keine Frettchen dabei. Wann kommen die zum Einsatz?
Rudolf:
So lange noch kleine Kaninchen da sind, ist die Gefahr zu groß, dass die Frettchen eines im Bau greifen und auffressen. Dann schlafen sie unter Tage, und wir müssen warten. Daher setzen wir sie erst ab Dezember ein.
 
DJZ: Wieviele Kaninchen haben sie in dieser Saison bereits mit Zita erbeutet?
Rudolf:
In zwei Monaten hat sie 42 Stück geschlagen. Wenn es so weitergeht, werden wir den Winter bestimmt noch auf 100 kommen.
 
DJZ: Wie reagieren Spaziergänger auf diese Jagdart?
Rudolf: Die meisten sind erst einmal neugierig und sprechen uns an. Wahrscheinlich dadurch, dass wir ohne Waffen jagen, hat die Bevölkerung großes Verständnis und Interesse. Probleme gab es bis jetzt noch nie. Eine Waffe über der Schulter wirkt immer bedrohlicher als ein Vogel auf der
Faust.
 
Das Interview führte Armin Liese
 
 


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